Clientis-CEO Andreas Buri sagt im Interview mit finews.ch, wie die Banken in der Gruppe voneinander profitieren, warum das wachsende Hypothekargeschäft wenig Risiken trägt, und wie die Digitalisierung bei den Regionalbanken Einzug hält.


Herr Buri, die Clientis Gruppe steigert sich von einer Berichtsperiode zur nächsten, wobei der Haupttreiber das Geschäft mit Hypotheken ist. Sehen Sie keine Verlangsamung?

Die Clientis Gruppe wächst im Kundengeschäft um durchschnittlich rund 1 Prozent pro Quartal – und dies mit hoher Konstanz seit ihrem Markteintritt von 2004. Wir gehen davon aus, dass sich die Bautätigkeit, inklusive Renovationen, in den mehrheitlich ländlichen Marktgebieten unserer Banken in nächster Zeit auf dem bisherigen Niveau halten wird.

Der Wettbewerb in der Branche ist zwar stark, unsere Banken punkten aber durch ihre Agilität mit der ausgesprochenen Kundennähe und den raschen Entscheiden vor Ort.

Die Abhängigkeit der Clientis Gruppe vom Hypothekargeschäft ist entsprechend hoch – über drei Viertel des Betriebserfolges. Das beinhaltet auch Risiken.

Ein umfassendes Risikomanagement, inklusive einem aktiven Bilanzstruktur-Management (Asset & Liability Management) sowie eine restriktive Kreditpolitik hat bei unseren Banken höchste Priorität. Sie vergeben Finanzierungen nur nach klar definierten, konservativen Grundsätzen. Unser Ausleihungsportfolio besteht weitgehend aus Hypotheken für private Wohneigenheime. Die Kreditverluste sind entsprechend marginal.

Gibt es Bestrebungen, den Ertragsmix aktiv zu diversifizieren?

Das Kerngeschäft unserer Banken sind seit jeher Immobilienfinanzierungen. Dies wird so bleiben, wir arbeiten aber daran, andere Bereiche zu stärken, namentlich das Anlegen und die Vorsorgeberatung.

«Einmal entwickeln und x-fach ausrollen»

Etliche Banken bauen zudem ihre Beratungstätigkeit und das Firmenkunden-Geschäft aus. Auf Gruppenstufe gibt es zusätzliche Erträge durch das koordinierte Liquiditätsmanagement.

Wie stark sind die Synergiegewinne aus der Clientis Gruppe im Halbjahrergebnis zu gewichten?

Die Synergiegewinne ergeben sich nach dem Prinzip «einmal entwickeln und x-fach ausrollen». Die Banken profitieren von Ertragssteigerungen und Kosteneinsparungen im Umfang von mehreren Millionen Franken.

Hinzu kommen Effizienzgewinne, personelle Entlastungen und der immer wichtiger werdende Know-how-Austausch in allen Sparten, wie ihn sonst keine andere Bankengruppe bieten kann. Auch bei der gruppenweiten Umsetzung der Digitalisierung, mit der wir uns intensiv auseinandersetzen, wird es weitere Synergie- und Effizienzgewinne geben.

Beim Reingewinn profitiert Clientis noch immer von den Ausschüttungen aus dem RBA-Hilfsfonds. Wie lange noch?

Der RBA-Hilfsfonds wird Ende 2017 aufgelöst, seine Substanz wird seit 2014 anteilsmässig an alle RBA-Banken zurückbezahlt. Dieser Sondereffekt wird ab 2018 wegfallen.

«Wir haben sehr geringe Negativzinsen bezahlt»

Festzuhalten ist, dass der Halbjahresgewinn 2017 der Clientis Gruppe aus dem operativen Geschäft, nach Bereinigung aller Sonderfaktoren, gegenüber der Vorjahresperiode um erfreuliche 15 Prozent gesteigert werden konnte, gegenüber dem ersten Halbjahr 2015 sogar um 37 Prozent. Diese Entwicklung beurteile ich in einem garstigen Umfeld als gut.

Sie wollen nach wie vor keine Negativzinsen ihren Kunden belasten. Bezahlt die Clientis Gruppe Negativzinsen an die Nationalbank?

Mit unserem gruppenweiten Liquiditätsmanagement haben wir den Freibetrag für SNB-Guthaben im ersten Semester 2017 regelmässig ausgeschöpft. Wegen Überschreitungen an einzelnen Spitzentagen haben wir sehr geringe Negativzinsen bezahlt. Dem stehen wesentlich höhere Einnahmen aus Ausleihungen mit Negativzinsen an institutionelle Anleger gegenüber.

Ein bestimmendes Kostenthema im Schweizer Retailbanking sind die Filialen. Clientis führt insgesamt 69 Standorte. Wird sich diese Anzahl verringern?

Die Clientis Banken sind eigenständig und entscheiden daher selber über ihr jeweiliges Filialnetz. Aufgrund sich verändernden Kundenverhaltens mit mehr automatisierten Transaktionen und Dienstleistungen dürfte auch bei unseren Banken die Anzahl Standorte künftig eher abnehmen.

«Künftig dürften mehr Ressourcen für Beratungen gefragt sein»

Im Vordergrund stehen jedoch Formatwechsel bei einzelnen Geschäftsstellen. Standorte mit 24-Stunden-Automatenzonen werden noch vermehrt zu reinen Beratungsstandorten oder sogar zu gemeinsamen Beratungszentren mit Dritten wie Treuhänder, Notaren und Rechtsanwälten umgewandelt.

Wie entwickeln sich die Mitarbeiterzahlen in der Clientis Gruppe?

Die Anzahl Vollzeitstellen ist im ersten Halbjahr mit rund 500 stabil geblieben. Auch hier entscheiden die Banken selbständig, wie viele Mitarbeiter sie benötigen. Künftig dürften mehr Ressourcen für Beratungen und weniger für Schaltertransaktionen gefragt sein.

Zentral sind daher bestens ausgebildete, «fitte» Mitarbeitende. Rund die Hälfte unter ihnen hat mittlerweile bereits unser anspruchsvolles gruppenweites Zertifizierungsprogramm erfolgreich abgeschlossen.

Clientis verfolgt eine sogenannte IT-Multiproviderstrategie, bei der auch Banken ausserhalb der Gruppe IT- und weitere Dienstleistungen beziehen können. Wie entwickelt sich dieses Geschäft?

Das Geschäft mit Clientis Leistungen für Drittbanken entwickelt sich weiter erfreulich. Wir stellen in neun Bereichen insgesamt 23 Dienstleistungsmodule zur Verfügung. Dabei ist das IT-Plattform-Management die bedeutendste Leistung. Anfang Jahr ist die 13. Bank hinzugekommen, die Leistungen von uns bezieht, die Anzahl der nachgefragten Services ist steigend.


Andreas Buri ist seit 2014 CEO der Clientis AG. Nach seiner Ausbildung zum Bankkaufmann war er von 1973 bis 2004 in verschiedenen Funktionen für die UBS im In- und Ausland tätig. Danach arbeitete für die Bank CIC (Schweiz), Maerki Baumann, die Privatbank Bellerive sowie zuletzt für die Algerische Aussenhandelsbank.

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