Die Schweizer Grossbank steigt in Europa ins Geschäft mit Affluent-Kunden ein. Dass sie dabei auf den digitalen Weg setzt, weist in die Zukunft. Oder handelt es sich doch eher um eine Verlegenheitslösung?

Für Jürg Zeltner ist klar: die Banken werden in Zukunft «kleinere Brötchen backen», wie der mächtige Chef der UBS-Vermögensverwaltungs-Division kürzlich gegenüber der Schweizer «Sonntagszeitung» zur Protokoll gab. Tiefe Zinsen und lethargische Kunden schmälern die Erträge, berichtete er. Und auch die grösste Schweizer Bank komme nicht umhin, Hunderte Stellen abzubauen.

Soweit, so gedrückt die Aussichten bei der Bank, die zum führenden Vermögensverwalter der Welt aufsteigen will.

Doch noch ist Zeltners Division die Aufbruchstimmung nicht ganz abhanden gekommen. Wie auch finews.ch letzten Montag berichtete, lanciert die UBS in Grossbritannien mit Smart Wealth eine digitale Vermögensberatung, die schon Vermögen von 15'000 zur Verwaltung entgegennimmt.

Blick über den Tellerrand

Bereits letzte Woche kündete UBS Deutschland die Online-Vermögensberatung UBS Manage [Access] an, die Kunden ab einem Vermögen von 100'000 Euro bedienen will.

Wie es auf Nachfrage von finews.ch hiess, handelt es sich dabei um verschiedene Angebote. Es überwiegen jedoch die Gemeinsamkeiten, vor allem die eine: Auch ausserhalb der Schweiz bietet die UBS nun ihren Service für vermögende «Affluent»-Kunden an, nachdem sie sich bisher vorab auf die superreiche Kundschaft konzentrierte.

Oder anders gesagt: Die UBS bäckt nicht nur kleinere Brötchen, sie hat aufs Mal auch Appetit darauf.

Die 3'000-Milliarden-Franken-Chance

Wie es im Umfeld der Bank hiess, wird nämlich den Affluent-Kunden weltweit riesiges Potenzial zugemessen. In Deutschland gibt es 1,6 Millionen Haushalte, welche die UBS im Visier hat, wie finews.ch schon früher berichtete. In Grossbritannien sind es nach Berechnungen der Bank 1,5 und in Italien 1,2 Millionen Haushalte – zusammen stehen sie für rund 3'000 Milliarden Franken an Assets.

Punkten will die UBS bei der Affluent-Kundschaft, weil diese in ihren Augen als «underserviced» gilt, was das Private Banking anbelangt. Dies, weil es die führenden Häuser bisher als schlicht zu teuer erachteten, diesen Kunden ihre umfangreiche Vermögensverwaltungs-Palette anzubieten.

Die Retailbanken wiederum bedienen jene Klientel schon lange. Sie verfügen aber selten über grosse Private-Banking-Ressourcen, so die interne Rechnung bei der UBS.

Von der Zukunft in die Gegenwart

Dank der Digitalisierung hofft die Grossbank nun, in diese Service-Lücke zu stossen: indem sie die Kunden Online erreicht und ihnen standardisierte Produkte anbietet, kann sie sich die aufwändige Präsenz und Bearbeitung weitgehend ersparen. Ideal also, um in neue Märkt vorzudringen.

Nicht von ungefähr lief der Ansatz bankintern zuweilen unter dem Etikett «Attacker-Modell».

Das weist in die Zukunft. Wenig kostenintensive, standardisierte Produkte für die vermögenden Massen – und massgeschneiderte Beratung für die exklusiven «Ultra High Net Worth Individuals». Die UBS verfügt nun zumindest über das Werkzeug, diese Zukunft Gegenwart werden zu lassen.

Neue Märkte testen

Wenn es ihr denn gelingt. Denn der Vorstoss ins weltweite Affluent-Geschäft könnte durchaus als Verlegenheitslösung gewertet werden. Schon 2015 flachte das Wachstum im UBS Wealth Management ab; aufgrund des widrigen Umfelds machte die UBS im Geschäft mit der schwerreichen Kundschaft in den letzten Monaten dann erst recht keine grossen Sprünge mehr, wie das Ergebnis im vergangenen Semester zeigte.

«Der Bank fällt wenig ein, ausser Kosten einzusparen», schrieb finews.ch letzten Juli.

Da scheint es naheliegend, neue Märkte zu testen, um der teuren Wealth-Managment-Maschinerie neues Volumen zuzuführen. Das erfüllen die digitalen Affluent-Angebote, die laut der UBS bereits vor zwei Jahren angestossen wurden, vorbildlich: Sie basieren jeweils auf der gleichen «Cornerstone»-Plattform, mit der schon die Portefeuilles der reichen Kundschaft täglich überwacht werden.

Es zählen die alten Werte

Weniger klar ist, wie die UBS mit dem neuen Ansatz weltweit Affluent-Kunden gewinnt – und behält. In Grossbritannien tut sie das, indem sie eine jüngere, Internet-affine Kundschaft anspricht. In Deutschland lockt sie darüber hinaus mit Gebühren-Rabatten.

Doch letztlich zählen in der Vermögensverwaltung althergebrachte Werte. Ein langfristiges Bekenntnis zum Markt und den Kunden etwa, und vor allem: Performance. Beides muss die UBS liefern, wenn sie sich länger von kleineren Brötchen ernähren will.

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