Der Konzernchef der Credit Suisse musste im ersten Amtsjahr viel Kritik einstecken. In einem umfassenden Interview sagt er, was ihn am meisten verletzt.

Tidjane Thiam sticht heraus aus der Masse der Konzernchefs, mit seiner Art, seinem eigenen Humor und – zumindest in der Schweiz — wegen seiner Hautfarbe.

Doch diese ist ihm offenbar egal. «Ich bin nun mal schwarz», sagte er am Dienstag im Interview mit «Bloomberg». «Ich bin auch Rechtshänder», so Thiam weiter. Wenn er am Morgen aufstehe, denke er nicht an solche Dinge. Und ironisch fügte er hinzu: «Ich verbringe nicht viel Zeit damit darüber nachzudenken, wie das Leben als Linkshänder gewesen wäre.»

Soll man mich doch «kreuzigen»

Der gebürtige Ivorer wurde vor gut einem Jahr als Nachfolger von Brady Dougan als Konzernchef der Credit Suisse (CS) mit Wohlwollen empfangen. Wenige Wochen danach prasselte aber ein Schwall an Kritik über den 54-Jährigen.

Der Absturz der CS-Aktie, die eher dünne Kapitalisierung der Schweizer Grossbank oder sein Führungs- und Kommunikationsstil wurden verschiedentlich kritisiert und stehen auch heute noch im Fokus. Und vereinzelt wurde auch über einen baldigen Abgang spekuliert.

Thiam dazu: Die Geschichte in den Medien sei folgende: «Schaut her! Eine böse Person kam und zerstörte diese grossartige Bank.» «Doch dies ist nicht eingetroffen». Die Aktie notiert heute zwar rund 50 Prozent tiefer als zu Beginn seiner Amtszeit.

Wenn man ihn dafür «kreuzigen» wolle, solle es so sein, so der CS-Chef. Und verwies im selben Atemzug darauf, dass sich der Aktienkurs der Bank in den letzten zehn Jahren um den Faktor fünf verringert hat.

Das ist «extrem unfair»

Auch wenn der vormalige Chef des britischen Versicherers Prudential viel Kritik einzustecken vermag, eine Bemerkung taxiert er als «extrem unfair», und zwar jene, er sei arrogant.

«Ich habe grossen Respekt für andere Menschen. Dies gehört untrennbar zu meiner Persönlichkeit», wehrt sich Thiam.

Diese humanistische Einstellung hätten ihm seine Eltern mit auf den Weg gegeben. Beide glaubten leidenschaftlich an die Gerechtigkeit und dies, obwohl sie höchst ungerecht behandelt worden seien. In der Elfenbeinküste sei sein Vater 1947 ins Gefängnis gesteckt worden, weil er das Trottoir nicht verlassen habe als ein Weisser ihm entgegen gekommen sei.

Ohne Selbstachtung und Würde ist man tot

Thiam ist in einer Grossfamilie aufgewachsen. Er ist der jüngste Spross von sieben Geschwistern, darunter vier Brüder. Es habe viel «Wettbewerb» geherrscht, so der CS-Chef. Und ab und an ging es auch mal rauer zu und her. Beim Raufen habe ihm sein Bruder einen doppelten Beinbruch zu gefügt, so Thiam. «Aber es war auch viel Liebe da.»

Seinen eigenen zwei Söhnen gibt Thiam als wichtigste Botschaft mit: «Das einzig wahre Kapital im Leben ist die Selbstachtung. Selbstachtung und Würde ist alles, was man hat. Werden sie einem weggenommen, bringt das einen um, so sicher wie eine Kugel.»

Ziel: Erwartungen übertreffen

Bei der CS sieht Thiam immer weiteres Verbesserungspotenzial. Dass die Bank im zweiten Quartal einen Gewinn erzielt hat, sieht er kaum als Etappenziel seiner Restrukturierungspläne an. Er werde nie hinstehen und den Sieg verkünden, so Thiam.

Was ihn zurzeit wohl am meisten stört, ist der langfristige Leistungsausweis der Grossbank. «In den letzten 25 Quartalen haben wir die Markerwartungen nur sechs Mal übertroffen. Unsere Konkurrenten hingegen können eine positive Statistik vorweisen», rechnet der CEO vor. Werde der Leistungsausweis besser, werde auch der Aktienkurs wieder steigen.

 

 

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