Die Investorengruppe, die bei der Privatbank Bellerive für reichlich Neugeld gesorgt hat, wird von einem alt gedienten Finanzexperten angeführt.

Anfang dieses Monats sorgte die Graubünder Kantonalbank (GKB) für Aufsehen, konnte sie doch für das abgelaufene Geschäftsjahr einen überdurchschnittlich hohen Zufluss an Neugeld vermelden.

Insgesamt registrierte das Institut 1,78 Milliarden Franken, was im Vergleich zu 2009, als gerade einmal 180 Millionen Franken zuflossen, enorm viel ist. Offiziell begründeten die Vertreter der GKB dieses Resultat mit der eingeschlagenen Langfriststrategie, räumten aber auch ein, dass besagter «Akquisitionserfolg» vor allem der Privatbank Bellerive in Zürich zu verdanken sei, an der die Bündner eine Mehrheit von 62,7 Prozent halten.

Diskreter Deal

Tatsächlich hat letztes Jahr eine bis dato nicht näher bezeichnete Gruppe von Schweizer Privatinvestoren 25 Prozent an der Privatbank Bellerive übernommen und dabei die Tresore des Hauses mit frischem Kundengeld geäufnet. Wie Recherchen von finews.ch und der «Handelszeitung» nun zeigen, hat der Schweizer Finanz- und Geschäftsmann Rudolf «Rolf» Hänggi diesen Deal eingefädelt.

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Auf Anfrage bestätigte Hänggi, dass er mit einem halben Dutzend Investoren bei der Privatbank Bellerive eingestiegen sei, und dass das reichliche Neugeld von rund drei Dutzend Kunden stamme.

Erfolgreiche Karriere

Der Coup ist bemerkenswert, passt aber zu Hänggis Karriere. Wie kaum eine andere Persönlichkeit in der Schweizer Wirtschaft blickt der heute 68-jährige Jurist mit dem schlohweissen Haar auf eine höchst erfolgreiche Laufbahn zurück.

Sie führte ihn vom Bankwesen (Bankverein, Bankgesellschaft, Basellandschaftliche Kantonalbank) in die Assekuranz (Zürich Versicherungen) und zurück, aber auch steil nach oben in die Aufsichtsgremien bedeutendster Schweizer Konzerne wie Roche und Nestlé.

Nur noch Berater

Auf seine heutige Tätigkeit angesprochen, stapelt Hänggi wie für ihn typisch tief. Er sei in der «Beratung» tätig und habe keine Funktionen mehr inne. Das Understatement kultiviert Hänggi allgemein – was ihm indessen gute Voraussetzungen verleiht, um neue Deals an die Hand zu nehmen.

Eigentlich reicht das Wunder von Chur ins Jahr 1994 zurück. Damals verkaufte Jürg Blass – mangels Nachfolgern in der Familie – die 1925 gegründete Zürcher Privatbank Rüd Blass an die Zürich-Versicherung. Sie erhielt den Zuschlag, weil sie bereit war, das Institut unter dem bestehenden Namen weiterzuführen.

Besorgte Kunden

Hänggi, der zu jener Zeit Finanzchef des Assekuranz-Konzerns war, wurde Verwaltungsratspräsident der Bank Rüd Blass, die ihren Sitz in einer oberen Etage der Schweizer Börse im Zürcher Selnau-Quartier hatte.

Unter Hänggi, der 1996 die Zürich verliess, gedieh die Bank erfreulich, während im Gegenzug der Zürich-Konzern wegen seiner unreflektierten Expansionsstrategie in riesige Schwierigkeiten geriet. Als Konsequenz verkaufte die Zürich ihre Bank.

So fiel Rüd Blass 2003 unter die Fittiche der Deutschen Bank. Die spätere Integration stiess einigen langjährigen Schweizer Kunden sauer auf, wollten sie doch ihr Geld nicht fortan unter deutscher Obhut wissen. Erst recht nicht, als einige Jahre später die Finanzkrise, der Kauf gestohlener Kunden-Daten durch die deutsche Regierung und die Durchlöcherung des Bankgeheimnisses noch mehr Anlass zu Besorgnis gaben.

Ironie der Geschichte

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass auch die Privatbank Bellerive aus einer Nachfolgeregelung erwuchs. Ursprünglich gegründet vom legendären Schweizer Finanz- und Goldexperten Ferdinand Lips, der ebenfalls keine Nachfolger in der Familie fand, übernahm 1998 die Graubündner Kantonalbank das damals noch als Bank Lips firmierende Haus.

In der Folge wurde der Zürcher Brückenkopf der Bündner in Privatbank Bellerive umbenannt. Diese agierte aber mit durchzogenem Erfolg. Nun nicht mehr. «Die Veränderungen im Aktionariat eröffnen das Potenzial für ein Wachstum in unserem Primärmarkt», erklärt Thomas Müller, Sprecher der Graubündner Kantonalbank. «Mit der Beteiligung möchten wir auch die Wachstumsgrenzen unseres Heimmarktes sprengen.»

An den Schaltstellen der Bank

Tatsächlich katapultiert der Einstieg der neuen Investoren Bellerive in eine andere Umlaufbahn: Die verwalteten Kundenvermögen, die früher rund eine Milliarde Franken betrugen, haben sich jetzt schon mehr als verdoppelt.

Zudem haben zwei frühere Rüd-Blass-Führungskräfte an Schaltstellen Platz genommen. Jan Rusca ist Verwaltungsrat und Daniel Wittmer leitet das Private Banking. Er verliess Rüd Blass 2003 und war zuletzt bei der Bank Vontobel tätig.

Rusca und Wittmer gehören ebenfalls zur Investorengruppe. Nachdem die Bank gewisse Abwicklungsprozesse nach Chur ausgelagert hat, beschäftigt sie noch 14 Leute. «Es ist geplant, zusätzliche Kundenberater anzustellen», sagt Müller von der Graubündner Kantonalbank.


Privatbank Bellerive

Die Privatbank Bellerive im Zürcher Seefeld-Quartier verwaltet zwischen zwei und drei Milliarden Franken an Kundenvermögen. Ein Teil dieser Depots stammt von der früheren Deutsche-Bank-Tochter Rüd Blass, wo einige der neuen Investoren vorher tätig waren. Mit einem bewährten Geschäftsmodell, gezielten Direktanlagen und den Abwicklungsressourcen der GKB verspricht sich die Privatbank gute Wachstumschancen.

 

 

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