Trotz Gewinnrückgang und Kurszerfall an der Börse: Die Zürcher Traditionsbank sucht weiter Leute, prüft Akquisitionen und setzt sich hohe Ziele.

«Mit unserem Anstellungsprogramm sind wir nicht fertig. Wir werden weiterhin gute Leute einstellen», sagte Johannes de Gier heute vor den Medien in Zürich. Damit erteilte der CEO der Julius-Bär-Gruppe eine deutliche Absage an alle Spekulationen, wonach es zu einem Radikalum- und abbau kommen werde. Auf zusätzliche gute Leute ist das Unternehmen auch angewiesen, zumal die Bank bis 2011 ihren Netto-Neugeld-Zufluss um jeweils 7 Prozent steigern will. (Das sind die Slides.) 

Auch Übernahmen denkbar

Die Bank wird zwar ihre Kostenbasis anpassen, aber nicht zu Lasten der Ertragsseite, hiess es weiter. Julius Bär wolle weiter wachsen, betonte de Gier, vorsichtiger zwar, aber die Bank wolle gleichzeitig auch die erwartete Welle der Konsolidierung in der Branche aktiv ausnützen. «Wir sind achtsam und schauen uns jedes vernünftige Übernahmeobjekt an», sagte der CEO.

Damit kommt es vorläufig nicht zu einem grösseren Umbau innerhalb der Bank. Nach wie vor ist das Institut überzeugt, mit seinem Namen eine weltweit attraktive Marke zu besitzen, die Kunden wie auch Talente anzieht.

Johannes de Gier

Johannes de Gier bleibt vorläufig auch im Amt, nachdem er im Dezember, nach dem unerwarteten Tod von CEO Alex Widmer, kurzfristig eingesprungen war. «Nichts ist beständig», sagte de Gier, doch er sei erst zwei Monate wieder im Amt. Es sei zu früh, um einen neuerlichen Wechsel vorzunehmen.

Plötzlich grosse Nervosität – Kurszerfall – Whistleblower?

Grosse Nervosität kam heute Morgen auf, nachdem der Kurs der Julius-Bär-Aktie um zeitweilig 40 Prozent eingebrochen war. Offenbar kursierten an der Börse Gerüchte, wonach ein Whistleblower einen anonymen Brief an die Aufsichtsbehörde der Banken (früher EBK, seit 2009: Finma) geschickt habe, in dem von Unregelmässigkeiten bei Julius Bär die Rede sei.

Johannes de Gier wollte das Gerücht zunächst nicht kommentieren, wurde dann aber nach mehrmaligem Nachfragen zusehends nervös. Schliesslich erklärte er, dass man von der Angelegenheit wisse, und es sich dabei um eine unbedeutende Angelegenheit (wörtlich: «a minor matter») handle. Sollte die Person ausfindig gemacht werden, drohe ihr eine hohe Strafe; in manchen Ländern würde sie gar ins Gefängnis kommen («end up in jail»), sagte de Gier sichtlich enerviert und brach schiesslich die Fragerunde ab.  

Am Nachmittag teilte die Bank dann mit, sie habe durch das Falschverhalten eines früheren Händlers im Jahr 2008 einen unrealisierten Buchverlust von fünf Millionen Franken erlitten. Der Händler habe gewisse Nostro-Positionen (Eigenhandelsbestände) nicht entsprechend den Vorschriften verwaltet.

Rekordbeitrag an Neugeld im Private Banking

Das Zürcher Finanzhaus erzielte 2008 einen Konzerngewinn von 852 Millionen Franken, was einem Rückgang von 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Kundenvermögen betrugen per Ende Jahr 338 Milliarden Franken. Sie gingen um knapp 30 Prozent zurück. Insgesamt verzeichnete die Bank einen Netto-Neugeldzufluss von 22 Milliarden Franken, wozu das Private Banking den Rekordbeitrag von 17 Milliarden Franken beisteuerte, während im Asset Management ein Nettoabfluss von 27 Milliarden Franken erfolgte.

Die Mitarbeiterzahl nahm gruppenweit noch um knapp 6 Prozent von 4'099 auf 4'335 Beschäftigte zu, und die Cost-/Income-Ratio betrug 61,6 Prozent gegenüber 56,7 Prozent im Vorjahr. Es wird eine unveränderte Dividende von 0.50 Franken pro Namenaktie vorgeschlagen. Leonhard H. Fischer soll in den Verwaltungsrat gewählt werden, und die Neuausrichtung der Sparte Investment Products wurde bis Jahresende 2008 vollzogen und soll eine verstärkte Kundenorientierung ermöglichen.

Bis 2011 hat sich die Bank Julius Bär als Ziele einen Netto-Neugeld-Zufluss von über 7 Prozent, eine Cost-/Income-Ratio von rund 60 Prozent und eine Vorsteuer-Marge von über 37 Basispunkten gesetzt.

Julius Bär hat derzeit fünf Stellen online ausgeschrieben: drei in Zürich, eine in Frankfurt.

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