Der erste Schweizer Banker, der im Skandal um den malaysischen Staatsfonds 1MDB zu einer Haftstrafe in Singapur verurteilt wurde, ist zurück in der Heimat, wie Recherchen von finews.ch ergeben haben.

Das Bild vom bärtigen und kahlköpfigen Schweizer Jens Sturzenegger, den im vergangenen Januar ein Singapurer Gericht zu einer Haftstrafe von 28 Wochen sowie zu einer hohen Geldstrafe verurteilt hatte, ging um die Welt. Selten hatte man gesehen, dass ausgerechnet ein Schweizer Bankmanager dermassen gebüsst wurde. Inzwischen ist der 42-jährige Schweizer zurück in seiner Heimat und auf freiem Fuss, wie Recherchen von finews.ch ergeben haben.

Insgesamt geht es um Fahrlässigkeit und verfehlte Kontrollen rund um kriminelle Gelder aus dem malaysischen Staatsfonds 1MDB, die via Singapur und über mehrere, mehrheitlich schweizerische Banken geflossen sind. Ein Grossteil davon über die Singapurer Niederlassung der Falcon Private Bank, einem in der Schweiz ansässigen Finanzinstitut, das von der Herrscherfamilie von Abu Dhabi kontrolliert wird.

Grosse Versäumnisse

Die Falcon Private Bank wurde aufgrund ihrer Versäumnisse aus Singapur verbannt. Dabei musste sie nicht nur eine Busse von 4,3 Millionen Singapur Dollar (gut 3 Millionen Franken) bezahlen, sondern verlor auch ihre Geschäftslizenz, nachdem sie es versäumt hatte, die kriminellen Gelder aus dem malaysischen Staatsfonds 1 MDB abzuwehren.

Die Monetary Authority of Singapore (MAS), also die Finanzaufsicht von Singapur, sprach von einem besonders dreisten Fall und stellte sowohl in Zürich als auch in Singapur beim Top-Management mangelnde Sorgfaltsabklärungen fest.

Aufsehenerregender Prozess

Von allen oberen Führungskräften musste sich erstaunlicherweise nur eine einzige Person vor Gericht verantworten: Jens Sturzenegger, der fünf Jahre lang die Falcon-Niederlassung in Singapur geleitet hatte und im vergangenen Oktober dann von den Singapurer Justizbehörden verhaftet wurde, wie auch finews.ch berichtete.

Anfang 2017 wurde er in einem Aufsehen erregenden Prozess von der Justiz zu 28 Wochen Gefängnis sowie zu einer Busse von 128'000 Singapur Dollar (knapp 100'000 Franken) verurteilt. Zudem erhielt er, der vor seiner Chef-Funktion für die Compliance der Bank in Singapur verantwortlich war, ein Berufsverbot auf Lebzeiten.

Auf freiem Fuss

Wie Recherchen von finews.ch nun ergeben haben, hat der Schweizer seine Haftzeit in Singapur abgesessen und befindet sich seit einigen Wochen wieder in der Schweiz. Dies bestätigten drei voneinander unabhängige Quellen.

Ein Sprecher des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA) erklärte gegenüber finews.ch überdies, dass ein in Singapur festgehaltener Schweizer Staatsbürger wieder auf freiem Fuss sei, ohne dabei Sturzeneggers Namen nennen zu wollen.

Geschäftsbeziehung verschleiert

Eine Sprecherin der Singapurer Strafvollzugsanstalt wollte keine weiteren Angaben dazu machen, weil es sich um persönliche Angelegenheiten handle, und Sturzeneggers Anwalt, Tan Hee Jock, lehnte einen zusätzlichen Kommentar ebenfalls ab.

Der 42-jährige Sturzenegger war angeklagt worden, kriminelle Geldflüsse aus dem malaysischen Staatsfonds 1MDB im Gesamtwert von einer Milliarde amerikanischer Dollar ignoriert und in der Folge seine Beziehung zum Geschäftsmann Jho Low verschleiert respektive darüber gelogen zu haben.

Drahtzieher bis heute flüchtig

Gemäss US-Behörden ist der bis heute flüchtige Jho Low der eigentliche Drahtzieher in der ganzen Affäre. Er wird entsprechend auch von mehreren Strafbehörden auf der Welt gesucht, wie finews.ch verschiedentlich berichtet hat.

Das Gericht in Singapur betonte bei seiner Urteilsbekanntgabe gegen Sturzenegger, dass dessen Haftstrafe als Abschreckung für andere, fehlbare Bankmanager in dieser Angelegenheit dienen sollte. Er ist bis heute der einzige Schweizer, der im 1MDB-Fall verurteilt wurde. Die Falcon Private Bank, die nach ihrem Lizenzverlust in Singapur dort abgewickelt wird, wollte zu den jüngsten Entwicklungen keine Stellung nehmen.

Als Bauernopfer vorgeschoben?

In Finanzkreisen dominiert die Überzeugung, Sturzenegger sei von der Bank sozusagen als Bauernopfer vorgeschoben worden, um selber einer weiterreichenden Verurteilung zu entgehen und andere Top-Manager zu verschonen. Gemäss Untersuchungen der Finma waren es insbesondere Verwaltungsräte, die als Vertreter von Abu Dhabi im Falcon-Gremium sassen, welche die Transaktionen veranlasst hatten. 

Sturzenegger wurde genau eine Woche vor seiner Verhaftung im vergangenen Oktober von der Falcon Private Bank entlassen. Nach seiner Festnahme erklärte er sich für schuldig, was zweifelsohne zu mildernden Umständen geführt hat. Sein Anwalt stellte fest, dass er «Reue und Bedauern» in Bezug auf sein fahrlässiges Handeln bekundet habe.

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