Ein bedeutender US-Aktionär hat seine Beteiligung an der Credit Suisse unlängst erhöht. Nimmt er nun auch Einfluss auf die Strategie der Schweizer Grossbank?

Der in Chicago ansässige Fondsmanager David Herro ist ein langjähriger und scharfer Beobachter der Schweizer Grossbanken. Darum sind ihm auch die diversen Krisen bestens vertraut, welche die UBS und die Credit Suisse in den vergangenen Jahren durchgemacht haben.

In seiner beruflichen Funktion verantwortet der Amerikaner für seinen Arbeitgeber Harris Associates rund 30 Milliarden Dollar an Kundengeldern, die er vor einigen Jahren teilweise auch in die UBS investiert hatte.

Diskret erhöht

Inzwischen liegt der Fokus woanders. Harris Associates, eine Tochtergesellschaft des Natixis-Konzerns, ist inzwischen bei der Credit Suisse (CS) engagiert und hat ihre Beteiligung in den vergangenen Monaten diskret auf mehr als 10 Prozent erhöht. Damit sind die Amerikaner hinter dem katarischen Staatsfonds zum zweitgrössten Aktionär der CS aufgerückt.

Das «Harris-Paket» ist ungefähr so gross wie die Beteiligung der Olayans, einer sehr vermögenden Familie aus Saudi Arabien, die seit Jahrzehnten Aktionärin der CS ist und auch in anderen Finanzvehikeln der Bank engagiert ist.

Während das Engagement von Harris eine klassische Aktienbeteiligung ist, kontrollieren die katarischen Investoren die CS über zwei anleiheähnliche Finanzvehikel, die stolze Coupons von 9 respektive 9,5 Prozent Jahr für Jahr abwerfen.

Einträgliche Coupons

Die katarische Staatsholding ist mit dem 33-jährigen Jassim Bin Hamad J.J. Al Thani im Verwaltungsrat der Credit Suisse vertreten. Von aussen lässt sich kaum beurteilen, wie die Sitzungen im Aufsichtsrat der CS ablaufen, und die Bank selber ist selbstverständlich höchst verschwiegen, was allfällige kontroverse Diskussionen in diesem Gremium anbelangt.

Tatsache ist aber, dass die Kataris mindestens bis ins Jahr 2015 die langjährige Investmentbanking-Strategie der CS unter dem damaligen CEO Brady Dougan unterstützt haben, und zwar zu einem Zeitpunkt, als andere europäische Grossbanken – darunter die UBS – schon längst dazu übergegangen waren, riskante und unrentable Geschäftsbereiche in dieser Domäne abzubauen oder zu verkaufen.

Angesichts dieses Branchentrends folgerten nicht wenige Beobachter, dass die Kataris eher an ihren stattlichen Coupons interessiert waren als an der langfristigen Strategie der CS.

Regelmässige Zigarettenpausen

CS-Verwaltungsrat Al Thani hat zwar seine berufliche Karriere in der Finanzwelt absolviert und dabei vor allem Erfahrungen in der Private-Equity-Szene gesammelt, doch im Rahmen seiner Tätigkeit als Verwaltungsrat machte er sich dem Vernehmen nach kaum je als einflussreiche oder meinungsstarke Lichtgestalt bemerkbar – sondern offenbar eher damit, dass er durch seine regelmässigen Zigaretten-Pausen von sich Reden machte.

Gut möglich, dass dies nun alles anders wird, falls der Grossaktionär Harris Associates unter seinem Grossbanken-Spezialisten David Herro mehr Einfluss nimmt. Es wäre nicht das erste Mal bei einem Schweizer Finanzinstitut.

Ein Blick in die Vergangenheit

Harris Associates begann im Jahr 2007 eine substanzielle Beteiligung an der UBS aufzubauen und unterstützte in der Folge die Bestrebungen einer anderen Investmentgesellschaft namens Olivant. Dahinter steckte unter anderem der frühere UBS-CEO Luqman Arnold, der unter anderem die Abspaltung der Investmentbank von der UBS forderte.

Zwar konnte sich Olivant mit dieser Forderung nie durchsetzen, doch in der Folge kam es immerhin zu einer Neubestellung der meisten UBS-Verwaltungsräte, und der damalige Präsident, Peter Kurer, gab seinen Posten an den früheren Bundesrat Kaspar Villiger ab.

Fatal verrechnet

Dass sich Olivant nie richtig durchsetzen konnte, hängt damit zusammen, dass das Unternehmen seine UBS-Aktien an die später kollabierte US-Investmentbank Lehman Brothers verpfändet hatte und so einen fatalen Verlust erlitt.

Die UBS spaltete sich zwar nie auf, schlug aber später, 2012, unter CEO Sergio Ermotti und Präsident Axel Weber eine Strategie ein, die sich klar vom früheren Investmentbanking abhob, und viel stärker das Vermögensverwaltungs-Geschäft (Wealth Management) gewichtete.

Ratschlag an Tidjane Thiam

Die Firma Harris Associates, die auch mit gut 1,5 Milliarden Dollar am Schweizer Rohstoff-Konzern Glencore beteiligt ist, habe nicht die Absicht, Einsitz im Verwaltungsrat der CS zunehmen, erklärte David Herro auf Anfrage von finews.ch. Und die Bank selber wollte keine Stellung dazu nehmen.

Dennoch könnte es nicht unwesentlich sein, dass mit Harris Associates nun ein wichtiger Miteigentümer existiert, der sich aktiv für die Interessen der vielen CS-Aktionäre einsetzt. So blieb Herro im Namen seines Arbeitgebers nicht stumm, als CS-CEO Tidjane Thiam in den vergangenen Monaten sowohl in den Medien als auch durch seine eigenen Investmentbanker zusehends unter Druck geriet.

Mehr Empathie bitte

Herro entpuppte sich dabei als geschickter Mediator zwischen den Fronten; einerseits unterstützte er in klaren Worten die neue Strategie der Bank, und andererseits hielt der CEO Thiam in der «New York Times» dazu an, etwas mehr Empathie zu entwickeln.

David Herro ist nicht irgendein Fundmanager; im Gegenteil: Im Jahr 2010 kürte ihn der Finanzdaten-Spezialist Morningstar zum internationalen Aktienfonds-Manager der Dekade; eine Auszeichnung, die jener Person verliehen wird, die über einen Zeitraum von zehn Jahren risiko-adjustiert den besten Leistungsausweis erzielt und sich auch am besten für die Interessen der jeweiligen Aktionäre stark macht.

Unentschlossene Grossaktionäre

Doch was bedeutet letztlich das erhöhte Engagement von Harris Associates an der Credit Suisse für andere Anleger? Mindestens haben sie so die Gewähr, dass sich nun ein aktiver Aktionär zu Wort meldet und für die Interessen der Eigentümer einsteht, und zwar wesentlich dezidierter als es in der Vergangenheit der katarische Staatsfonds sowie die Olayan-Familie getan haben. Denn viel zu lange konnten sich diese Aktionäre nicht dazu entschliessen, der zuletzt glücklosen Strategie der Dougan-Ära ein Ende zu setzen.

Dass die Credit Suisse, zusammen mit der Deutschen Bank, heute zu jenen europäischen Finanzinstituten gehört, die am schlechtesten aufgestellt sind, ist vor allen Dingen auf die Versäumnisse des CS-Verwaltungsrats zurückzuführen. Es ist schwer vorstellbar, dass die Firma Harris Associates mit ihrem Bank-Spezialisten Herro diese Passivität weiter duldet.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.34%
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  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.34%
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    9.65%
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