Vieles deutet darauf hin, dass die Wahl von Claude-Alain Margelisch zum CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung eine Übergangslösung ist.

Claude_Alain_MargelischAls Urs Roth Anfang Jahr altershalber seinen Rücktritt als CEO der Schweizerischen Bankiervereinigung ankündigte, waren sogleich verschiedene klingende Namen für seine Nachfolge im Spiel.

Dazu gehörten unter anderem: Martin Maurer, Geschäftsführer des Verbands der Auslandsbanken in der Schweiz, Urs Zulauf, stellvertretender Direktor bei der Finma, Thomas Borer, Unternehmer und ehemaliger Schweizer Botschafter, und sogar ein UBS-Mann: Markus Diethelm, General Counsel der Grossbank.

Von einer internen Wahl war zunächst nicht die Rede, wurde doch ein renommierter Zürcher Headhunter für die Suche nach einen Nachfolger beauftragt, und die Börsenzeitung «Finanz und Wirtschaft» urteilte selbstgewiss: «Wahrscheinlicher ist, dass der Verwaltungsrat der Bankiervereinigung Leute ausserhalb der Geschäftsleitung und der Verbandsstruktur bevorzugt – um einen Neuanfang zu signalisieren.»

Zerstrittene Vereinigung

Mit der Wahl von Claude-Alain Margelisch (Bild) hat sich dies nun nicht bewahrheitet. Margelisch kommt von innen. Er war bisher der Stellvertreter Urs Roths.

Vielleicht entspricht er nicht ganz dem Profil, das die Bankiervereinigung teilweise auch öffentlich bekannt gemacht hatte. Man suche eine kommunikationsfreudige, gut vernetzte und dynamische Person, die mit den Dossiers bestens vertraut sei, neue Zeichen setzen und vor allem auch die alles andere als homogene Vereinigung wieder mehr einigen könnte.

Wunschkandidaten winkten ab

Tatsache ist, dass von den etwa 80 Bewerbungen niemand der Bankiervereinigung passte und gleichzeitig die Wunschkandidaten absagten. Vor diesem Hintergrund lässt sich auch schliessen, dass Margelisch nicht der Top-Kandidat war, denn sonst hätte man sich den ganzen Suchprozess sparen respektive kürzer gestalten können.

Dass die klingenden Namen nicht gewillt waren, sich auf den CEO-Posten bei der Bankiervereinigung einzulassen, spricht ja nicht gegen Margelisch, sondern besagt eher etwas über die derzeitige Situation des Verbandes.

Gründe für eine Absage

Erstens: Die Bilanz des Dachverbands über die letzten Jahre ist ambivalent. Umstritten bleibt, inwiefern die Organisation unter dem Druck der Grossbanken agierte, und warum sie nie eine wirklich führende Rolle bei den grossen Fragen und Veränderungen übernahm, sondern zumeist nur reagierte. So besehen bleibt auch unklar, in welchem Spannungsfeld der künftige CEO operieren kann.

Zweites haben die Turbulenzen der letzten drei Jahre erbarmungslos offenbart, wie zerstritten die Mitglieder der Bankiervereinigung untereinander sind und viele Traktanden über ein emotionales Powerplay ausgetragen wurden. Klar, dass sich viele Führungsleute an einer solchen Situation nicht die Hände verbrennen wollen.

Starker Präsident

Drittens dürfte der seit letztem September amtierende Präsident Patrick Odier eine tragendere Rolle spielen als sein Vorgänger Pierre Mirabaud. Odier ist ein dynamischer Bankier, der in der Schweizer Wirtschaft und auch weit darüber hinaus bestens vernetzt ist. Er ist ein Macher, mit dem sich möglicherweise nicht jeder CEO messen möchte, der selber Zeichen setzen und Hand anlegen will.

Viertens ist in der aktuellen Situation in der Schweiz und auf dem Finanzplatz noch vieles in der Schwebe, sei das in Sachen Abgeltungssteuer, Weissgeld-Strategie oder Too-Big-To-Fail-Problematik. Viele dieser Traktanden gehen weit über den Ermessens- und Handlungsspielraum der Bankiervereinigung hinaus. Die Verantwortlichkeiten liegen bei den Behörden oder in der Politik. Vor diesem Hintergrund ist der Gestaltungsspielraum für den CEO der Bankiervereinigung zusätzlich eingeschränkt. Ein weiterer Grund, dass manche Manager kein Interesse bekundeten.

Warten auf veränderte Grosswetterlage

Unter diesen Prämissen dürfte Claude-Alain Margelisch wohl eher ein Übergangs-CEO sein bis die Grosswetterlage eine andere ist und Interessenten von aussen gewillt sind, den Top-Posten zu übernehmen.

Margelischs offizielles CV (siehe unten) ist extrem kurz gehalten und lässt auf Anhieb nicht darauf schliessen, dass er die vielen Qualitäten besitzt, die sich die Bankiervereinigung bei der Neubesetzung des Postens erhofft hatte.

Keine Verständigungsschwierigkeiten

Immerhin kennt er aber «den Laden» und die Dossiers bestens. Den Auftritt nach aussen dürfte oder wird er wohl ohnehin Patrick Odier überlassen. Immerhin gibt es zwischen den beiden französisch sprechenden Branchenvertretern grundsätzlich keine Verständigungsschwierigkeiten.


Claude-Alain Margelisch wurde 1963 geboren und ist Jurist. Nach Abschluss seines Rechtsstudiums an der Universität Bern erlangte er das Advokatur- und Notariatspatent und arbeitete bis 1993 in einer Rechtskanzlei. Seit 1993 ist er für die Schweizerische Bankiervereinigung tätig und bekleidet heute den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden der Geschäftsleitung. Er ist verantwortlich für den Bereich internationale Finanzmärkte. Am diesjährigen Bankiertag im September wird er den CEO-Posten übernehmen.

 

 

 

 

 

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