Auf die nach IFRS-Normen abrechnenden Banken kommen einschneidende Bestimmungen zu: Viele Institute sehen sich davon heillos überfordert. Was das für die UBS und die CS bedeutet.

Ein Unternehmensberater hat das Bonmot geprägt, dass IFRS 9 fast so schwierig umzusetzen wie auszusprechen sei. Doch Bankern weltweit ist nicht ums Lachen zumute, was die neueste Erweiterung zur IFRS-Rechnungslegung betrifft.

Im Gegenteil: 18 Monate vor dem Stichtag zur Umsetzung geht in der Branche die Panik um. Selbst grosse Geldhäuser zeigen sich mit dem neuen Regelwerk, das insbesondere auf die Kreditrisiken der Institute abzielt, heillos überfordert.

Banken tappen im Dunkeln

Gemäss einer Umfrage des «Big-Four»-Beratungsunternehmens Deloitte, die von der britischen Zeitung «Financial Times» (Artikel bezahlpflichtig) aufgenommen wurde, tappt knapp die Hälfte von 91 Grossbanken weltweit bezüglich der Regeln noch im Dunkeln.

Ihnen ist nicht nur unklar, wie die neuen Regeln ihre Bilanzen treffen. Sie wissen auch nicht, wo sie die nötigen Fachleute herkriegen sollen, um die Norm intern umzusetzen. Und die Uhr tickt.

Dass die Anwendung von IFRS 9 kein Kinderspiel wird, daran lässt eine weitere Deloitte-Studie, die finews.ch vorliegt, keinen Zweifel. «Die Zeit läuft den Banken davon», mahnen die Experten der Beratungsfirma.

Tiefgreifendste Veränderung in der Geschichte

Denn schon 2018 haben die Institute die neuen Bestimmungen in der Finanzberichterstattung anzuwenden. Um dazu bereit zu sein, müssen die Banken Grossprojekte starten, welche die nötigen Arbeiten in der IT, im Risikomanagement und in den Finanzen miteinander koordinieren.

«Für viele Banken», so Deloitte weiter, «wird das die tiefgreifendste Rechnungslegung-Änderung in der Geschichte». IFRS 9 sei sogar noch bedeutender als die Umstellung auf die IFRS-Rechnungslegung an sich.

Dabei will die Bilanzierungs-Neuerung im Grunde genommen nur Gutes bewirken. Die Risiken innerhalb der Banken sollen verringert werden, indem die Norm diese zwingt, zukünftige Kreditrisiken in der Bilanz ausreichend abzusichern. Damit sind die Institute auch angehalten, ihre Gewinne vorsichtiger zu berechnen.

Angesichts der bösen Überraschungen in der Finanzkrise und des Zustands europäischer Banken scheint dies eine vernünftige Forderung zu sein.

Denkbar schlechter Zeitpunkt

Doch weil die europäische Bankenwelt derzeit wankt, kommt gerade für sie IFRS 9 zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt.

So warnen die wenigen Häuser, die sich schon vertieft mit der Norm auseinandergesetzt haben, dass sie ihre Rückstellungen für Wertverluste über alle Anlageklassen um einen Viertel erhöhen müssen.

Noch ungünstiger: Auch die Eigenkapital-Quote wird von IFRS 9 geschmälert. Sie könnte wegen des neuen Standards um ein halbes Prozent fallen. Das ist ein halbes Prozent zuviel für alle jene Banken, die sich abmühen, die ab 2019 geltenden neuen Kapitalisierungs-Vorschriften zu erfüllen.

UBS betroffen

Mit dieser Vorgabe sehen sich auch die Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse (CS) konfrontiert. Ihnen fehlen nach den Berechnungen der Schweizerischen Nationalbank insgesamt noch rund 10 Milliarden Franken, um den verschärften «Too-big-to-fail»-Regeln zu entsprechen.

Auf Anfrage von finews.ch hiess es bei der UBS, dass die Grossbank von IFRS 9 ebenfalls betroffen sei. Das Institut wird demnach die neuen Regeln bis 2018 auf Konzernstufe erfüllen. Im Umfeld der Grossbank war dazu zu vernehmen, dass dies zeitgemäss möglich sei.

CS mit Vorsprung zur UBS

Fein raus ist die CS – und zwar, weil sie nicht nach IFRS, sondern nach der Norm US GAAP bilanziert. Damit sind für sie die neuen Bestimmungen kein Thema, genauso wenig wie für die meisten amerikanische Grossbanken, die wie die CS abrechnen. Ein Vorteil mehr für die US-Häuser, die derzeit vor Kraft nur so strotzen.

Und für einmal hat die CS nun einen Vorsprung auf ihre Schweizer Erzrivalin UBS – und damit als eine der ganz wenigen Banken wohl heimliche Freude an IFRS 9.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.61%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.43%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.4%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.27%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.29%
pixel