Der Asset Manager GAM wird von einem Hedgefonds attackiert. Derweil glaubt CEO Alex Friedman, mit einer speziellen Truppe von Tradern den Turnaround zu schaffen.

Ein geschliffene Marketing-Sprache ist noch nie das Problem von GAM-CEO Alex Friedman gewesen. Semester für Semester spricht der Amerikaner vor Medien und Analysten von den Fortschritten beim Zürcher Asset Manager, den Erfolg versprechenden strategischen Initiativen, der blendenden Zukunft eines hervorragend positionierten Vermögensverwalters, der seinen Kunden eine Top-Performance liefern werde.

So auch am Donnerstag. Das enttäuschende Jahresergebnis nahm Friedman erneut zum Anlass, GAM als langfristige Turnaround-Story darzustellen, in welcher die richtigen Weichen gestellt worden sind, um auf die Erfolgsstrasse zurückzukehren. Inzwischen hat der Zürcher Hedgefonds RBR Capital eine Beteiligung an GAM gemeldet und Veränderungen im Verwaltungsrat gefordert.

Neue Einheit Systematic

Wie Friedman den Turnaround schaffen will, ist längst bekannt: Kostenreduktionen, Fondsschliessungen, Markenkonzentration, Produktediversifikation, Stärkung des Vertriebs – und auch Übernahmen.

Einer der im vergangenen Jahr getätigten Zukäufe ist der britische Asset Manager Cantab, ein Spezialist für sogenanntes «systematic trading». GAM nahm den Kauf zum Anlass, gleich eine Einheit namens Systematic zu bilden.

Hoch profitabel

Von dieser auf wissenschaftliche Erkenntniss und Computer gestützten Anlagestrategie verspricht sich der GAM-CEO enorm viel, wie seinen Äusserungen an der Medienkonferenz zu entnehmen war. Die Cantab-Plattform soll die Grundlage bilden für die wachsende GAM-Systematic-Einheit.

GAM liess sich den Kauf von Cantab etwas kosten: 217 Millionen Dollar plus 40 Prozent aller künftig eingenommenen Gebühren erhalten die bisherigen Besitzer. Diese haben Cantab zu einer Perle aufgebaut, die im Jahr 2015 mit 4 Milliarden Dollar verwalteten Vermögen einen Gewinn von 38 Millionen Dollar erzielte.

Es fliegen schon mal Drohnen bei Cantab

Das besondere an Cantab: Es ist mehr eine Technologiefirma als ein Hedgefonds. Angesiedelt ist sie im so genannten «Silicon Fen» in der Region rundum Cambridge, wo zahlreiche Hightech-Firmen zu Hause sind.

Die Cantab-Mitarbeiter sind so genannte «Engineers», hochgebildete Tüftler und Programmierer, die zum Zeitvertreib lieber mal eine Drohnen fliegen lassen (sie sind in den Cantab-Büros nicht mehr erlaubt) als ihr Online-Aktien-Konto zu prüfen.

«Unheimlich intelligente Leute»

«Das sind unheimlich intelligente Leute, die es einfach lieben, Dinge zu erfinden», sagte Anthony Lawler (Bild), Co-Chef von GAM Systematic, kürzlich in einem Gespräch mit finews.ch.

Anthony Lawler 500

Doch das Investment galt nicht einfach den «Geeks», welche bei Cantab ihren wissenschaftlichen Leidenschaften nachgehen können. «Wir hätten kaum eine strategische Investition wie diese getätigt, wenn wir nicht sicher wären, dass hier längerfristig ein signifikantes Wachstumspotenzial liegt», so Lawler.

Weit grösseres Universum

Cantab – eine Abkürzung der lateinischen Bezeichnung von Cambridge – haben vor zehn Jahren die beiden ehemaligen Goldman-Sachs-Banker Ewan Kirk und Erich Schlaikjer gegründet. Der Hedgefonds beschäftigt 56 Angestellte, mehr als die Hälfte davon betreiben akademische Forschung.

Das sogenannte «systematic trading», also das – meist computergestützte – Handeln mit Wertschriften nach einem strengen methodischen Ansatz bietet GAM die Möglichkeit, das eigene Anlageportfolio durch Produkte zu ergänzen, die eine weit grösseres Investmentuniversum abdecken, als es einem Portfoliomanager auf Fleisch und Blut möglich wäre.

Ohne Emotionen

Ausserdem versprechen Systematic-Fonds Renditen, die mit den Finanzmärkten keine grosse Korrelation aufweisen. Ein weiterer Vorteil dieser Art des Fondsmanagements ist, dass Emotionen vollständig aussen vor gelassen sind. Methodik und Strategie werden zwar jeweils an Marktgegebenheiten angepasst.

Aber die Investments wählt das Computerprogramm aus. Somit kommen sogenannte «Biases», also durch Emotionen geschürte Verzerrungseffekte, wie sie ein Fondsmanager sonst kaum vollständig ausschalten kann, beim «systematic trading» nicht vor.

Das Knowhow ist der Wert

Lawlers Job besteht vereinfacht gesagt darin, die Cantab-«geeks» zufriedenzustellen, indem er ihnen ermöglicht, ihren Forscherdrang für GAM nutzbringend auszuleben. Davon hängen nicht nur die zukünftigen Erträge ab. Ohne das wissenschaftliche Knowhow einzelner Angestellter hätte die Cantab-Technologie nicht ihren Wert.

«Man kann sagen, dass das innere Gerüst von Cantab Ähnlichkeit mit einem Fintech-Unternehmen hat. Es ist eigentlich eine Firma für Finanz-Software. Das machte sie so attraktiv für uns», sagte Lawler, der 2011 von der britischen Man Group zu GAM gestossen war.

Popularität nimmt zu

«Der Vorteil ist, dass wir mit unseren Kunden nicht darüber diskutieren müssen, ob das System korrekt funktioniert oder die Daten stimmen. All dies wird hier hervorragend und sehr streng gemanagt und überwacht.»

Das «systematic trading» hat im Zuge der Digitalisierung von Anlageprozessen bei institutionellen Investoren stark an Popularität gewonnen. GAM tritt mit seiner Systematic-Einheit gegen Konkurrenten wie Dimensional Fund Advisors in den USA, AQR, Winton oder auch die Man Group an – Lawlers früheren Arbeitgeber.

«Ich glaube nicht, dass systematisches Handeln eine Modeerscheinung ist», so der GAM-Manager. «Wir stecken vielmehr in der Frühphase einer grösseren und lang anhaltenden Verschiebung von institutionellen Geldern in Handelsstrategien, die auf dem systematischen Ansatz basieren.»

Friedman sagte an der Medienkonferenz, bereits im vierten Quartal habe die Einheit wieder deutliche Nettogeldzuflüsse erhalten, die auch 2017 anhalten würden.

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