Es ist das Gesetz der Konsolidierung: Steht in Asien eine Privatbank zum Verkauf, gilt Julius Bär als Kaufinteressentin. CEO Boris Collardi fühlt sich derweil wie auf einer Safari.

Ob Coutts, BSI, Barclay oder nun auch ABN Amro: Steht ein asiatisches Wealth-Management-Geschäft zum Verkauf, gilt Julius Bär im ersten Atemzug als Interessentin. Doch die Zürcher Privatbank selber hütet sich jedesmal davor, ein allfällig vorhandenes Interesse auch öffentlich zu bekunden.

Doch ist sie – und vor allem ihr CEO Boris Collardi – nicht unschuldig daran, in jedem Verkaufsprozess eine mehr oder minder prominente Rolle zu spielen. Das hat verschiedene Gründe.

Wie ein Olympiasieg

Collardi sieht für Julius Bär nur einen Weg, den des Wachstums. Er hat eine M&A-Historie. Und mit Merrill Lynch hat er eine Übernahme getätigt, die im internationalen Private Banking neue Massstäbe setzte und Julius Bär zu einer globalen Reputation verhalf.

Für Collardi war die Merrill-Lynch-Übernahme und Integration so etwas wie ein Olympiasieg, besser kann es nicht mehr werden. In einem Interview mit der in Hongkong ansässigen Nachrichtenseite «Asian Private Banker» (Artikel bezahlpflichtig), sagte der CEO: « Sie (die Übernahme) hat uns verdorben. Weil alles andere, das wir uns anschauen, nicht daran herankommt.»

Nicht übertrieben teuer

Gemessen an der Grösse kommt ABN Amro bei weitem nicht an Merrill Lynch heran. Mit rund 20 Milliarden Dollar verwalteten Vermögen in Hongkong und Singapur ist Asiens Private Banking der niederländischen Bank gemäss Erhebungen von finews.ch die Nummer 17 in der hart umkämpften Region.

Der kolportierte Preis von rund 300 Millionen Dollar für das Geschäft wäre nicht übertrieben teuer. Gemäss Aussagen von Jeroen Rijpkema, dem CEO Private Banking International von ABN Amro, handelt es sich in Singapur, Hongkong und auch in Dubai um ein klassisches Crossborder-Geschäft. Doch habe die Bank in den letzten Jahren vor allem Onshore-Kunden gewonnen.

Wachstum mit weniger Risiko

Das Thema ABN Amro wird im Interview mit «Asian Private Banker» nicht angeschnitten. Collardi bleibt seinen jüngeren Ankündigungen treu, in welchen er den Fokus auf organisches Wachstum und die Anstellung neuer Kundenberater legt.

«Organisches Wachstum ist weniger riskant», sagt er. Und: «Die M&A-Begeisterung ist etwas verflogen». Weil sich keine mit Merrill Lynch vergleichbare Gelegenheit mehr geboten hat, aber auch, weil Collardi offensichtlich die Risiken fürchtet.

BSI und Falcon

Die Fälle rund um die Tessiner Privatbank BSI und die Zürcher Falcon Private Bank, die in Singapur wegen Geldwäscherei und Verletzung der Sorgfaltspflichten ihre Banklizenzen abgeben mussten, sind dem Julius-Bär-Chef offensichtliche Beispiele, wie die Risiken in Privatbanken schlummern und plötzlich explodieren können.

«Stellen Sie sich nur eine Sekunde lang vor, wir hätten eine Privatbank mit regulatorischen Problemen gekauft. Wir würden heute eine ganz andere Diskussion führen», sagt Collardi.

Das alles klingt nicht danach, als ob ABN Amro für ihn ein Thema wäre. Doch diese Annahme ist möglicherweise falsch.

Immer an Merrill Lynch gemessen

Anders als vielleicht noch vor einem oder zwei Jahren zählen für Collardi bei Kaufgelegenheiten nun strengere Preis- und Risikokriterien. Er will keinen Fehler machen, der Managementkapazitäten ohne das angestrebte Resultat bindet und erst noch dem Ruf der Bank schaden könnte.

Collardi hat mit Merrill Lynch die Latte als erfolgreicher Einkäufer hoch gelegt. «Man ist nur so gut, wie der letzte Deal, den man getätigt hat», beschreibt er das Dilemma.

M&A ist wie eine Safari

Hat Collardi einen Gang in seinen M&A-Aktivitäten zurückgeschaltet, so lag dies offenbar auch daran, dass die Qualität der Verkaufsobjekte seinen Kriterien nicht mehr genügte. So fasste Julius Bär den letzten asiatischen Kandidaten nicht an: Barclays Asia ging an die Singapurer Bank OCBC.

Seine M&A-Strategie vergleicht Collardi mit einer Safari: «Wenn man auf Safari ist, setzt man sich früh morgens in den Jeep und hält nach diesem einen wunderschönen Tier Ausschau. Eine Stunde geht vorbei, dann zwei und man sagt sich, wohl kein Glück heute und am nächsten Tag versucht man es wieder. So ist M&A – man muss extem geduldig sein.»

Gelegenheiten beim Schopf packen

Geduldig sein und wenn die Gelegenheit da ist, zuschlagen. Collardi hat sich in erster Linie dadurch als CEO hervorgetan, dass er Gelegenheiten sofort erkannte, wenn sie einmal da waren. Sei es bei Übernahmen, wie die Commerzbank in Luxemburg, die er wegen ihrer IT-Plattform haben wollte.

Oder auch bei der Rekrutierung neuer Leute, wie den Anlagespezialisten Yves Henri Bonzon, für den er eigens eine neue Position in der Geschäftsleitung der Bank schuf.

Sollte Collardi in ABN Amro eine Gelegenheit erkennen, Julius Bär in Asien unter annehmbaren Risiken zu einen weiteren Wachstumssprung zu verhelfen, wird er vermutlich zuschlagen.

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