Im Umfeld stagnierender Erträge hat das Kostensparen oberste Priorität unter Bankchefs. Doch aus betriebswirtschaftlicher Sicht führt dieses «cost cutting game» bloss in die Sackgasse.

Das laufende Geschäftsjahr offenbart eine brutale Realität im Swiss Banking: Nicht nur der Drittquartals-Ausweis der UBS zum Wealth Management hat exemplarisch gezeigt, dass sich mehr denn je alles um Kostensenkungen dreht. Auch auf kleinerer Ebene ist beispielsweise eine Privatbank Notenstein La Roche den neuen Gesetzmässigkeit unterworfen.

Wenn Märkte für die Vermögensverwaltung nicht wachsen, Kunden keine Transaktionserträge mehr liefern, Margen im aktuellen Zinsumfeld nur noch sinken, die Ausgabenseite hingegen durch Compliancekosten ständig weiter aufgebläht wird, dann verkommt das Banking zu einem reinen «cost cutting game».

Sprich: Die Kunst des Banking und die Herausforderungen der CEO bestehen darin, Kosten schneller zu senken als die Ausgaben steigen.
Dazu müssen sich die Banken-CEO aber unangenehmen Wahrheiten stellen. Hier sind sie:

1. Eine Bank lässt sich nicht zu Wachstum schrumpfen

Wie eingangs erwähnt, sparen Banken für ein höheres Gewinnwachstum. Die UBS beispielsweise will ihre Kostenbasis bis Ende 2017 um 2,1 Milliarden Franken senken. Rund 4,3 Milliarden Franken sollen es bei der Credit Suisse bis Ende 2018 sein.

Aus betriebswirtschaftlicher und Aktionärssicht sind die Milliardenprogramme vielleicht lobenswert. Nachhaltig sind sie aber nicht: Gewinnwachstum lässt sich nicht nur durch Sparen erzielen. Die Investmentbank der UBS ist zwar deutlich kleiner als noch 2012, hat aber nicht an Gewinnkraft gewonnen. Im Wealth Management gelingt es der UBS trotz Sparmassnahmen nicht, die Margen zu halten. Für steigende Erträge braucht es einen Plan.

  • Fazit: Die Wirkung von Kostensparmassnahmen ist begrenzt.

2. Ist Grösse tatsächlich noch erstrebenswert?

«Big is beautiful» lautet ein Credo im Banking, das als unbestritten gilt und in fast jeder Berater-Präsentation vorkommt. Weil Regulierung und Compliance einen stetig wachsenden Kostenblock stellen, braucht eine Bank tatsächlich eine kritische Grösse an Kundenvolumen. Denn nur so lassen sich diese Kosten tragen und können Skaleneffekte erzielt werden.

Soweit die Ausgangslage auf der Powerpoint-Präsentation. Bank-Chefs wie Boris Collardi von Julius Bär oder Joachim Strähle von EFG International verfolgen auf Teufel komm' raus das Ziel der «Grösse».

Die Realität ist aber, dass erstens die bestehenden Kunden auf Grund ihrer Risikoscheue und Märkteverdrossenheit nicht die nötigen Erträge liefern, und zweitens ein Marktwachstum kaum stattfindet – bestenfalls können es sich die Banken teuer erkaufen.

Somit stellt sich die Frage, ob die schiere Grösse einer Bank auf Grund ihrer steigenden Komplexitätskosten nicht zum Mühlstein wird, der sie abwärts zieht.

  • Fazit: Grösse ist in Wachstumsmärkten von Vorteil. In stagnierenden Märkten ist sie eine Belastung.

3. Geht es der «heiligen Kuh» an den Kragen?
 
So auswegslos die Kostensituation auch sein mag, ein Rezept zur Entschärfung der Lage stünde schon lange bereit. Es ist die Korrektur der Löhne, insbesondere im Top-Management.

Denn selbst acht Jahre nach der Finanzkrise verdienen Spitzenbanker nach wie vor exorbitante Summen – schlimmer noch: Obschon die Ertragslage in vielen Instituten mittlerweile akut geworden ist, kassieren die Bankoberen überproportional (zu)viel.

Die ganze Cost-Cutting-Diskussion, die sich vor allem um Einsparungen im Back-Office, über die Digitalisierung oder bei den Fringe Benefits für die gewöhnlichen Angestellten dreht, würde eine ganz neue Dimension erhalten, wenn man dem Top-Management vor allem die fixen Lohnbestandteile radikal kürzen würde. Wer macht den Anfang?

  • Fazit: Es bleibt noch viel Potenzial – bei den Löhnen.

4. Digitalisierung spielt den Branchenfremden in die Hände

An interessanten Digitalisierungs-Projekten mangelt es derzeit nicht. Der digitale Vermögensberater der UBS, die geheimen IT-Fusions-Pläne der Credit Suisse oder das Blockchain-Backoffice, wie es dem Konsortium R3 in New York vorschwebt – das alles lässt die Bank-Manager träumen (beispielsweise hier, hier und hier)

Allen diesen Vorhaben ist jedoch gemeinsam, dass sie sich allerhöchstens in der Pilotphase befinden. Und dass sie noch einen steinigen Weg zu gehen haben. So stammen die Kernsysteme der Banken meist noch aus dem letzten Jahrtausend.

Auf die gewachsene IT gilt es aber bei jedem Zukunftsprojekt Rücksicht zu nehmen – und ebenso auf die strikten Compliance-Anforderungen, welche die Institute zu erfüllen haben.

Ein digitaler Neustart auf der Grünen Wiese ist unter diesen Voraussetzungen kaum möglich. Die Digitalisierung spielt damit branchenfremden Playern in die Hände als den Bankern.

  • Fazit: Die Digitalisierung bietet nur bedingt Chancen.

5. Grossbanken können sich kaum differenzieren

Die Krux liegt wohl schon in der Bezeichnung: Universalbanken bieten alles an – und können sich dadurch nirgends richtig von den Konkurrenz abheben. Das mag überspitzt formuliert sein. Doch gerade Nischenstrategien und radikale Fokussierung auf Spezialgebieten waren in den letzten Jahren am erfolgversprechendsten.

Hingegen ist es angesichts der immer kürzeren Halbwertszeit von Grossbanken-Strategien für Kunden kaum noch ersichtlich, wofür eine bestimmte Bank tatsächlich «steht». Eine immer umfassendere und gleichmacherische Regulierung trägt das ihrige dazu, dass Bankdienstleistungen im Alltag austauschbar geworden sind.

Der Wille, näher an die Kunden heranzurücken und diese in allen Lebenssituationen und über sämtliche Kanäle zu begleiten, mag zwar in Zukunft mit etwas mehr Kontur belohnt werden. Doch drücken dies die Sparanstrengungen der Banken zurzeit nicht aus.

Doch für Unternehmen wie Apple oder Facebook ist diese Zukunft schon Gegenwart. Und diese Firmen verfügen jetzt schon über positiv besetzte Marken, von denen Bankchefs nur träumen können.

  • Fazit: Zu einer Strategie gehört mehr als das Bekenntnis zu mehr Kundennähe.

6. Sparmassnahmen zögern die Konsolidierung hinaus

Während die Sparanstrengungen für jede Bank eine logische Konsquenz im gegenwärtigen Marktumfeld sind, sind sie wohl erst die Vorboten weit bedeutender Umwälzungen: einer Konsolidierung im globalen Banking.

Insbesondere Europa, aber auch die USA und weitere so genannt reife Märkte sind «overbanked». Auf die Ertragslage der Banken gemünzt: Es wird um einen stetig kleiner werdenden Kuchen gekämpft. Das «cost cutting game» wird zu einem Ausscheidungsrennen. Die ertrags- und kapitalschwachen Institute werden untergehen oder aufgekauft werden.

Es wird interessant sein zu sehen, welche Strategie beispielsweise eine Credit Suisse nach der Abspaltung ihrer Schweizer Bank einschlagen wird. Nicht von ungefähr gilt die CS dannzumal als «übernahmegefährdet».

  • Fazit: Die Kostensparwelle ist ein Vorläufer der nächsten Konsolidierungswelle
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.65%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.23%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.52%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.41%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.19%
pixel