René Marty, CEO der UBS Swiss Financial Advisers, erläutert im Interview mit finews.ch die Erfolgskriterien im Geschäft mit amerikanischen Kunden.

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Die Geschäftseinheit Swiss Financial Advisers (SFA) der UBS untersteht gleichermassen amerikanischem und schweizerischem Recht. Sie betreut seit 2005 von der Schweiz aus steuerehrliche amerikanische Kunden.

Herr Marty, mehrere Schweizer Banken liegen derzeit mit den USA im Steuerstreit. Es ist offen, ob und zu welchem Preis die Schweiz eine Einigung mit den USA erzielen kann. Für die UBS hingegen ist dieses Kapitel seit 2010 abgeschlossen. Verspüren Sie Schadenfreude?

Keinesfalls. Es liegt im Interesse des gesamten Finanzplatzes Schweiz, dass in dieser Frage rasch eine Lösung erzielt werden kann. Als Anfang 2009 feststand, dass UBS aus dem grenzüberschreitenden Geschäft mit US-Kunden aussteigt, wurden die UBS Swiss Financial Advsiers (SFA) als vollständig US-regulierte Einheit zu einer Alternative für steuertransparente US-Kunden.

Sie sagen also, Sie hätten von der Finanzkrise nichts gemerkt?

Wir konnten gleich nach dem Markteintritt der SFA 2005 kräftig wachsen. Während der Finanzkrise 2008 und 2009 ging es langsamer vorwärts. Dieses Jahr werden wir nun wieder solides Wachstum ausweisen. Die Finanzkrise hat aber unser Geschäft durchaus beeinflusst. So bringen die Anleger heute bessere Vorkenntnisse mit, setzen sich aktiv mit den verschiedenen Anlagemöglichkeiten auseinander und sind generell kritischer geworden.

Die SFA ist heute punkto verwaltete Vermögen und Mitarbeiter der grösste Anbieter in der Branche. Warum werden Amerikaner nicht einfach Kunden der UBS in den USA?

Wir sind für amerikanische Kunden eine Alternative zu einem US-Broker, weil wir ein breiteres Investment-Universum anbieten können. Als Finma-lizenzierter Wertschriftenhändler und bei der amerikanischen Börsenaufsicht SEC regulierter Investment Adviser können wir unseren Kunden zudem Differenzierung anbieten, und zwar bezüglich Währung und Standort der Vermögenswerte.


«Multishoring ist ein wachsendes Bedürfnis»


Unsere Kunden sind Private und zunehmend auch Multi Family Offices beziehungsweise Firmen auf der ganzen Welt. Das so genannte «Multishoring» ist ein wachsendes Bedürfnis von Firmen und Privatkunden, die ihre Gelder nach Regionen, Märkten, Anlageklassen und Währungen aufteilen wollen.

Die Diversifikation als Anlageprinzip ist nicht neu, sei es nach Vermögenskategorien oder Buchungsstandorten. Gibt es weitere Anreize für amerikanische Staatsbürger, in der Schweiz anzulegen?

Davon gehe ich aus. Nach unseren Beobachtungen hat die anhaltende Unsicherheit über die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft dazu geführt, dass US-Personen ihr Vermögen vermehrt im Ausland anlegen wollen. Das geringe Vertrauen in die eigenen Banken und die anhaltende Dollarschwäche haben den Wunsch noch verstärkt, Teile des Vermögens ausserhalb des Landes und in anderen Währungen investiert zu haben.


«Sozialkompetenz ist heute ein Muss»


Dabei hilft es, dass die Schweiz nach wie vor ein politisch, rechtlich und währungstechnisch stabiles Umfeld bietet. Dies ist heute mehr denn je ein wichtiger Standortvorteil, den es auch in Zukunft zu pflegen und nutzen gilt.

Welche Voraussetzungen muss ein Kundenberater der UBS SFA mitbringen?

Ein Kundenberater muss den amerikanischen Markt kennen und profunde Kenntnisse der Anlegermentalität mitbringen. Idealerweise hat er ausserdem längere Zeit in den USA gelebt, ist aber gleichzeitig auch mit dem Schweizer Markt vertraut. Umfassende Kenntnisse des angebotenen Anlage-Universums sowie hohe Sozialkompetenz sind heute ein Muss.


«Fatca wird alle Institute in die Pflicht nehmen»


Zusätzlich müssen unsere Kundenberater mit den regulatorischen Rahmenbedingungen von zwei Staaten vertraut sein, die beide für anspruchsvolle Finanzmarktgesetze bekannt sind; das macht die Arbeit besonders komplex, verlangt Disziplin bei der Einhaltung von Prozessen bzw. Vorschriften und stetiges Anpassen an die neuen Gegebenheiten. Es gibt jeweils nicht viele Kandidaten, welche die notwendigen Voraussetzungen dafür mitbringen.

Ab 2013 sollte das US-Regelwerk Foreign Account Tax Compliance Act (Fatca) in Kraft treten. Danach wird eine «US-Person» unabhängig davon, wo sie in der Welt wohnt, durch das entsprechende Finanzinstitut gemeldet. Welche Auswirkungen wird Fatca auf Ihr Geschäft haben?

Fatca wird die Finanzinstitute auf der ganzen Welt in die Pflicht nehmen, der amerikanischen Steuerbehörde IRS die geforderten Unterlagen über in den USA steuerpflichtige Kunden («US-Persons») zu übergeben. Das bedeutet insgesamt einen massiv höheren administrativen Aufwand, der aus Sicht der Finanzinstitute das Geschäft mit US-Personen verteuern wird.


«Wir sind zur Offenlegung verpflichtet»


Wir von UBS SFA erwarten allerdings keine substantiellen Auswirkungen auf das Tagesgeschäft. Denn als so genannter «Qualified Intermediary» haben wir bereits heute mit dem IRS ein Abkommen, das uns – natürlich im Wissen und Einverständnis der Kunden – zur Offenlegung der Kundenbeziehungen verpflichtet.


Ein ausführliches Interview mit René Marty ist erschienen in PRIVATE - Das Geld-Magazin, Ausgabe 6/11.

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