Für viele Banken wandelt sich der einst hochgelobte Wachstumsmarkt Asien zu einer schweren Hypothek. Eine riesige Konsolidierungswelle ist die Folge. Jetzt soll ABN Amro zum Verkauf stehen.

Nicht lange ist es her, da streckten unzählige europäische Privatbanken ihre Fühler nach Asien aus. Kaum ein Institut scheute Kosten, um eine Präsenz in Singapur oder Hongkong aufzubauen.

Wer Pech hatte, geriet in die Finanzkrise, wem mehr Glück beschieden war, konnte ein paar Jahre lang Aufbauarbeit leisten. Doch Geld haben nur die wenigsten – eher grösseren – Akteure verdient.

Klare Konsequenzen

Seit die Weltwirtschaft schwächelt, geopolitische Risiken zunehmen, Europa nicht aus der Schuldenkrise herausfindet, und die Anleger in einer unvorstellbaren Lethargie verharren, ist es für alle Geldinstitute schwierig geworden. Kommt hinzu, dass die verschärften Finanzgesetze und Bestimmungen enorme Kosten verschlingen, gleichzeitig schrumpfen die Margen – nicht zuletzt auf Grund der fortschreitenden Digitalisierung.

«Ausserdem sind asiatische Kunden sehr kostensensitiv», sagt Evrard Bordier, Partner der gleichnamigen Genfer Privatbank, die seit 2011 eine offenbar erfolgreiche Präsenz in Singapur aufgebaut hat.

Eine Frage der Marke

Neuerdings ziehen aber nicht wenige Banken ihre Kapazitäten aus Asien wieder ab oder lassen sich von einem Konkurrenten übernehmen. Nachdem bereits Barclays, Coutts, BIL oder die Société Générale abgewickelt oder übernommen wurden, steht nun offenbar auch das Asien-Geschäft der holländischen Bank ABN Amro zum Verkauf, wie finews.asia bereits vor Wochenfrist meldete.

Dabei geht es um knapp 20 Milliarden Dollar an verwalteten Kundenvermögen, wie den entsprechenden Branchenerhebungen zu entnehmen ist, und offenbar ist das in Asien zu wenig, um zu überleben – vor allem wenn noch die Marke nicht sonderlich bekannt ist.

In eine neue Rolle gerutscht

ABN Amro ernannte zwar unlängst Anuj Khanna zum neuen Chef für das Private Banking in Südostasien, was eine neue Dynamik hätte auslösen sollen; doch nun scheint er in die Rolle gerutscht sein, einen Käufer für «sein» Geschäft zu finden.

Den Schweizer Banken in Asien geht es vergleichsweise gut und zwar aus drei Gründen. Erstens sind die grossen Institute seit Jahrzehnten in der Region vertreten, zweitens besitzen sie erwiesenermassen eine grosse Private-Banking-Expertise, und drittens geniessen sie – von einigen Ausnahmen abgesehen – einen makellosen Ruf.

Im Windschatten von UBS, Credit Suisse und Julius Bär konnten so auch andere Schweizer Banken ihr Geschäft in Asien etablieren.

Zu kleine Fische

Dem ganzen Konsolidierungskarussell blieben die Schweizer Banken bislang eher fern, obschon allesamt die Dossiers der zum Verkauf stehenden Institute erhielten, wie ein Banker in Singapur gegenüber finews.ch berichtet. Einzig die Genfer Union Bancaire Privée (UBP) nutzte die Gunst der Stunde und übernahm 2015 die zum Verkauf stehende britische Coutts, die ein grosses Asien-Geschäft besass.

Als potenzielle Käufer fallen in der Branche regelmässig die Namen Credit Suisse (CS) und Julius Bär. Für erstere dürfte ABN Amro allerdings ein zu kleiner Fisch sein, zumal die CS über die Anstellung von Kundenberatern in den vergangenen zwölf Monaten auf eine andere Art und Weise stark gewachsen ist, und ohne dabei absorbierende Integrationskosten tragen zu müssen, die eine Übernahme mit sich bringt.

Rasche Integration möglich, aber...

Im Gegensatz dazu liebäugelt Julius-Bär-Chef Boris Collardi immer wieder mit Übernahmen. Mit Ian Pollock, der derzeit als Regionalchef im Private Banking von ABN Amro in Nordasien (Hongkong) amtet, sitzt bei den Holländern jemand an einer Schaltstelle, der auch Julius Bär kennt, arbeitete er doch in vergleichbarer Funktion von 2009 bis 2011 bei den «Bären». Ihm traut die Branche durchaus zu, ABN Amro rasch in die Zürcher Privatbank integrieren zu können.

Doch letztlich bringen solche, relativ kleinen Deals den Schweizer Banken in Asien herzlich wenig. Sie sind bereits zu gut eingeführt und bisweilen auch höchst erfolgreich, wie es das Beispiel der LGT zeigt. Aktuell verwaltet das liechtensteinische Institut knapp 25 Milliarden Franken an Kundengeldern und ist profitabel. Eine Akquisition wäre sicherlich teuer und mit einem hohen Integrationsrisiko verbunden.

Wer nicht organisch wachsen kann

Daraus lässt sich folgern: Private-Banking-Akquisitionen in Asien sind vor allem etwas für Banken, die nicht organisch wachsen können. Diese Institute sind bereit, sehr viel zu bezahlen und treiben so die Preise nach oben.

Vor allem die lokalen Häuser, die seit einigen Jahren das Private Banking zu einer ihrer Kernkompetenzen erkoren haben, mischen in diesem Bieterwettbewerb eifrig mit, wie es das Beispiel der grössten Singapurer Bank DBS gezeigt hat, die das Asien-Geschäft der Société Générale übernahm – möglicherweise überteuert, wie in der Branche zu hören ist. In die selbe Richtung geht auch die Übernahme von Barclays Asia durch die OCBC-Tochter Bank of Singapore.

Im Zuge der weiteren Konsolidierung in Asien dürften die Schweizer Banken wohl eher an der Seitenlinie verharren; selbst die sonst recht übernahmefreudige UBP wird sich in Zurückhaltung üben, muss sie doch vorerst die Integration von Coutts verdauen, wie UBP-Chef Guy de Picciotto auch gegenüber finews.ch verschiedentlich erklärte.

Greift Schroders zu?

Als ernsthafter Kandidat für eine Übernahme in Asien gilt Cazenove Capital Management. Dabei handelt es sich um den Vermögensverwaltungsarm des britischen Schroders-Konzerns. Das Unternehmen erwarb kürzlich das Private-Banking-Geschäft von Grossbritanniens ältester Bank C. Hoare & Co in London und möchte weiter zulegen.

In Asien hat im vergangenen Sommer der frühere Credit-Suisse-Banker Simon Lints die Leitung von Cazenove übernommen; offenbar soll er die volle Unterstützung von Cazenove-CEO Andrew Ross für den weiteren Ausbau des Geschäfts geniessen.


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