Der CS-Verwaltungsratspräsident sticht durch eine Eigenschaft hervor. Urs Rohner reagiert nur auf massiven Druck. Das Beste für die Grossbank wäre, er würde an der Generalversammlung erneut so reagieren.

Die Nerven bei der Credit Suisse (CS) sirren vor Anspannung: Denn am Freitag wird an der Generalversammlung in Zürich eine bedeutende Anzahl von Aktionären einen Teil der Vergütungstraktanden ablehnen. Zudem werden auf Empfehlung der Anlagestiftung Ethos auch zahlreiche Aktionäre gegen die Wiederwahl von CS-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner stimmen.

Wie die Proportionen verteilt sein werden, ist schwer abzuschätzen. Wohl werden die Grossaktionäre der CS wie der Staatfonds von Katar, die saudische Olayan-Gruppe, die US-Investmentgesellschaft Harris Associates, der norwegische Staatsfonds und der Asset Manager Blackrock mit ihren Stimmen den Anträgen des CS-Verwaltungsrates folgen.

Doch angesichts des weit verbreiteten Aktionärsunmutes könnten Rohner auch böse Überraschungen drohen.

Einlenken in letzter Minute

Der CS-Präsident hat wieder einmal in letzter Minute versucht, das Momentum auf seine Seite zu ziehen, indem er am Mittwoch anlässlich der Präsentation der Quartalszahlen eine ganze Anzahl aktionärsfreundlicher Massnahmen ankündigte.

Rohner hat nach der vorösterlichen Ankündigung eines Teilverzichts auf Boni durch CEO Tidjane Thiam und seinem Managementteam realisiert, dass dieses Einlenken die Stimmung bei den Aktionären nicht wirklich gehoben hat. «Too late, too little», kommentierte der US-Stimmrechtsberater Glass Lewis und änderte seine Empfehlung nicht.

Ideenlosigkeit und schwache strategische Führung

«Too late, too little» – zu spät und zu wenig – so liesse sich die ganze Karriere Rohners als oberster Lenker der CS apostrophieren. In seinen bislang sechs Jahren als Verwaltungsratspräsident ist der 58-jährige Anwalt vor allem mit anhaltender Ideenlosigkeit und schwacher strategischer Führung aufgefallen. Abgesehen davon, dass er es immer wieder abgelehnt hat, für vergangene Skandale der CS eine Mitverantwortung zu übernehmen.

Das ist insofern eine zweifelhafte Haltung, als dass Rohner bereits im Jahr 2004 als Geschäftsleitungsmitglied und General Counsel der CS erhebliche Verantwortung besass.

Reaktion nur auf Druck von aussen

Einschneidende Entscheide fällte der CS-Verwaltungsrat unter Rohner indessen regelmässig zu spät und als Reaktion auf grobe Fehlentwicklungen innerhalb der Bank.

Mit anderen Worten: Rohner hat immer nur auf Druck von aussen reagiert. Das teilweise Einlenken in Bezug auf die Manager-Boni geschah erst, nachdem Aktionäre unmissverständlich klar gemacht hatten, dass die Höhe der Bezüge überrissen ist.

Auf der Höhe ihrer Zeit

Die Ankündigung der neuen Dividendenpolitik kommt zur Unzeit. Solches kommuniziert kein Unternehmen im Normalfall anlässlich der Publikation von Erstquartalszahlen. Auch hier dürften verärgerte Aktionäre massiv zur Entscheidungsfindung beigetragen haben.

Als Rohner 2011 vom Vizepräsidenten der CS zum Präsidenten aufstieg, präsentierte sich die Bank unter ihrem CEO Brady Dougan scheinbar auf der Höhe der Zeit. Sie kam gestärkt aus der Finanzkrise heraus, hatte keine Staatshilfe in Anspruch nehmen müssen und profitierte mit ihrer starken Investmentbank von der Markterholung.

Drohfinger der SNB

Doch sowohl Dougan als auch Rohner wollten nicht einsehen, dass das regulatorische Umfeld im Begriff war, sich in hohem Tempo zu verändern. Im Jahr 2012 brauchte es die Schweizerische Nationalbank (SNB) und eine unmissverständliche Anmahnung, dass die Bank ihr Eigenkapital endlich erhöhte.

Statt danach eine überfällige Anpassung der CS-Strategie einzuleiten, liess Rohner den Investmentbanker Dougan solange weiter gewähren, bis die CS erneut unter Kapitalknappheit in eine bedrohliche Situation geriet. Wieder folgte eine späte Reaktion Rohners, indem er Mitte 2015 mit Thiam einen neuen CEO installierte.

Geschmeidige Kehrtwende

Dessen strategische Kehrtwende und rasant vollzogene Kapitalerhöhung trug Rohner geschmeidig mit. Nur wenige Monate zuvor hatte er die alte CS-Strategie noch verteidigt und die Notwendigkeit einer Kapitalerhöhung in Abrede gestellt.

Unter den immer wieder erklungenen Forderungen nach einem Rücktritt duckte sich Rohner jeweils ebenfalls geschmeidig weg und liess die Kritik an sich abprallen.

Fehlende Eingeständnisse

Auch jetzt wieder: Anstatt offen einzugestehen, dass die Vergütungen für ihn und für das CS-Management aufgrund von zwei aufeinanderfolgenden Jahren mit Milliardenverlust viel zu hoch sind, sagt Rohner bloss, er habe die Opposition der Aktionäre «unterschätzt».

Es ist Rohners erklärtes Ziel, bis 2021 Verwaltungsratspräsident zu bleiben. Er tut der Bank und ihren Aktionären damit aber keinen Gefallen. Die für ihn überraschend heftige Aktionärskritik mag ihn nun möglicherweise dazu bewegt haben, einen vorzeitigen Rücktritt ins Auge zu fassen. Die Reaktion Rohners käme einmal mehr spät – aber besser als gar nicht.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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