Der ehemalige CS-Chef Oswald J. Grübel ist in der Branche berühmt-berüchtigt. Was erwartet die UBS-Mitarbeiter?

Es sind verrückte Zeiten, welche die Schweizer Bankbranche durchmacht. Die Ernennung Oswald Grübels zum starken Mann bei der UBS ist dabei eine weitere ganz grosse Überraschung. Dies aus mehreren Gründen: Grübel stand mehr als drei Jahrzehnte lang im Sold der Erzrivalin Credit Suisse; er war im besten Moment in Pension gegangen – nämlich noch vor Ausbruch der Kreditkrise –; finanziell musste er nicht darben, schätzt man doch sein Vermögen auf mehrere hundert Millionen Franken; und last but not least war einfach nicht anzunehmen, dass ausgerechnet dieser alte Haudegen, dieser Trader, zum Retter der führenden Schweizer Grossbank auserkoren werden sollte.

Pekuniäre Zuckerbrote

Grübel ist eine schillernde Figur, ein Mensch mit Charisma, vor dem man durchaus auch Angst haben kann. Das wissen jene Mitarbeiter der Credit Suisse, die vom gebürtigen Deutschen in seinem Büro verbal zusammengestaucht wurden. Oder solche, die von ihm persönlich entlassen respektive freigestellt wurden. Da ging er stets ganz unzimperlich ans Werk.

Aber genauso, wie er mit der Peitsche schwingen konnte, verstand er es auch, mit dem pekuniären Zuckerbrot Leute an sich zu binden. Es ist ein offenes Geheimnis, dass er seine Gefolgsleute immer sehr gut entlöhnte, und dass sich dadurch auch sehr lange Freundschaften entwickelten. So mit Walter Berchtold, Thomas Amstutz, Hansruedi Stadler oder Tobias Guldimann. Verbürgt ist auch, dass nach Grübels Ernennung zum Chef Private Banking im Jahre 1998 das Lohngefüge in Zürich regelrecht nach oben schnellte. Der Grund: Zuvor war der Deutsche in London als Händler im Investmentbanking tätig gewesen – klar, dass er als Chef der Vermögensverwaltung nicht plötzlich untendurch wollte. Bekannt ist auch, dass er, um die Ertragslage in seiner Abteilung zu optimieren, einzelne Produkte vom Investmentbanking ins Private Banking transferierte.

Aus bescheidenen Verhältnissen

Seine menschliche Härte und zeitweilige Schroffheit stösst manche Leute ab, hilft ihm jedoch auch, unpopuläre Massnahmen durchzuziehen und beharrlich zu bleiben. Das ist letztlich ein Grund für seinen Erfolg als Banker. Und: Grübel versteht es auch, sehr charmant, interessiert und humorvoll zu sein.

Trotz seines Reichtums und der langen Zeit in der Chefetage kann man ihm nicht vorwerfen, abgehoben zu haben. Vielleicht mag da seine Herkunft eine Rolle spielen. Er wuchs als Kriegswaise in Ostdeutschland auf, in relativ bescheidenen Verhältnissen, später bei den Grosseltern im Westen und startete dann auf Anraten seines Grossvaters eine Lehre bei der Deutschen Bank in Mannheim.

Für die UBS ist es höchste Zeit, dass ein Chef wie Grübel kommt, weil er noch zu den wenigen Top-Bankern gehört, denen zuzutrauen ist, die arg angeschlagene Grossbank vor dem Untergang retten zu können. Mit seinen Qualitäten hat Grübel durchaus das Zeug, um als «Hayek» der Schweizer Finanzindustrie in die Geschichtsbücher einzugehen, analog zu Nicolas G. Hayek, der einst die Schweizer Uhrenindustrie mit seiner Swatch reanimierte. 

In Gedanken immer an der Börse

Inwieweit es idealistische Motive sind, die Grübel dazu brachten, nochmals ins Berufsleben einzusteigen, ist unklar. Tatsache ist, dass dieser Mann abends beim Einschlafen als Letztes und morgens beim Erwachen als Letztes an die Börse denkt. Wer so lebt, kann tatsächlich nicht in Pension gehen, um nur noch Golf zu spielen. Gleichzeitig dürfte sicher das durchaus gesunde Ego Grübels eine Rolle gespielt haben, dass er sich diesen Herkulesjob antut.

Aus Sicht der UBS wird es mit Grübel zügiger vorwärts gehen; es werden weitere, tief greifende Veränderungen folgen, und manche Top-Leute werden in Ungnade fallen; gerade jene, die in letzter Zeit bloss noch repräsentiert haben, müssen um ihren Sessel fürchten. Und es wird sicher nicht lustiger werden im Hause UBS. Denn der 66-jährige Grübel hat unter der Last der Finanzkrise keine vorrätige Zeit für Sentimentalitäten. Ausserdem wird er alles daran setzen, dass der Aktienkurs möglichst schnell und deutlich steigt.

Den Aktienkurs nach oben geschraubt

Das war bereits früher mit ein Grund gewesen, weshalb Grübel wieder an Bord der Credit Suisse zurückkehrte, nachdem er schon einmal in Pension gegangen war. Doch der rüstige Rentner besass noch so viele Aktien und Aktienoptionen von der kriselnden Credit Suisse, dass er einfach nicht mitansehen konnte, wie sich so sein Vermögen weiter dezimierte. So übernahm Grübel die operativen Geschicke bei der CS und führte den Aktienkurs wieder steil nach oben.

Mit dem früheren CS-Mann Grübel erhält die UBS auch eine Figur, die möglicherweise gewisse Geschäfte der Erzrivalin abtreten kann. Ausserdem hat die Eidgenossenschaft als bedeutende Aktionärin der UBS mit Grübel eine Person, die bei der Konkurrenz wirklich alle wichtigen Leute kennt. Sollte sich also die Situation auf dem Schweizer Finanzplatz noch weiter verdüstern, hat der Bund mit Grübel einen Mann, der in dieser Branche tatsächlich alle und alles kennt.

Von unschätzbarem Wert?

So besehen trifft tatsächlich zu, was die UBS am Donnerstag schrieb: Grübels grosse Erfahrung im Bankgeschäft und seine Führungseigenschaften seien «von unschätzbarem Wert». Die Respektsperson Grübel wird in der Tat nicht um Anerkennung ringen müssen wie sein Vorgänger. Der Haudegen mit Trader-Instinkt wird aber trotzdem nur eine Lösung auf Zeit sein.

Marcel Rohner geht per sofort. Wie es in der Branche heisst, hatte er zuletzt auch intern den Support verloren. Den Chefposten bei der UBS übernahm er Anfang Juli 2007 völlig überraschend, nachdem sein Vorgänger Peter Wuffli kurzerhand gekündigt hatte, weil er als Nachfolger von Marcel Ospel als Verwaltungsratspräsident übergangen worden war.

Zuvor hatte der Aargauer Marcel Rohner fünf Jahre lang das Wealth Management der Bank geleitet, nachdem er Group Chief Risk Officer und Chef der Kontrolle von Marktrisiken gewesen war. Der Druck auf Verwaltungsratspräsident, Peter Kurer, wird nach diesem Paukenschlag temporär nachlassen.

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