Dass man eine so gute Marke wie Clariden Leu aufgebe, sei eine Schande, sagt Ray Soudah im Interview mit finews.ch.

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Herr Soudah, Clariden Leu wird in die Credit Suisse (CS) einverleibt, Sarasin kommt unter die Fittiche der Safra-Gruppe. Ist die Konsolidierung im Schweizer Private Banking voll im Gang?

Ja, absolut. Im Prinzip steht die ganze Branche zum Verkauf, sofern der passende Preis und die erforderliche Struktur geboten werden. Der Konsolidierungsdruck ist zwar hoch, doch es sind auch allerhand Emotionen im Spiel.

Wie meinen Sie das?

Für viele Banken ist es nach wie vor unklar, wie sie mit unversteuerten Kundengeldern verfahren sollen. Sie müssen befürchten, dafür noch belangt zu werden. Darum blockieren manche Häuser offenbar einen Teil der undeklarierten Kundengelder. So wollen sie Bussen oder Steuern bezahlen. Unter den gegebenen Umständen könnten manche Finanzinstitute noch bis zu 30 Prozent ihrer Depots verlieren. Darum sind viele Institute offen für Kooperationen.

Wie beurteilen Sie die Integration von Clariden Leu?

Es ist eine Schande, diese gute Marke aufzugeben. Diese Einschätzung teilen auch die Börsianer. Die Integration, selbst wenn das Vorgehen nun richtig ist, hat sich bisher in keiner Weise positiv auf den Aktienkurs der Credit Suisse ausgewirkt.

Was lief falsch?

Die Credit Suisse hätte früher noch andere Optionen prüfen müssen, sogar einen Börsengang. Clariden Leu hätte auch eine aktive Rolle im Konsolidierungsprozess einnehmen und mit Hilfe der Credit Suisse Sarasin oder eine andere Bank übernehmen können. Nun gehen die Basler an eine brasilianische Finanzgruppe.

Clariden Leu war doch bloss noch ein Auslaufmodell.

Nein. Clariden Leu hätte man sehr gut nach Asien verkaufen können. Dort stehen Schweizer Marken mit einer Jahrhunderte alten Tradition hoch im Kurs. Ich bin sicher, dass man sich in Asien um diese Bank gerissen hätte, selbst wenn nichts dagegen spricht, auch CS-Kunde zu sein. Trotzdem, mit Clariden Leu hat man eine Marke von unschätzbarem Wert aufgegeben.

Droht die Schweizer Geldbranche ins Hintertreffen zu geraten?

Die Schweiz ist für vermögende Kunden im Ausland immer noch eine gute und stabile Marke. Der Finanzplatz bleibt ein Hub der Vermögensverwaltung, wobei die Satelliten aber wichtiger werden. Die Musik spielt in Asien und in der arabischen Welt. Ich gehe davon aus, dass die Löhne von Kundenberatern in Singapur oder Hongkong schon bald doppelt so hoch sein werden, wie in der Schweiz, wo die Margen künftig sehr viel tiefer sein werden.

Stehen wir erst am Anfang eines grösseren Säuberungsprozesses in der hiesigen Finanzbranche?

Ja, das denke ich, weil sich die Banken in der Vergangenheit dem Wettbewerb kaum stellen mussten. Ihnen floss das Geld einfach zu. Viele Kundenberater waren gar nie richtig gefordert.

Werden die hiesigen Geldhäuser das erforderliche Umdenken schaffen?

Für kleinere Institute mit 1 bis 3 Milliarden Franken an Offshore-Geldern sehe ich schwarz. Sie werden die steigenden Kosten nicht stemmen können. Grössere Häuser mit 10 bis 20 Milliarden Franken können überleben, wenn sich die Krise nicht noch länger hinzieht. Wenn sie nächstes Jahr Verluste schreiben, wird es auch für sie eng.

Und die grossen Banken?

Sie profitieren von Skaleneffekten und ihrem Netzwerk. Wenn sie alles richtig machen, können sie der Kundschaft in die Wachstumsmärkte folgen. Sie geben den Ausschlag, ob das Swiss Private Banking Weltniveau hat.


Ray Soudah zählt zu den vielseitigsten Bankpersönlichkeiten, die aus der Schweiz heraus international tätig sind. Der gebürtige Zypriote absolvierte die Harvard Business School sowie die Cedep, bevor er Anfang der siebziger Jahre eine lange und steile Karriere in der Finanzwelt einschlug. Er hatte diverse leitende Funktionen bei der Citigroup, bei Montagu und bei mehreren anderen Instituten inne.

Von 1998 bis 2000 arbeitete Ray Soudah als Managing Director im Private Banking der UBS. Dort gründete und leitete er das Team für strategische Unternehmensakquisitionen und Entwicklung und war Mitglied des Executive Board der Private-Banking-Sparte. Im Mai 2000 machte sich Ray Soudah selbständig und gründete die Millenium Associates AG, ein Beratungsunternehmen für M&A-Aktivitäten auf globaler Ebene. Dabei konzentriert sich Soudah mit seiner Firma auf Finanzinstitutionen der Private-Banking-, Vermögensverwaltungs- und Finanzbranche.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.29%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
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  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
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  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
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