Investoren machen Front gegen den geplanten Börsengang der Schweizer Bank – und das Management der Credit Suisse laviert. Das alles läuft auf eine gefährliche Wette um die Zukunft des Instituts hinaus.

Der geplante Börsengang der Credit Suisse (Schweiz) ist das Ereignis des Jahres am Schweizer Bankenplatz – wenn es dazu kommt.

Genau das ist in den letzten Tagen immer unsicherer geworden. So stellte sich letzten Dienstag einer der grössten Aktionäre des Mutterhauses Credit Suisse (CS) unmissverständlich gegen das Vorhaben. «Aus heutiger Sicht meine ich, dass die CS den Gang an die Börse überdenken sollte. Der Verwaltungsrat muss sich fragen, wie man auf mittlere bis lange Sicht am meisten Wert schaffen kann», sagte David Herro, Investmentchef der amerikanischen Finanzinvestorin Harris Associates.

Eine Option unter mehreren

Bei der Führung der zweitgrössten Schweizer Bank rennt Herro damit womöglich offene Türen ein. Bereits anlässlich der Jahresbilanz Mitte Februar hatte CS-Chef Tidjane Thiam den Börsengang der Schweizer Tochterbank relativiert; er bezeichnete den partiellen Verkauf der CS (Schweiz) an der Börse damals als eine Option unter mehreren. finews.ch legte darauf die Gründe vor, warum das Vorhaben wohl ganz abgeblasen wird.

Das Problem: Ein Börsengang wird nur dann zum Erfolg, wenn die Anleger die neue Schweizer Bank auch dringend kaufen wollen. Mittlerweile ist jedoch etwas ganz anderes «in» als eine grundsolide Schweizer Bank. Seit der Wahl Donald Trumps zum US-Präsidenten gilt das Banking nämlich wieder als Wachstumsstory. Branchenwerte wie Goldman Sachs oder J.P. Morgan verzeichnen phänomenale Kursgewinne.

Wette auf Wertsteigerung

In der Folge erscheint es für Investoren attraktiver, bei der CS-Gruppe unter Buchwert einzusteigen und auf eine deutliche Wertsteigerung zu spekulieren, als teuer eine Schweiz-Einheit zu kaufen, die sich an der Börse kaum bewegt. Die jüngsten Äusserungen von Herro weisen in genau diese Richtung. «In allen Punkten macht die CS grosse Fortschritte. Das werden wir bald in Resultaten sehen, die nicht mehr durch Sondereffekte verzerrt sind», versprach der amerikanische Finanzexperte.

Um die Kapitalbasis der Bank, die ja ursprünglich mit dem Schweizer Börsengang gestärkt hätte werden sollen, machen sich Harris Associates bezeichnenderweise weniger Sorgen. Bei den regulatorischen Auflagen zum Eigenkapital mache die CS grosse Fortschritte, lobte ihr Investmentchef Herro. Und vehement sperrte er sich gegen eine Kapitalerhöhung der Gruppe: Es wäre ein grosser Fehler, unter Buchwert neue Aktien auszugeben, ohne dass es unbedingt nötig sei, fand er letzten Dienstag.

Noch 2015 um Milliarden gebeten

Auch ein UBS-Analyst kam jüngst in einem viel beachteten Bericht zum Schluss, dass die CS von der Kapitalbasis her über genügend Luft verfüge, um nach Alternativen zu einem teuren Börsengang zu suche.

Ist es ein grosser Fehler, die Kapitalbasis der Bank zu stärken? Das klingt mit Blick auf die nun bald zehn Jahre zurückliegende Finanzkrise wie ein Hohn. Und noch 2015 stand die CS derart schmalbrüstig da, dass CEO Thiam die Aktionäre um 6 Milliarden Franken an frischem Kapital bitten musste.

Das Schaf ganz kurz geschoren

Das alles scheint ganz weit zurückzuliegen. Nicht wenige Beobachter finden das fatal. «Die Investoren wollen das Schaf CS ganz offensichtlich bis hinunter auf die Haut scheren», kritisierte etwa ein Investmentbanker das Vorgehen von Herro & Co gegenüber finews.ch. Die Investoren nähmen für etwas Mehrrendite in Kauf, die Grossbank zu destabilisieren. «Ich kann nur hoffen, dass der CS-Verwaltungsrat eine langfristigere Sichtweise einnimmt», sagte der Branchenkenner.

Tatsächlich hat im Banking eine Gegenbewegung zu den Kapitalisierungs-Bemühungen eingesetzt. Unter dem Sperrfeuer der Lobbyisten sind weitere, unter dem Titel Basel IV laufende Verschärfungen für die Branche einstweilig zum Stehen gekommen. Bald könnte den Regulierern weltweit der «Rollback» drohen, wie ihn in den USA Präsident Trump bereits angekündigt hat.

Auch bei der CS glaubt man offenbar, bei der Kapitalisierung mehr Spielraum zu haben. Das zeigte etwa eine in der Öffentlichkeit kaum wahrgenommene Anpassung der Ziele im letzten Dezember.

Hypothekenstreit mit Folgen

Die Realität sieht etwas anders aus. Gegenüber dem dritten Quartal 2016 ist die Kernkapital-Quote (CET 1) Ende des letzten Jahres von 12 auf 11,6 Prozent gefallen. Dies, nachdem die CS im Hypothekenstreit mit den USA eine Einigungszahlung von 5,28 Milliarden Dollar zahlen musste. Gegenüber 2015 hat sich damit die Kapitalisierung der Grossbank nur um 20 Basispunkte verbessert (siehe Grafik unten).

Der jüngste Ablass in den USA zeigt, warum ein dicke Kapitaldecke im Banking Priorität hat. Krisen brechen schneller über die Institute herein, als man es für möglich gehalten hätte. Freiwillig auf die bereits «aufgegleisten» 4 bis 5 Milliarden Franken Kapital zu verzichten, die der Teilverkauf der Schweiz-Einheit dem Konzern in die Kassen spülen soll, könnte sich da als gefährliche Wette erweisen.

CS Grafik 500

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.79%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.31%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    15.49%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    45.63%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.78%
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