In einem Jahr wird es die Marke Clariden Leu nicht mehr geben. Nachstehend die wichtigsten Fakten zum Fahrplan für diese nicht ganz einfache Übung.

Zahlen: Ergebnis hat Entscheid beschleunigt

Schlechte Zahlen im laufenden Jahr haben die Integration der Bank Clariden Leu in die Credit Suisse massgeblich beschleunigt, wie CS-Private-Banking-Chef Hans-Ulrich Meister diese Woche erklärte.

Nachdem er am 1. August 2011 die Leitung im Private Banking des CS-Konzerns übernommen hatte, nahm er sämtliche Bereiche unter die Lupe und erkannte schnell, dass Clariden Leu im heutigen Zustand keine Überlebenschance mehr hat.

Die Bank erzielte im 1. Halbjahr 2011 ein Net Income von 155 Millionen Franken, wobei 59 Millionen Franken aus Immobilienverkäufen resultierten. Im Vergleich: Im Jahr 2010 waren insgesamt 209 Millionen Franken erzielt worden.

Nach den Worten Meister wurde schnell einmal klar, dass das Ergebnis 2011 deutlich schlechter ausfallen würde. Zudem wies Clariden Leu per Mitte 2011 verwaltete Kundenvermögen von noch 94 Milliarden Franken aus – also wieder weniger als das angestrebte Ziel von mehr als 100 Milliarden Franken.

Management: Führung kurzfristig abgesetzt

Mit dem Startschuss zur Integration erhält die Bank Clariden Leu eine neue Führung. Der bisherige CEO Olivier Jaquet wird abgelöst durch den CS-Banker Hanspeter Kurzmeyer, der seit mehr als dreissig Jahren im Sold der CS steht.

Der Verwaltungsrat wird um drei (unabhängige) Mitglieder reduziert, wie finews.ch am Mittwoch berichtete, und neu von Hans-Ulrich Meister präsidiert. Bisher hatte Peter Eckert diese Rolle.

Dem verkleinerten Gremium gehören neben Meister nun noch an: Peter R. Isler, Walter Berchtold sowie Romeo Cerutti.

Wie der «Tages-Anzeiger» am Mittwoch meldete, wurden CEO Jaquet und Präsident Eckert über die Integration nur einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe informiert.

Abbau: Fahrplan in mehrere Etappen

Mit dem Stellenabbau will die Credit Suisse im Januar 2012 beginnen. Der Höhepunkt dürfte im April erreicht sein, so dass bis im August die Übung abgeschlossen ist, wie Hans-Ulrich Meister am vergangenen Dienstag erklärte. Per Ende 2012 wird dann der Name Clariden Leu endgültig in den Geschichtsbüchern verschwinden.

Doppelbesetzungen: Fairplay-Regeln kommen zur Anwendung

Aktuell beschäftigt Clariden Leu 1'770 Personen. Zum Abbau von 130 Stellen, welche Clariden Leu bereits vor wenigen Monaten ankündigte, gesellen sich nun noch 550 Jobs hinzu, die gestrichen werden sollen. Davon sind allerdings nicht nur Clariden-Leu-Leute betroffen.

Da, wo es im Rahmen der Integration zu Doppelbesetzungen kommt, soll gemäss Hans-Ulrich Meister im Sinne von «Fairplay-Regeln», der besser qualifizierte Kandidat den Vorzug erhalten.

Sowohl Meister als auch der neue CEO, Hanspeter Kurzmeyer, wollen diesen Prozess gemäss eigenen Angaben eng begleiten.

Begehrte RMs: Kundenberater vom Abbau verschont

Vom Stellenabbau nicht betroffen sind die 400 Kundenberater (Relationship Manager, RM). Sie sollen allesamt in die Credit Suisse überführt werden, wie Hans-Ulrich Meister diese Woche erklärte. Allerdings ist fraglich, ob alle RMs diesen Schritt auch mitmachen werden.

Überzählige Abteilungen: Hier kommt es zu Härtefällen

Im Gegensatz zu den RMs, die bei der Credit Suisse vollzählig willkommen sind, werden andere Abteilungen von Clariden Leu aufgelöst, weil es bereits ein Pendant bei der CS gibt.

Das gilt insbesondere für folgende Bereiche: Wirtschafts- und Finanzanalyse, Rechtsabteilung, Handel, Abwicklung (Operations), Administration sowie Produktentwicklung (Asset Management).

Hans-Ulrich Meister schliesst denn auch «Härtefälle» nicht aus, wie er Anfang dieser Woche erklärte.

Gebäude: Private Banking der CS profitiert

Die Bank Clariden Leu verfügt über einige repräsentable Gebäude, namentlich an der Zürcher Bahnhofstrasse sowie das Haus Metropol an der Fraumünsterstrasse. Dem Vernehmen nach sollen die prunkvollsten Standorte behalten und als Arbeitsorte und für Repräsentationszwecke im Credit-Suisse-Private-Banking genützt werden.

Andere Gebäulichkeiten in der Schweiz sowie im Ausland werden teilweise aufgegeben. Weltweit verfügt Clariden Leu aktuell über 15 Niederlassungen.

Potenzial: Stärken in Asien und Lateinamerika

Auf internationaler Ebene ist die Bank Clariden Leu in zwei Märkten überdurchschnittlich stark vertreten: Einerseits in Lateinamerika, wo das Unternehmen eine starke «Cross-Border-Franchise» besitzt und rund 25 Prozent der gesamten grenzüberschreitenden Kundendepots der Credit Suisse in dieser Region generiert. Hier besteht offenbar noch Potenzial.

In Asien verzeichnete Clariden Leu in letzter Zeit offenbar einen signifikanten Neugeldzufluss. Die Expertise der dortigen RMs soll mit der Infrastruktur der Credit Suisse vor Ort (Singapur, Hongkong, Japan, Australien) kombiniert werden.

Insurance-Linked-Securities: CS avanciert zur Marktführerin

Seit langem ist die Bank Clariden Leu im Bereich der Insurance-Linked-Securities (ILS) erfolgreich und verwaltet dort ein Volumen von rund 2 Milliarden Franken. Marktführerin in dieser Sparte ist indessen die Credit Suisse mit rund 4 Milliarden Franken.

Mit der Integration von Clariden Leu kann die CS ihren Abstand an der Spitze noch ausbauen. In der Branche fragt man sich allerdings, ob die Kunden, die aus Risikoüberlegungen mehrere Bankbeziehungen für diese Art von Geschäften unterhalten, allesamt der CS treu bleiben werden.

Das eröffnet neue Chancen für kleinere Anbieter.

Alles hat seinen Preis: Kosten und Einsparungen

Die Credit Suisse rechnet gemäss eigenen Angaben mit «tiefen Integrationskosten» von rund 130 Millionen Franken, zumal Clariden Leu bereits auf der IT-Plattform der CS operiert. Die ganze Übung soll jährliche Einsparungen von rund 200 Millionen Franken generieren.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.42%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.17%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.93%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.25%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.23%
pixel