Der Präsident der gestrauchelten Derivatespezialistin Leonteq bekam an der Generalversammlung einen Denkzettel verpasst. Künftig wird Pierin Vincenz vom Unternehmen auch deutlich schmaler gehalten. finews.ch war vor Ort.

Er sei am Morgen vor der Generalversammlung ziemlich nervös gewesen, gestand Pierin Vincenz den Aktionären von Leonteq am Donnerstag in Zürich. Und das zu recht, wie sich im Verlauf der Eignerzusammenkunft zeigen sollte: Als Präsident der Derivatespezialistin wurde er von den rund 173 Eignern und Aktionärsrechtsvertretern zwar wiedergewählt – allerdings mit dem schlechtesten Resultat aller Verwaltungsräte.

So entschieden rund 12 Prozent der anwesenden Stimmen gegen eine weitere Amtsperiode für den ehemaligen Raiffeisen-Chef und heutigen Präsidenten der Versichererin Helvetia.

Dank den Ankeraktionären der Firma, darunter Raiffeisen und den Leonteq-Gründern Jan Schoch und Lukas Ruflin, war Vincenz’ Mandat zwar nie in Gefahr: Die Gruppe kam im Zürcher Metropol-Saal auf 7,5 der 9,5 Millionen Stimmrechte. Unter den «freien» Stimmen sprach sich aber etwa die Hälfte gegen den amtierenden Präsidenten aus.

Im Kreuzfeuer

Vincenz war wegen des schlechten Geschäftsgangs von Leonteq zunehmend ins mediale Kreuzfeuer gelangt. Die schleppende Reaktion der Leonteq-Lenker auf das sich rasch eintrübende Geschäftsumfeld und interne Probleme wurden auch dem Bündner Vollblutbanker angekreidet. Zudem wurde über ein Zerwürfnis mit CEO Schoch spekuliert.

Letzten Februar hatte die bis dato erfolgsverwöhnte Leonteq schwache Zahlen für 2016 vorgelegt; der Gewinn erodierte von 68,6 Millionen im Vorjahr auf 17,2 Millionen Franken. Wie  finews.ch urteilte, war dies zu guten Teilen Fehlern des Managements um Chef Schoch und dem Aufsichtsgremium unter Vincenz zuschreiben.

Raiffeisen musste wenige Tage später einen schmerzhaften Abschreiber auf ihrem Leonteq-Engagement vermelden; die Genossenschaftsbank hält knapp 30 Prozent an der Derivateschmiede.

Ein Drittel weniger Gehalt

Ebenfalls im Februar kündigte Vincenz an, auf 34 Prozent seines eigentlich von den Aktionären bereist abgesegneten Gehalts von 750'000 Franken für 2016 zu verzichten. Leonteq-Chef Schoch verabschiedete sich mit dem gesamten Management vom Bonus. Dies, nachdem angesichts der Verfassung des Unternehmens die Kritik an den Vergütungen immer lauter geworden waren.

Am Donnerstag entschuldigten sich Vincenz und ein von den Turbulenzen sichtlich gezeichneter Schoch nochmals bei den versammelten Eignern für das «schlechte» Jahr 2016. Vincenz gab zu, dass sein ursprüngliches Gehalt unter den gegebenen Umständen «viel zu hoch» gewesen sei. «Auch mit 60 Jahren kann man noch dazulernen», kommentierte er seine Einsicht.

50 Entlassungen sind genug

Die Leonteq-Eigner stimmten in der Folge für schmalere Kost sowohl für den Verwaltungsrat wie das Management ihres Unternehmens. Vincenz darf in der Frist bis zu seiner möglichen Wiederwahl im Jahr 2018 maximal 350'000 Franken verdienen. Die schon letztes Jahr für 2017 abgesegnete Entlöhnung für das Management von insgesamt 24 Millionen Franken werde ebenfalls «deutlich tiefer ausfallen», versprach Vincenz. Für 2018 wurden Gesamtvergütungen von maximal 13,5 Millionen Franken bewilligt.

Nachdem keine Dividende für das Jahr 2016 ausgerichtet wird, soll auch bei Leonteq weiter gespart werden, wie Vincenz erklärte. So plant das Finanzunternehmen, bis 2018 rund 28 Millionen Franken einzusparen. Nach 50 bereits ausgesprochenen Entlassungen und einer Verkleinerung der Geschäftsleitung soll das Personal aber nun nicht mehr bluten müssen, hiess es.

Vertriebs-Leiter geht

Wie ein Sprecher gegenüber finews.ch bestätigte, wird auch Christian Kronseder, Leiter des digitalen Vertriebs, Leonteq verlassen. Ein letzter Aderlass?

Gespart wird von nun an beim Sachaufwand, etwa bei zu gross angemieteten Arbeitsräumen. Leonteq versucht, diese unterzuvermieten oder abzustossen. Wie finews.ch berichtete, ist dies vor allem in Singapur und Hongkong eine noch zu lösende Aufgabe.

Der Schock sitzt tief

Derweil präsentiert sich der Geschäftsgang im Jahr 2017 herausfordernd. Chef Schoch hatte letzten Februar einen Verlust im ersten Halbjahr 2017 in Betracht gezogen. Immerhin hat Leonteq mit der französischen Crédit Agricole und der Schweizer Postfinance zwei neue Partner im Bereich Banking Solutions gewonnen. Zudem soll im April der Transfer der Notenstein-Derivate zum Mutterhaus Raiffeisen abgeschlossen sein – während des Transfers war diese Partnerschaft für Leonteq gleichsam blockiert.

Der Schock sitzt den Leonteq-Eignern derweil tief in den Knochen, wie das Votum eines Einzelaktionärs zeigte. Er wollte von Vincenz wissen, ob es Leonteq in einem Jahr noch gebe. Sein Bankberater habe ihn nämlich gewarnt, das werde nicht der Fall sein.

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