Jon Ingram, Fondsmanager bei J.P. Morgan Asset Management, lässt sich von negativen Schlagzeilen nicht beirren. Gegenüber finews.ch verrät er, warum der Brexit und Bankwerte trotz allem Chancen bieten.


Herr Ingram, Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam liess sich kürzlich zur Äusserung hinreissen, er würde derzeit nicht in die Aktien europäischer Banken investieren. Und Sie?

Ich nehme an, Herr Thiam hat sich in einem bestimmten Kontext zu europäischen Bankwerten geäussert. Wir jedenfalls investieren in europäische Banken, und sind sogar sehr glücklich dabei.

Geht es der Branche besser als gedacht?

Die Börsianer mögen Schlagzeilen, die sie auf einen ganzen Sektor anwenden können. Wir Fondsmanager wissen hingegen: Wenn eine ganze Branche geschmäht wir, bieten sich interessante Einstiegschancen in einzelne Werte.

Welche europäischen Banken mögen Sie denn?

Wir investieren dort, wo wir die günstigsten Bewertungen sehen. Wir halten viel von französischen Banken wie BNP Paribas, deren Aktienkurs zusammen mit den Rest der Branche unter Druck geriet. Diese Häuser sind jedoch solide kapitalisiert, und dem trägt die Börse keine Rechnung. Das ist eine Chance für uns und unsere Kunden.

«In Europa wird es immer Unsicherheiten geben»

Schweizer Bankwerte halten Sie keine?

Nein, wir sehen bessere Chancen ausserhalb der Schweiz und ausserhalb des Banking. Das will aber nicht heissen, dass wir nie welche hielten oder künftig halten werden.

Wo sehen Sie die besten Chancen?

Etwa in zyklischen Industriewerten. Wir sind der Meinung, dass sich Europas Wirtschaft erholt, und dass dies – wie bei den Banken – in den Schlagzeilen untergeht. Die Medien fokussieren nämlich nur auf die Unsicherheiten, etwa rund um den Brexit, oder die Wahlen in Frankreich und Deutschland im nächsten Jahr. Dabei ist es wichtig einzusehen, dass es in Europa mittelfristig immer Unsicherheiten geben wird.

Das ist nicht sehr beruhigend, oder?

Wir sollten uns nicht zu sehr auf die Politik konzentrieren, sondern auch auf die Ertragskraft der Unternehmen. Und die Erträge entwickeln sich gut – nicht einmal der Brexit hatte bisher grosse Auswirkungen auf die Profitabilität britischer Firmen. Im Gegenteil: Die britische Börse hat sich seit dem Referendum blendend entwickelt.

«Wir müssen besser werden – oder billiger»

Aber Sie sehen Licht am Ende des Tunnels?

Statt sich auf dieses Licht zu konzentrieren, würde ich empfehlen, Verluste zu vermeiden.

Das ist Ihr Job als aktiver Fondsmanager. Doch das Metier ist unter Druck geraten.

Die Industrie ist gar nicht so schlecht dran. Wir müssen nur begreifen, dass jede Branche sich weiterentwickeln muss. Auch wir sind mit Disruptoren konfrontiert. Wir müssen besser werden – oder billiger.


Jon Ingram ist Managing Director bei J.P. Morgan Asset Management und leitet das Dynamic Team innerhalb der Abteilung für Investments in europäische Aktienwerte. Ingram ist seit der Jahrtausendwende für die amerikanische Grossbank tätig. Von seiner Expertise her ist er ein Quereinsteiger im Anlagegeschäft: Ingram hält ein Ingenieursdiplom und bildete sich im englischen Oxford zum Metallurgen aus.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.16%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.76%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.93%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.46%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.69%
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