Der abtretende Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, Patrick Odier, verrät im Interview mit finews.ch, was er mit «seiner» Bank jetzt vor hat. 


Herr Odier, die altehrwürdige Privatbank Lombard Odier mutiert offenkundig immer mehr zu einem Fintech-Unternehmen für Drittkunden. Ist das Ihre Ambition?

Nein. Lombard Odier wandelt sich nicht zu einem Fintech-Unternehmen. Vielmehr haben wir das Geschäftsmodell der Bank auf mehrere Ertragspfeiler verteilt, was sich in schwierigen Zeiten auszahlt, wie sich nun wieder zeigt. Unsere Technologie- und Bankdienstleistungen für Drittkunden sind einer dieser Pfeiler. Dass dieser Bereich erfolgreich ist, bestätigt unsere Strategie.

Mit unserer Technologieplattform partizipieren wir auch aktiv an der Konsolidierung in der Bankbranche, indem andere Institute unsere Dienstleistungen in Anspruch nehmen. Wir haben eine entsprechend grosse Pipeline an bedeutenden Kunden. Derzeit sind wir unter anderem an der technologischen Integration der luxemburgischen KBL-Gruppe.

Das Kosten-/Ertragsverhältnis ist im ersten Semester 2016 von 80 Prozent auf 83 Prozent gestiegen. Sie begründen diese Zunahme mit verstärkten Investitionen. Können Sie das etwas konkretisieren?

In unserem Technologiebereich haben wir allein in diesem Jahr rund 100 neue Stellen geschaffen, mehrheitlich in Genf, aber auch im Ausland. Wir rekrutieren auch laufend Kundenberater, sowohl im Inland als auch an den internationalen Standorten, wo wir präsent sind.

«Lombard Odier bietet in Asien sozusagen den Rainy Weather Fund»

Ausserdem investieren wir in bessere Anlagelösungen und Beratungsdienstleistungen. Auf Grund der verhaltenen Ertragsentwicklung resultiert bei gleichbleibendem Aufwand zwangsläufig ein höheres Kosten-/Ertrags-Verhältnis. Aber wir halten an unserer Investitions-Strategie fest.

Ein wichtiges Standbein von Lombard Odier ist der asiatische Markt, wo die Bank in Hongkong, Singapur und Tokio vertreten ist. Anfang Jahr stürzten die Börsen in China ein. Wie ist es Ihnen seither in Asien ergangen?

Wir sind zufrieden, selbst wenn sich die Entwicklung tatsächlich verlangsamt hat. Aber das beeinträchtigt unsere Zielvorgaben nicht, da wir in Asien stets eine eher defensive Strategie verfolgt haben. Wir haben nie Single-Stock-Lending betrieben, Lombard-Kredite forciert oder auf möglichst hohe Transaktionserträge gesetzt.

Sondern?

Wir favorisieren diskretionäre Vermögensverwaltungs-Mandate und haben diesbezüglich einen überdurchschnittlich hohen Anteil an solchen Kunden. Wir sind in Asien sozusagen der «Rainy Weather Fund», der gerade unter schwierigen Marktbedingungen eine sehr gute Performance erzielt – besser als viele Konkurrenten.

Wie sehen Ihre Pläne in Asien aus?

Seit einigen Jahren gehen wir mit lokalen asiatischen Banken Partnerschaften ein, etwa in Thailand, Südkorea, Japan, China und jüngst auch auf den Philippinen.

«Lokale Finanzhäuser wollen nicht unbedingt mit globalen Grossbanken kooperieren»

Der in diesen Ländern stark wachsenden Mittel- und Oberschicht können wir im Verbund mit unseren Partnern erstklassige Finanzprodukte anbieten, die lokale Institute nicht haben.

Warum funktioniert das?

Lokale Finanzhäuser wollen nicht unbedingt mit globalen Grossbanken kooperieren, sondern mit Instituten auf Augenhöhe, als gleichberechtigte Partner. Insofern haben wir eine ideale Grösse. Darüber hinaus verfügen wir über modernste Technologie und eine Jahrhundert alte Erfahrung im Private Banking. Unser Ziel ist klar: Wir wollen weitere solche Partnerschaften eingehen.

Zurück zur Schweiz: Unter welchen Voraussetzungen wird Lombard Odier seinen Kunden die Negativzinsen überwälzen?

Wir haben bereits vor einem Jahr erklärt, dass wir als klassische Privatbank nicht die gesamten Kundengelder in unserer Bilanz halten können.

«Bei uns gibt es keine feste Zahl an Partnern»

Daher müssen wir im Prinzip die Negativzinsen auf die Kundschaft übertragen. Aber gleichzeitig haben wir auch entsprechende Anlagelösungen entwickelt, so dass unsere Kunden – bei gleichbleibendem Risiko – die Negativzinsen vermeiden können. Und bei Vermögensverwaltungs-Mandaten erheben wir grundsätzlich keine Negativzinsen.

Sie sind jetzt zu sechst als Partner bei Lombard Odier. Suchen Sie weitere Teilhaber?

Bei uns gibt es keine feste Zahl an Partnern; wir kennen diesbezüglich auch keinerlei Vorgaben. Momentan sind wir in dieser Zusammensetzung zufrieden, entsprechend steht eine Partnersuche derzeit nicht auf unserer Pendenzenliste.

Sie geben Mitte September das Amt des Präsidenten der Schweizerischen Bankiervereinigung ab. Werden Sie danach wieder mehr Zeit in die Bank investieren, oder planen Sie nun Ihren Rückzug?

Nein, ich habe keineswegs die Absicht, mich zurückzuziehen. Im Gegenteil, ich möchte die weiteren Entwicklungsschritte der Bank aktiv mitgestalten.

Ich habe die vergangenen sieben Jahre als Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung so viel für den Schweizer Finanzplatz getan, dass es jetzt durchaus an der Zeit sein mag, etwas egoistisch zu sein und mich wieder vermehrt um «meine» Bank und unsere Kunden zu kümmern.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.8%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.31%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.46%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.65%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.78%
pixel