Martin Ebner – Geschäftlich ist der schillernde Financier längst wieder rehabilitiert. Nun spricht er erstmals über seine Nachfolger bei der BZ Bank.

Martin_EbnerManche Menschen bauen sich irgendwann ein Haus. Die einen früher, die anderen später. Martin Ebner (Bild  links) tut es mit 65 Jahren wieder. Sein bisheriges Haus im ländlichen Wilen SZ, neben dem der Sitz seiner BZ Bank liegt, liess er vor einigen Monaten abreissen. Nun baut er neu. Das kommt günstiger.

«Es wird nichts Pompöses», versichert der Schwyzer Financier. Bloss geräumiger und wieder im Backsteinstil wie die umliegenden Häuser. Der Einzug ist für Mai oder Juni 2011 geplant, wie die «Handelszeitung» in ihrer neusten Ausgabe schreibt.

Neben dem Erreichen des Pensionsalters im August kann Ebner heuer noch ein zweites Jubiläum feiern: Vor einem Vierteljahrhundert machte sich das frühere Geschäftsleitungsmitglied der Bank Vontobel selbstständig und eröffnete an der Zürcher Storchengasse 7 eine «Boutique». Ein kleines Institut, das die hiesige Finanzbranche revolutionieren sollte.

Vom Flachmaler zum Kunstmaler

Die Geschichte der BZ Bank – BZ steht für Bank Zürich – wäre kaum so schillernd, hätte Ebner in diesen 25 Jahren nicht alle nur erdenklichen Höhen und Tiefen durchgemacht: Vom ambitionierten Banker zum milliardenschweren Gestalter und Insider der Wirtschaft. Oder vom erklärten Feindbild einer breiten Öffentlichkeit hin zum Beinahe-Bankrotteur, der aus eigener Kraft ein unvermutetes Comeback als Unternehmer schafft, als Investor und Airline-Boss.

Für Ebner, 65, schliesst sich ein Kreis. «Ich blicke mit Genugtuung auf die letzten 25 Jahre zurück und bin stolz, dass bei der BZ Bank gut nie gut genug war. Unsere Kultur verlangte mindestens den Sprung vom Flachmaler zum Kunstmaler», sinniert der Financier.

Manchmal so radikal wie früher

Die BZ Bank mit ihren zwei Dutzend Mitarbeitern wirtschaftet tatsächlich erfolgreich. Das laufende Jahr wird noch besser als 2009. Die BZ-Fonds erzielen überdurchschnittliche Renditen, Ebners Investments florieren. Geschäftlich ist er rehabilitiert. Doch was kommt jetzt?

Ralph_Stadler«Es ist nicht ausgeschlossen, dass er seine Beteiligung an der Bank abbaut», heisst es aus seiner Entourage. Derzeit halten Ebner und seine Ehefrau Rosmarie noch 60 Prozent der Aktien. Aus dem operativen Geschäft habe er sich seit einiger Zeit zurückgezogen, ergänzt Ralph Stadler (Bild links), seit bald 18 Jahren Ebners rechte Hand.

Heute beschäftigt sich Ebner vor allem mit gesellschaftlichen Fragen. Bisweilen mit der selben Radikalität wie früher: «Im Bildungswesen sollten Lehrpersonen und Theologen ein mindestens zweijähriges Ökonomiestudium bestehen müssen», findet er. Oder: «Die aktuelle Rentendiskussion kann nur vor dem Hintergrund eines überzogenen Sozialstaates verstanden werden. Losgelöst davon lässt die heutige Vielfalt von Beschäftigungsmöglichkeiten ein Pensionsalter von 65 Jahren als antiquiert erscheinen.»

Regelmässig am «Gipfeli-Appell»

Nils_EngelUnd so nimmt Ebner immer noch regelmässig am täglichen «Gipfeli-Appell» um Punkt 8 Uhr morgens teil, im lichtdurchfluteten Hauptgebäude der BZ Bank an einem nachgebauten Börsenring. Doch die Leitung haben andere – seit 18 Monaten stehen zwei Personen im Vordergrund: Der Neuenburger Nils Engel (Bild links) als Chef der BZ Bank und der Amerikaner Joseph «Joe» Manko (Bild links unten) als Leiter der BZ Fund Management.

«Martin Ebner bleibt unser Sparring-Partner», sagt der 37-jährige Engel im Gespräch. Seine Erfahrung und sein Beziehungsnetz seien überaus wertvoll bei der Beurteilung neuer Investmentideen. Manchmal nimmt auch noch der 69-jährige Kurt Schiltknecht an den Morgensitzungen teil.

Von London nach Wilen

Die geldpolitischen Einschätzungen des langjährigen Weggefährten Ebners und früheren Ökonomen der Schweizerischen Nationalbank haben in der aktuell heiklen Weltlage besonderes Gewicht. Doch auch er zieht sich allmählich zurück, schreibt lieber Bücher und Essays, geht auf Reisen – so wie Martin Ebner an Bord seiner Airline Helvetic Airways.

Joseph_Manko_2Die Jungen sollen übernehmen. Joe Manko sagt: «Als ich das erste Mal in Pfäffikon SZ aus dem Zug stieg, hätte ich mir nie vorstellen können, hier einmal zu arbeiten», erinnert sich der 45-Jährige.

Das war 2005. Zuvor hatte der gesprächige Investmentbanker in New York, Hongkong und London im Sold von Merrill Lynch und der Deutschen Bank gestanden.

Mit Ebner kam er auf dessen Tiefpunkt in Kontakt, als der Schweizer seine Aktienpakete veräussern musste. «Selbst da», so Manko, «war Martin Ebner ein in jeder Hinsicht professioneller und verlässlicher Geschäftspartner.» Noch etwas fiel Manko auf: Ebners Passion für langfristige Investments in unterbewertete Firmen.

Einem Investmentbanker, dessen Tun vor allem darin besteht, mit schnellen Deals hohe Kommissionen zu generieren, mag dies wie eine Offenbarung vorgekommen sein. Jedenfalls gab Ebners Ansatz den Ausschlag, dass sich Manko mit seiner Familie in der Schweiz niederliess und fortan in Wilen bei Wollerau statt in London zur Arbeit ging.

Ganz nach Ebners Motto

Seit letztem Jahr verantwortet er die drei BZ Fonds mit einem Gesamtvolumen von 220 Millionen Franken. Das Augenmerk liegt auf Infrastruktur- und Versorgungsfirmen, wie Flughäfen, Bahnen oder Wasserkraftwerke, sowie auf der Landwirtschaft im weitesten Sinn, also auf Düngemittel- oder Traktorenherstellern. Statt wie früher in Banken investiert man heute bei Ebners in Bauern.

Mit dem dritten Fonds spürt Manko getreu Ebners Ansatz unterbewertete Firmen auf. Mit dieser Absicht ging der Financier bereits vor 25 Jahren an den Start und sorgte landesweit für Aufsehen, als er sich mit der Schweizerischen Bankgesellschaft anlegte. Ebners Vorwurf an die «Gesellen»: Die Bank sei träge, horte zu viel Kapital, während der Verwaltungsrat keine klare Zuweisung der Verantwortlichkeit zulasse.

Waterloo und Neustart

Der Rest ist Geschichte: Ebner geriet zum Messias des Volks-Kapitalismus und scheiterte am unerwartet standhaften Wirtschafts-Establishment, das ihn zum Parvenu abstempelte. «Wir waren zu früh. Da nützen selbst die besten Ideen nichts», so Ebner. Heute sind die meisten Forderungen im Aktienrecht und in den regulatorischen Bestimmungen für Publikumsgesellschaften umgesetzt.

Es gab weitere Gründe, die zum Waterloo führten: Mit seinen Investments operierte der Financier gleichzeitig als Anleger, Bankier, Verwaltungsrat und somit als Insider im Markt. Damit setzte er sich nicht nur Interessenkonflikten aus, sondern auch einer zunehmenden Unbeweglichkeit an der Börse. Als diese ins Bodenlose stürzte, war es um ihn geschehen.

Mitte 2002 hatte Ebner offene Verbindlichkeiten von sechs Milliarden. Über ein Schuldenmoratorium mit den Gläubigerbanken trennte er sich von seinen Beteiligungen. Der verbliebene Verlust wird schliesslich mittels einer «Überbrückungsfinanzierung» getilgt. Ob sein langjähriger Freund Christoph Blocher dahintersteckt, hat Ebner nie verraten.

Ski-Weekends für die Mitarbeiter

Dann, 2003, der Neustart: Ebner steigt bei Forbo, Unique und Converium ein und lanciert einen Aktienfonds. Die BZ Bank schrumpft zu einem schlanken Institut, das reichen Kunden aus der Schweiz (70 Prozent), aus Norditalien (15 Prozent) und Skandinavien (15 Prozent) ausgesuchte Investments bietet.

Als Ebner 2006 seinen Neffen Manuel zum Chef der Bank ernennt, sehen manche darin den Rückzug. Doch der Ex-McKinsey-Berater bewährt sich im Tagesgeschäft nicht. 2009 verlässt er die Firma. Nils Engel, nach neun Jahren Analyse bei der BZ, übernimmt.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere liess Ebner gerne das Eröffnungsmotiv aus Beethovens 5. Symphonie durchs Büro schmettern und servierte seinen Leuten geräucherten Lachs. Heute veranstaltet er Ski-Weekends fürs Personal und deren Familien. Vieles spricht dafür, dass der kinderlose Ebner sein Imperium der Belegschaft dereinst ganz überträgt, so, wie er das bei den Töchtern OZ Holding und Avaloq bereits getan hat.

Ebners Waterloo und Neustart

Heute strahlt Ebners BZ eine unvermutete Subtilität aus, selbst wenn Engel versichert: «An der Philosophie ändert sich nichts.» Trotzdem: Statt in schwere Blue Chips investiert sie heute in mittelgrosse Unternehmen wie Galenica, Mobilezone und Myriad. Banken gelten als Black Box, von der man lieber die Finger lässt.

Und während Ebner an seinem Wohnhaus zimmert, schmieden Engel und Manko neue Pläne. Sie wollen weitere Fonds lancieren, die angestammten Geschäftsfelder der Bank ausbauen, auch ausserhalb der Schweiz, und neue Leute an Bord holen. Ihr Gesellenstück? «Wer die Nachfolge antritt, trägt eine grosse Verantwortung», sagt Engel. Eine Verantwortung, die bis in die kleinsten Dinge reicht. «Wenn ich als Letzter das Büro verlasse, lösche ich überall das Licht – wie zu Hause.»


Dieser Artikel wurde erstmals publiziert in der ersten, neu gestalteten Ausgabe der «Handelszeitung» vom 20. Oktober 2010.

 

 

 

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