Heute kann die Valiant Bank drei Filialen bauen und zahlt dafür gleich viel wie früher für eine. CEO Markus Gygax verrät im Interview, wie das möglich ist, und beschreibt die Geschäftsstelle der Zukunft.


Herr Gygax, die Valiant Bank expandiert in der Westschweiz und wird dort drei weitere Filialen eröffnen. Hat es in der Romandie nicht schon genügend andere Banken?

Wie die ganze Schweiz ist auch die Romandie reichlich mit Banken besetzt. Das ist uns durchaus bewusst, darf uns aber nicht kümmern. Wir müssen in die Zukunft von Valiant investieren und unser Marktgebiet, das heute zu eingeschränkt ist, in neue Regionen ausdehnen.

Die Erfahrungen, die Valiant seit 2007 in der Romandie gemacht hat, stimmen mich zuversichtlich, dass wir uns auch in Morges, Vevey und Nyon als Alternative zu den bestehenden Banken etablieren können.

Es heisst, Schweizer Kunden seien höchst loyal zu ihren Banken – besonders ausserhalb der grossen Ballungszentren. Warum sollten (weitere) Romands ausgerechnet zu Valiant wechseln?

Es wartet dort sicher niemand jubelnd auf Valiant. Das wird harte Knochenarbeit. Unsere Mitarbeitenden werden sich mächtig ins Zeug legen müssen, um die Kunden von Valiant zu überzeugen.

«Natürlich hoffen wir, den einen oder anderen Kunden von der Konkurrenz zu gewinnen»

Aber ich bin überzeugt, dass sie das schaffen werden. Unsere Expansion in die Romandie hat ja beispielsweise auch in Bulle, Freiburg, Yverdon und Neuenburg funktioniert. Ich habe grosses Vertrauen in die Kompetenzen unserer Mitarbeitenden, in unser Angebot und unsere Kultur.

Im Schweizer Retailbanking ist Wachstum bloss noch über Marktanteils-Verschiebungen zu erzielen. Welchen Banken zwischen Morges, Nyon und Vevey wollen Sie Kunden abspenstig machen?

Ich sehe das anders. Wir gehen ja genau in die Agglomerationen, weil dort eben noch Wachstum stattfindet. Städte wie Brugg, Morges, Nyon und Vevey werden in den kommenden Jahren weiter zulegen. In diesen Zentren können wir Neugeschäft gewinnen, das noch nicht bei anderen Banken ist. Aber natürlich hoffen wir, auch den einen oder anderen Kunden von der Konkurrenz zu gewinnen.

Was machen Sie anders als andere Retailbanken?

Die Einfachheit ist für uns das A und O. Wir haben unser Angebot für die Retailkunden deutlich vereinfacht, und sie können einfach mit uns in Kontakt treten, egal auf welchem Kanal. Zudem sprechen wir eine verständliche Sprache.

«Unsere moderne Geschäftsstelle kostet 500‘000 bis 600‘000 Franken»

So sind unsere AGB nur drei statt zehn Seiten lang. Auch die Beratung von einer Person, wie wir sie bei Kleinunternehmen und Selbstständigen erleben, ist bei uns einfacher als bei anderen Banken.

Welches Ziel haben Sie sich für die erwähnte Expansion nach Morges, Nyon und Vevey gesetzt? Und wie sehen die Investitionen aus?

Erfahrungsgemäss decken neue Geschäftsstellen nach etwa drei Jahren ihre Kosten und leisten nach fünf Jahren einen Gewinnbeitrag. Die Investitionen halten sich dank eines neuartigen Filialtyps in Grenzen. Unsere moderne Geschäftsstelle kostet 500‘000 bis 600‘000 Franken – klassische Standorte gingen schnell gegen zwei Millionen Franken.

In der Branche ist Fintech der grosse Trend. Sie aber eröffnen Filialen – investieren Sie da nicht am Zeitgeist vorbei?

Fintech ist spannend. Valiant ist ja auch sehr digital unterwegs und hat als erste Bank die Online-Kontoeröffnung vollständig digital angeboten. Wir investieren viel in die Digitalisierung. Aber ich glaube nicht, dass eine Bank nur mit dem Handy oder dem Tablett langfristig überlebt.

«Vor allem die Videoberatung eröffnet uns ganze neue Möglichkeiten»

Für mich ist das Banking der Zukunft eine Kombination von physischer Präsenz und digitalen Dienstleistungen – genau so, wie die Geschäftsstelle, die wir morgen (Samstag) in Brugg eröffnen. Vor allem die Videoberatung eröffnet uns ganze neue Möglichkeiten.

Welche Vorteile bringt Ihnen dieser Filialtyp?

Wir haben eine komplett neue Geschäftsstelle entwickelt. Sie ist modulartig aufgebaut und mit zahlreichen digitalen Elementen wie Videoberatung und Online-Kontoeröffnung ausgestattet. Die einzelnen Module können wir relativ rasch und flexibel in geeigneten Räumlichkeiten an besten Retaillagen aufbauen und in Betrieb nehmen. Das spart Geld und Zeit.

Ohne diese moderne Filiale könnten wir unsere geplante Expansion nicht finanzieren. So bauen wir drei Filialen und zahlen gleich viel wie früher für eine. Und die Qualität leidet nicht darunter – dank Fintech.

Verschwinden damit nicht weitere Stellen?

Wir bauen diese moderne Geschäftsstelle an neuen Standorten, wo wir noch nicht präsent sind. Von daher schaffen wir neue Stellen in der Beratung. Wenn die Kunden die modernen Filialen akzeptieren, ist es durchaus möglich, dass wir einige Module auch in klassischen Geschäftsstellen einführen.

«Valiant ist heute so aufgestellt, dass wir auch in Zeiten von Tiefstzinsen solide Gewinne erzielen»

Das würde sich auch auf die Schalter auswirken. Aber den Kundenberater vor Ort wird es auch in Zukunft geben. Jemand muss den Kunden das Komplizierte einfach erklären können.

Die Valiant-Gruppe ist vor allem im Zinsdifferenz-Geschäft tätig. Aktuell deutet nichts darauf hin, dass sich am Negativzins-Szenario der SNB bis auf weiteres etwas ändern wird. Werden Sie die Negativzinsen dieses jahr auf die Kunden überwälzen?

Nein, davon gehe ich nicht aus, jedenfalls nicht im Retailgeschäft. Es sei denn, die Schweizerische Nationalbank (SNB) würde ihre Zinspolitik weiter verschlechtern. Bei grösseren Volumen geben wir je nach Kundenbeziehung die Negativzinsen heute schon an einige Kunden weiter.

Welchen Einfluss haben die Negativzinsen auf Ihre Geschäftstätigkeit?

Die Einflüsse sind klar. Neue Konkurrenten mit überschüssiger Liquidität drängen teilweise mit Dumpingpreisen in den Kredit- und Hypothekarmarkt. Die Marge ist unter Druck und damit auch ein Teil unserer Erträge.

«Die SNB braucht keine Botschaften oder Ratschläge von uns»

Aber wir kommen ganz gut zurecht. Valiant ist heute so aufgestellt, dass wir auch in Zeiten von Tiefstzinsen solide Gewinne erzielen und eine stabile Dividende zahlen können.

Was wäre Ihre Botschaft an die Schweizerische Nationalbank?

Die SNB braucht keine Botschaften oder Ratschläge. Sie macht ihren Job, wir unseren.


Markus Gygax ist seit Ende 2013 CEO der Regionalbanken-Gruppe Valiant. Zuvor war der 53-Jährige als Leiter des Retailbanking bei der Banque Cantonale Vaudoise (BCV) tätig. Vor seinem Engagement bei der BCV arbeitete er von 2002 bis 2008 als Leiter Distribution und Geschäftsleitungsmitglied bei der PostFinance und führte sowohl den Vertrieb Privatkunden als auch den Vertrieb Geschäftskunden.

Zwischen 1987 und 2002 war Gygax in verschiedenen Funktionen unter anderem für den Schweizerischen Bankverein, die heutige UBS, tätig. Unter seiner Führung konnte die aus einer Turnaround-Phase kommende Valiant im Jahr 2015 den Konzerngewinn um ein Fünftel auf 114 Millionen Franken steigern. Das Jahresergebnis 2016 wird am 15. Februar 2017 publiziert.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.03%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.65%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.45%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.49%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.37%
pixel