Die Privatbank J. Safra Sarasin löst ihr Deutschland-Geschäft auf. Der Rückzug bestätigt die Annahme, dass das nördliche Nachbarland für Schweizer Finanzinstitute ein äusserst hartes Pflaster ist.

Gut zehn Jahre lang haben zunächst die Basler Bank Sarasin und später die brasilianisch-schweizerische Gruppe J. Safra Sarasin versucht, in Deutschland, dem grössten Private-Banking-Markt Europas, Fuss zu fassen. Es ist beim Versuch geblieben.

Wie finews.ch von zwei unabhängigen und zuverlässigen Quellen erfahren hat, zieht sich die Privatbank nun aus Deutschland zurück. «Das Geschäft wird im Laufe des Jahres 2017 abgewickelt», war von beiden Quellen zu erfahren. Im Geschäftsbericht 2015 wies das Unternehmen in Deutschland etwas mehr als 80 Mitarbeiter aus.

Fünf Standorte schliessen

Die Bank J. Safra Sarasin wollte am (gestrigen) Montag auf Anfrage von finews.ch keinen Kommentar abgeben.

Aus Sicht des noblen Instituts verständlich: Mit dem Rückzug aus Deutschland, vor einem Jahr noch als Kernmarkt bezeichnet, sieht sich die Privatbank gezwungen, fünf Standorte zu schliessen: den Hauptsitz in Frankfurt sowie die Filialen in Hamburg, Hannover, München und Stuttgart. Für die Reputation der noblen Firma ist dieser Schritt nicht unbedingt förderlich.

Doch bereits in den vergangenen Jahren ging das Institut durch eine schwierige Zeit. Die Bank mit Sitz in Basel stand im Mittelpunkt des deutschen Skandals um die «Cum-Ex»-Geschäfte, wie auch finews.ch verschiedentlich berichtete.

Fragwürdige Finanzprodukte

Sarasin gehörte sogar zu jenen Instituten, welche diese umstrittenen Finanzprodukte am aggressivsten der Klientel anbot. Bei diesen auch «Dividenden-Stripping» genannten Geschäften wurden Aktien rund um den Dividenden-Stichtag eines Unternehmens zwischen mehreren Beteiligten hin- und hergeschoben. Dadurch liessen sich Steuerbescheinigungen für Kapitalertragsteuern ausstellen, die so gar nie gezahlt worden waren.

Als der deutsche Fiskus diese Steuerlücke im Jahr 2012 schloss, erlitten einige prominente Sarasin-Kunden wie «Drogeriekönig» Erwin Müller oder AWD-Mitgründer Carsten Maschmeyer einen Totalverlust und klagten gegen die Bank.

In Windreich-Pleite involviert

In die Schlagzeilen geriet J. Safra Sarasin auch wegen der Pleite des deutschen Windpark-Betreibers Windreich. Die Bank hatte an Windreich ein Darlehen von mehr als 70 Millionen Euro vergeben und gleichzeitig ihren Kunden Anleihen des Unternehmens verkauft, als dieses bereits in finanzieller Schieflage geraten war. Auch hier klagten einige Geschädigte.

Als die brasilianische Bank J. Safra das Basler Traditionshaus Sarasin im Jahr 2013 übernahm, kaufte sie die deutschen Probleme mit.

Verharren in der Verlustzone

Diese Probleme waren auch operationeller Art. Sprich: In Deutschland brachte die Schweizer Privatbank kaum einen Fuss auf den Boden. Zwar überzog sie das Land, das aufgrund seiner hohen Millionärsdichte als höchst attraktiver Private-Banking-Markt gilt, mit einem Filialnetz. Doch nachhaltig erreichte das Institut die Gewinnschwelle nie.

Mehrmals kam es zu Anpassungen der Filialstruktur. So schloss die Bank im Jahr 2013 die Büros in Nürnberg und Köln, eröffnete dafür eine Präsenz in Stuttgart.

Während ihrer rund zehnjährigen Präsenz in Deutschland schrieb das Institut während nur zwei Jahren schwarze Zahlen: 2010 und 2011, als es seine Cum-Ex-Fonds noch vertrieb. J. Safra Sarasin wies im Jahr 2015 einen Verlust von 8,8 Millionen Euro aus. Onshore verwaltete die Bank im nördlichen Nachbarland nie mehr als einen tiefen Milliardenbetrag an Kundengeldern, wie aus Branchenkreisen zu hören war.

Deutschland – ein «Millionen-Grab»

Deutschland ist allgemein ein hartes Pflaster für Schweizer Banken – finews.ch hat den Markt auch schon als «Millionen-Grab» bezeichnet, was angesichts der früher angehäuften Verluste von Schweizer Instituten wie UBS, Julius Bär und bis vor drei Jahren auch der Credit Suisse (CS) zutreffend ist.

Bei J. Safra Sarasin haben die zahlreichen Umstrukturierungen der letzten Jahre immer wieder auch zu personellen Fluktuationen geführt. Zuletzt meldeten die deutschen Medien den Abgang von Christian Mosel, dem Leiter des Geschäfts mit institutionellen Kunden in Deutschland.

Das «Private Banking Magazin» berichtete vom Ausscheiden von Christian Vomberg, einem Senior-Portfoliomanager. In Stuttgart verliessen Christian Sammet und Karl Fingerhut die Bank in Richtung eines Family Offices. In Frankfurt löste sich das Beraterteam um Alexander Diekmann auf, und im Mai 2016 war Chief Operating Officer Jens Wolf von Bord gegangen.

Weitere Strategie unklar

Welche Strategie J. Safra Sarasin in Deutschland nun einschlagen wird, ist noch nicht bekannt. Die Bank enthielt sich gegenüber finews.ch jeglichen Kommentars. Denkbar ist, dass das Institut ähnlich wie bereits die Credit Suisse (CS) sehr vermögende deutsche Kunden fortan von der Schweiz aus bedient.

Die CS hatte vor drei Jahren ihre Onshore-Aktivitäten an die deutsche Bethmann Bank verkauft, dabei handelt es sich um eine Tochter des niederländischen ABN-Amro-Konzerns.

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