Mirabaud-Gesellschafter Thiago Frazao will mit Family-Office-Services den Grossbanken Konkurrenz machen, wie er im Interview mit finews.ch erklärt. Für das Lateinamerika-Geschäft sucht er weitere Teams – oder Joint-Ventures.


Herr Frazao, Sie sind seit Beginn dieses Jahres Kommanditgesellschafter der Privatbank Mirabaud. Das geschieht zu einem noch relativ frühen Zeitpunkt Ihrer Karriere als Banker. Was hat sich für Sie verändert?

Innerhalb von Mirabaud herrscht eine ausgeprägte Kultur der Meritokratie. Das bedeutet, dass auch Banker jüngerer Generationen eine solche Chance erhalten können. Eine Voraussetzung für den Eintritt in die Partnerschaft ist sicherlich, dass die individuelle Ausrichtung eines Gesellschafters mit derjenigen der übrigen Partner überein stimmt.

Wenn man als Person bereit und entschlossen ist, zusammen mit der Bank zu wachsen, ist die Partnerschaft für alle Beteiligten eine sehr gute Lösung.

Was sind Ihre Verdienste für Mirabaud?

Ich bin seit 2011 für Mirabaud tätig und war einer der ersten innerhalb der Bank, die den lateinamerikanischen Markt bearbeitet haben. Mirabaud wollte dafür explizit eine brasilianisch-stämmige Person, die diesen spezifischen Markt kennt.

«Das alles ist das Ergebnis einer langjährigen Aufbauarbeit in Lateinamerika»

Das Ergebnis dieser bald achtjährigen Arbeit ist sicherlich positiv für alle Beteiligten: für die Kunden, die Bank und auch für mich.

Ihre Ernennung zum Kommanditgesellschafter fiel mit einigen strategischen Entscheidungen in Lateinamerika zusammen.

Ja, wir kauften in Brasilien den Asset Manager Galloway und engagierten ein Team von Lateinamerika-Kundenberatern, die von Uruguay aus vor allem den argentinischen Markt bearbeiten. Und in Uruguay erhielten wir zwei Lizenzen, eine für On-Shore- und eine für Offshore-Banking. Das alles ist das Ergebnis einer langjährigen Aufbauarbeit in Lateinamerika.

Das Team, das Sie von Julius Bär abgeworben haben, auch?

Dabei handelt es sich um sehr erfahrene Berater, die im Conosur-Markt (Argentinien, Uruguay und Chile) seit 20 Jahren tätig sind; drei Personen davon sind in Zürich und zwei in Montevideo. Wir haben über acht Monate lang Gespräche geführt, bevor diese Leute zum Wechsel zu Mirabaud bereit waren.

«Ich denke, wir haben nun zwei Ziele erreicht»

Wir haben uns sehr um sie bemüht, aber die Erfahrung, die sie mitbringen, war es wert. Auch mit Galloway dauerten die Gespräche über ein Jahr, bis wir eine Einigung erzielen konnten. Dass dies fast zu gleicher Zeit geschah, ist eher ein Zufall.

Es heisst, das Team verwaltete bei Julius Bär noch ein Buch von rund 700 Millionen Dollar. Wieviele Kunden konnten gehalten werden?

Wir kommentieren Zahlen in der Regel nicht, aber wir liegen über unseren Erwartungen. 

Verfügt Mirabaud nun über die kritische Grösse, um in Lateinamerika – oder zumindest in einigen Ländern dort – zu bestehen?

Ich denke, wir haben nun zwei Ziele erreicht. Zum einen hat Mirabaud gegenüber lateinamerikanischen Kunden ein gewisses Mass an Visibilität erlangt. Es ist unser Grundprinzip, dass wir nahe an unseren Kunden sein wollen, um eine enge Beziehung aufbauen zu können.

«Für viele Argentinier macht es Sinn, ihre Vermögen zu diversifizieren und bei einer ausländischen Bank anzulegen»

Das zweite Ziel, das wir erreicht haben, ist Glaubwürdigkeit. Dabei meine ich Expertise und Know-how. Das Team von Galloway ist eines der besten im Bereich Emerging-Market-Fixed-Income mit einem hervorragenden Track-Record.

Mirabaud betreut das festverzinsliche Geschäft zwar von London aus, doch die Tatsache, dass wir ein Büro in Sao Paulo haben, ist für lokale institutionelle Kunden ein grosser Pluspunkt.

Argentinien ist seit Jahren wirtschaftlich nicht sonderlich stabil. Profitiert Mirabaud davon, indem Argentinier ihre Vermögen expatriieren?

Angesichts der gegenwärtigen Situation mit steigender Inflation macht es für viele Argentinier Sinn, ihre Vermögen zu diversifizieren und möglicherweise bei einer ausländischen Bank anzulegen. Das ist aber keine Momentaufnahme.

«Meine Partner ziehen mich gerne auf»

Argentinien durchschreitet schon länger immer wieder Phasen mit hoher wirtschaftlicher und politischer Instabilität. Und solche «Boom»- und «Bust»-Perioden ziehen sich eigentlich durch die gesamte jüngere Geschichte Lateinamerikas.

Gibt es darum auch Märkte in Lateinamerika, von denen Sie die Finger lassen?

Allgemein gesagt: Wir bedienen keine Märkte, über die wir nicht genügend Know-how haben. Unser Fokus liegt darum auf Argentinien und dem Conosur, Mexiko und Brasilien.

Diese Märkte bedienen Sie aus Uruguay, Zürich, Genf und Madrid – abgesehen vom Asset-Management-Standort in Sao Paolo. Wollen sie nicht weitere Onshore-Präsenzen?

Meine Partner ziehen mich gerne damit auf, dass ich am liebsten einen Standort nach dem anderen eröffnen möchte.

Stimmt das?

Das stimmt insofern, als dass ich überzeugt davon bin, dass im Wealth Management die Nähe zum Kunden enorm wichtig ist. Zurzeit ist aber nichts geplant. Wir sind mit den neuen Standorten in Sao Paulo und Montevideo und deren Etablierung ausreichend beschäftigt. 

Mirabaud ist bei weitem nicht die einzige Schweizer Privatbank, die in Lateinamerika ausbaut. Sind in dem Markt die Opportunitäten tatsächlich so gross, oder ist der Wettbewerb so schwach?

Es wäre wohl sehr arrogant und vermessen zu sagen, dass dort der Wettbewerb nicht spielt. Beispiel Brasilien: Dort ist die Bankenlandschaft bereits stark konsolidiert und es gibt noch vier oder fünf lokale starke Player.

«Es gibt eine Nische für Häuser wie Mirabaud»

Zudem herrscht ein reger Wettbewerb unter kleineren Finanz- und Vermögensverwaltungs-Boutiquen. Und stark präsent sind auch die grossen US-Banken mit lokalen Teams.

Wie kann sich Mirabaud da behaupten?

Es gibt eine Nische für Häuser wie Mirabaud: Die Bank ist unternehmerisch geführt, ist auch von der Struktur her stark auf die Interessen der Kunden ausgerichtet, verfolgt das Prinzip einer offenen Produkte-Architektur und bietet deutlich mehr als klassisches Portfoliomanagement an.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.33%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.87%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.4%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.62%
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