Das Schweizer Parlament nimmt derzeit den Feinschliff am Finanzdienstleistungsgesetz vor. Thomas Ulrich, Präsident des Zürcher Bankenverbands, benennt im Interview mit finews.ch die Auswirkungen.


Herr Ulrich, der Nationalrat wird sich in der Herbstsession mit dem Finanzdienstleistungsgesetz, kurz Fidleg, befassen, das voraussichtlich 2019 in Kraft tritt. Ist der Zürcher Bankenverband mit den bisherigen Ausformulierungen zufrieden?

Der Bundesrat hat die Botschaft zum Finanzdienstleistungsgesetz und zum Finanzinstitutsgesetz (Finig) im November 2015 dem Eidgenössischen Parlament unterbreitet. Seither beschäftigen sich die Eidgenössischen Räte intensiv damit.

Der Ständerat hat im Dezember 2016 wichtige Verbesserungen an der Vorlage des Bundesrates vorgenommen. Die zivilprozessualen Bestimmungen wurden gestrichen, das Strafrecht entschärft und unnötige bürokratische Hürden abgebaut.

Damit wurde zentralen Anliegen der Branche Rechnung getragen. Bestätigt der Nationalrat diese Änderungen, ist der schweizerische Finanzplatz in diesen Belangen auch im kompetitiven Umfeld gut für die Zukunft gerüstet.

Wo besteht noch Verbesserungspotenzial?

Die vom Ständerat eingeschlagene Richtung stimmt. Die Gesetze sind aber nach wie vor sehr komplex und können in einzelnen, vorwiegend technischen Punkten noch optimiert werden. Dabei geht es vor allem darum, den Investoren den Zugang zum gesamten Universum an Finanzinstrumenten aus der Schweiz heraus offen zu halten.

«Die Schweiz kann sich der Regulierung nicht entziehen»

Dazu sind noch gewisse Ausnahmen von der Pflicht, ein Basisinformationsblatt zur Verfügung zu stellen, notwendig. Dies insbesondere wenn ein Investor aus eigener Initiative heraus ohne Zutun des Finanzdienstleisters ein bestimmtes Finanzinstrument erwerben will. 

Zudem ist das vorgeschlagene Haftungsregime bei der Prospekthaftung mit Beweislastumkehr noch nicht optimal geregelt. Im Wesentlichen geht es aber wie gesagt darum, dass der Nationalrat die vom Ständerat eingeschlagene Richtung bestätigt.

Kritische Stimmen sagen, Finanzmarktregulierungen wie das Fidleg diene der Bankenwelt primär zur eigenen Risikoabsicherung. Ein unzutreffender Vorwurf?

Sich in der Schweiz dem zunehmenden internationalen Regulierungsdruck zu entziehen, ist schlicht nicht möglich. Eine vernünftige Regulierung mit Augenmass ist im Übrigen durchaus im Interesse der Kundinnen und Kunden. Sie sorgt dafür, dass alle Finanzdienstleister in der Schweiz einem Standard verpflichtet sind, auf den man sich verlassen kann.

Zudem wird die Transparenz bei der Erbringung von Finanzdienstleistungen erhöht. Der so verstandene Anlegerschutz war immer ein primäres Ziel der Gesetzgebung, von dem auch in der vom Ständerat beschlossenen Fassung nicht abgewichen wird.

Wie sind Ihre Verbandsmitglieder gegenüber Fidleg eingestellt? Und gibt es grosse Differenzen innerhalb den Bankengruppen?

Innerhalb der Bankengruppen sind keine grösseren Differenzen auszumachen. Die beiden Gesetze setzen, wo sinnvoll und angebracht, die internationalen Vorgaben um und verzichten weitgehend auf unnötigen «Swiss Finish». In der vom Ständerat beschlossenen Fassung wird der Bankenplatz Zürich die Vorlage unterstützen.

«Die Gesetze führen zu beträchtlichen Mehrkosten»

Dabei gilt es nicht zu vergessen, dass neben dem Gesetz auch die Vollzugsbestimmungen auf Verordnungsebene eine zentrale Rolle spielen werden. Der Geist der Gesetze, welcher den Anleger als informierten und selbstverantwortlichen Kunden sieht, darf durch die Ausführungsbestimmungen nicht wieder ausgehöhlt werden.

Europatauglich wird die Schweiz mit Fidleg. Das Gesetz dürfte 2019 in die Umsetzung gehen. Fidleg bedeutet für Banken und unabhängige Vermögensverwalter nicht nur mehr Kontrolle, sondern auch höhere Kosten.

Ja, die Gesetze führen zu beträchtlichen Mehrkosten und einem höheren Aufwand für die Finanzinstitute. Dies sollte nicht unterschätzt und insbesondere im Rahmen der Erarbeitung der Vollzugsbestimmungen nicht ausser Acht gelassen werden. Unnötige Bürokratie ist zu vermeiden.

Auf der anderen Seite fördern die neuen Gesetze die Rechtssicherheit im Bereich des Vertriebs und erhöhen den Anlegerschutz in der Schweiz. Im Wettbewerb mit den anderen Finanzplätzen der Welt ist dies sehr wichtig.

Was ändert sich für das beratende Personal?

Einerseits stellt das Fidleg voraussichtlich zum ersten Mal aufsichtsrechtliche Anforderungen an die Aus- und Weiterbildung der Kundenberaterinnen und Kundenberater. Das wirkt sich unmittelbar auf das Personal aus, welches diese Anforderungen erfüllen muss. Ausserdem werden für die Beratung neue Pflichten eingeführt und klarere Vorgaben gemacht.

Ich bin überzeugt, dass wir dadurch die bereits hohe Qualität der Finanzberatung in der Schweiz weiter verbessern können – zugunsten unserer Kundinnen und Kunden, aber auch des ganzen Finanzplatzes.


Thomas Ulrich ist seit rund sieben Jahren Präsident des Zürcher Bankenverbands, dem rund 40 Banken sowie die wichtigsten Versicherungen angeschlossen sind. Der promovierte Ökonom startete seine Banklaufbahn in den 1980er-Jahren beim Schweizerischen Bankverein (SBV) und hat seither diverse Funktionen im Privat- und Firmenkundengeschäft der UBS ausgeübt. Heute ist er Regionaldirektor und Leiter Wealth Management für die Region Zürich.