Der Doyen der Vermögensverwalter, Christoph Grüebler, verfolgt nicht erst seit der Finanzkrise eine konservative und wertorientierte Anlagepolitik.

Herr Grüebler, Sie bezeichnen sich als sehr risikobewusste Stock-Picker. Wie schlägt sich das in der Anlagepraxis nieder?

Eine optimale Auswahl der Anlageinstrumente ist für uns von grosser Bedeutung. Wir legen Wert auf  direkte Anlagen in Anleihen, Aktien, börsenkotierten ETF’s sowie Edelmetall- und Rohstoffpositionen. Unsere Kunden müssen wissen, wo, wie und zu welchen Kosten ihre Gelder letzten Endes investiert sind.

Bei Aktien berücksichtigen wir im Sinne einer Risikobegrenzung vor allem Titel mit tiefer Bewertung – Kurs/Gewinnverhältnis um 10, und hoher Dividendenrendite von 3 bis 5 Prozent.  Die bevorzugten Unternehmen zeichnen sich durch eine solide Finanzierung  und eine nachhaltige Umsatz- und Gewinnentwicklung aus. Dank einer starken Verfassung vieler Schwellenländer beinhalten heute auch zahlreiche Standardwerte von Ländern wie China, Südkorea und Brasilien längerfristig eine ausgesprochen günstige Chancen-/Risikorelation.


«Titelselektion rückt etwas in den Hintergrund»

Vor einem Jahr sagten Sie finews.ch: «Indexierte und indexnahe Anlageprodukte über ETF ermöglichen nicht nur eine breitere Risikostreuung, sondern haben in der gegenwärtigen Krisensituation bessere Ergebnisse gebracht, als die meisten aktiv, mittels Stock-Picking verwalteten Portefeuilles.».  Plädieren Sie nun für aktive oder für passive Anlagen?

Da heute vornehmlich makroökonomische Trends, wie Verschuldungssituation,    Wachstumsunterschiede zwischen Industrie- und Schwellenländern, Inflation Zinsen, Notenbankpolitik und Finanzgebaren der Regierungen  Tendenz bestimmend sind, tritt die Frage der Titelauswahl vielfach etwas in den Hintergrund. Ausgewählte ETF mit grosser Titeldiversifikation  und Fokussierung auf einzelne Regionen und Branchen bieten gegenwärtig einen attraktiven und äusserst kostengünstigen Weg zum Anlageerfolg.

Institutionelles Kapital fliesst noch immer stark in Big Caps und ETF. Gilt das auch für die privaten Kunden von Grüebler Vermögensverwaltung?

Das Bedürfnis einer Optimierung des Anlageertrages einerseits und eine realistische Berücksichtigung des Anlagerisikos im Falle erneuter Krisensituationen anderseits bleiben sowohl für unsere institutionellen Kunden als auch für unsere privaten Klienten vorrangig.

Richtig ausgewählte, transparente und börsengehandelte Werte wie Aktien internationaler Konzerne und ETF’s kommen grundsätzlich für alle Kunden in Betracht. Naturgemäss werden aber Asset-Allocation und Währungsdiversifikation eines Portefeuilles unter Berücksichtigung des Risikoprofils des einzelnen Kunden individuell von uns festgelegt.


«Neue Krise?»

Sie waren vor Jahresfrist skeptisch gegenüber den Titeln der Finanzbranche – vor allem weil Sie die Notwendigkeit von massiven Abschreibungen der Bankinstitute befürchteten . Es ist anders gekommen.  Wie ist Ihre Position gegenüber Versicherungs- und Bankaktien heute?

Unsere seit längerer Zeit gehegte Vorsicht gegenüber Finanztiteln erscheint uns weiterhin angebracht. In der Vergangenheit haben Finanztitel wesentlich geringere Anlageerträge als viele Blue-Chip Werte anderer soliderer Branchen erbracht. Die meisten Banken und Versicherungen hängen weiterhin in der einen oder anderen Form am Tropf der Notenbanken und der Regierungen.

Liquiditätsschwemme zum Null-Tarif und Übernahme notleidender Anleihen durch die Notenbanken sowie die Ermöglichung zweifelhafter Bilanzierungsmethoden für angeschlagene Bankaktiven sind massgebend verantwortlich für die gegenwärtig verbesserte Ertragslage der Banken.

Ein Ende dieser ordnungspolitisch bedenklichen Stützungsmassnahmen und eine Rückkehr zur marktwirtschaftlichen Normalität wird für längere Zeit nicht möglich sein, da die wirklichen Ursachen der Finanzkrise nicht einmal ansatzweise  behoben sind. Vor allem bei schwächerem Wirtschaftswachstum wird vielleicht schon nächstes Jahr eine erneute Krise die Finanzbranche erfassen.

Ähnlich äusserte sich in einem Interview heute auch Niklaus Blattner, ehemals Vizepräsident der National Bank: «Es werden neue Krisen kommen. Sie werden anders gelagert sein, andere Ursachen haben. Die Bedrohung kann aber ähnlich gross werden wie im Falle UBS.»


«Gold bleibt attraktiv»

Sie gehen in Ihren neusten Anlageperspektiven von weiterhin steigenden Edelmetall-Preisen aus. Wie spielen Sie diesen Trend?

Eine anhaltende Verunsicherung wird die Goldnachfrage von Privaten wie auch von Staaten und Notenbanken, vor allem aus den finanzstarken Schwellenländern, weiter antreiben. Das Angebot an Gold ist demgegenüber relativ unelastisch. Die Tatsache, dass Gold in den vergangenen zehn Jahren einen wesentlich besseren Anlageerfolg auch in Schweizerfranken erbrachte als die Mehrzahl der Aktien, dürfte ihre Gültigkeit auch über die kommenden Jahre beibehalten.


«Kursgewinne in Euro-Aktien machen Euro-Schwäche wett»


Von festverzinslichen Anlagen in Euro raten Sie ab, obwohl Sie Obligationen an sich als Portefeuillestabilisatoren schätzen? Was dann? Und warum raten Sie wegen Ihrer Skepsis gegenüber dem Euro nicht auch von Aktienanlagen in Euro ab?

In der Tat, wir bleiben äusserst skeptisch gegenüber dem Euro eingestellt. Der vor zehn Jahren politisch erzwungene Euro als Verbund äusserst unterschiedlicher Länder mit teilweise unüberbrückbaren kulturellen und ökonomischen Divergenzen, weist grundlegende Strukturschwächen auf. Dies muss  längerfristig zu weiteren Abschwächungen gegenüber dem in jeder Beziehung solideren Schweizer Franken führen.

Wir zählen dennoch in beschränktem Umfang auf Euro-Aktien. Vor allem bei europäischen Titeln exportorientierter Unternehmen könnte die Euroschwäche internationale Kostenvorteile ermöglichen, die zu einer überdurchschnittlichen Umsatz- und Gewinnentwicklung führen werden. Die daraus resultierenden Kurssteigerungen dürften wesentlich über den währungsmässigen Verlusten liegen.

Sie empfehlen eine ausgewogene Anlagestrategie, die Akzente sowohl auf Festverszinsliche als auch auf Aktien, Gold und Rohstoffe setzt. Wie setzt man gleichzeitig Akzente auf vier Bereiche?

Unsere aktuelle Anlagepolitik versucht den gegenwärtigen ausserordentlichen Verhältnissen an den Finanzmärkten bestmöglich Rechnung zu tragen. Sie  beinhaltet folgende Asset-Allocation: Akzent auf  festverzinslichen Anlagen mit Laufzeiten bis zu fünf Jahren: Anleihen erster Bonität von wenigen finanzstarken Staaten wie Schweiz, Deutschland, Holland, Norwegen und soliden Unternehmen inklusive Cash mit einenm Portefeuilleanteil von 40 bis 50 Prozent.

Anlagen in gut rentierenden Standardaktien Europas, der USA und vermehrt in stärker wachsenden Entwicklungsländern, ETF mit Aktiencharakter; ergänzende Positionen in Rohstoff- und Goldminenaktien im Umfang von 35 bis 40 Prozent. Und schliesslich direkte Anlagen in Gold und eventuell anderen Rohstoffen über ETF im Umfang von 10 bis 15 Prozent.

Sind die Anleger durch die Finanzkrise skeptischer gegenüber strukturierten Produkten geworden. Und bleiben Sie es oder obsiegt das Marketing der Produzenten dieser Produkte?

Wir bleiben unverändert skeptisch gegenüber vielen durch Banken und zahlreiche Finanzboutiquen vermarkteten hauseigenen Produkten. Hedge Funds und strukturierte Produkte finden nur selten Verwendung, weil sich ihre Wirkung kostengünstiger über eine kluge Vermögensstrukturierung erzielen lässt.

Solche Produkte sind in der Regel intransparent und kostspielig. Sie vermögen grosse Risiken, entgegen aller Versprechungen, keineswegs abzusichern – wie die Finanzkrise gezeigt hat. Da sie hohe Gebühreneinnahmen ermöglichen, werden sie von Banken dennoch empfohlen.


«Weiterhin viel Cash und Gold»

Viele Investoren bestehen auf höheren Cash-Positionen als den Banken und Vermögensverwaltern lieb ist – nicht der Portefeuilleperformance wegen allerdings. Wie halten Sie es mit Cash?

Weil wir früher oder später erneute Turbulenzen mit spürbaren Auswirkungen auf das Kursgeschehen erwarten, ziehen wir einen relativ hohen Anteil an Cash und insbesondere auch an Gold und eventuell anderen Edelmetallen vor. Die Höhe der Cash- und Edelmetall-Quoten hängt von der individuellen Risikobereitschaft des einzelnen Klienten ab.


Christoph.Gruebler.quadratDie Grüebler Vermögensverwaltung betreut seit 30 Jahren Wertschriftenportefeuilles vermögender Privatpersonen und institutioneller Anleger aus dem In- und Ausland. Die verwalteten Vermögen betragen rund eine Milliarde Franken.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.36%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.86%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.33%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
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