Die US-Behörden haben die älteste Bank der Schweiz platt gewalzt. Viele Branchenleute erkennen darin ein Fanal für den Schweizer Finanzplatz.

Erwartet hatte man es schon seit geraumer Zeit. Dass nämlich die Schweiz und ihre Banken unter die Räder der sich immer aggressiver gebärdenden US-Justiz geraten würden. Doch niemand hätte gedacht, dass es ausgerechnet die Bank Wegelin treffen würde.

Denn wie kaum ein anderer Bankier trat Konrad Hummler in seiner Funktion als geschäftsführender Teilhaber Wegelin als eine der letzten grossen Instanzen auf dem hiesigen Finanzplatz auf. Davon zeugt nicht zuletzt auch ein inzwischen legendärer Anlagekommentar Nr. 265, in dem er auf Distanz zu den USA ging. Und grundsätzlich galt auch die Bank Wegelin als überaus stabiles und erfolgreiches Institut. Doch das alles genügte offensichtlich nicht gegen die schiere Übermacht der Amerikaner.

Auftakt zum grossen Angriff

Bereits ist es müssig, weiter über den Niedergang der 1741 gegründeten Privatbank zu lamentieren. Tatsache ist, dass die amerikanischen Behörden einen weiteren, wichtigen Etappensieg bei der Vernichtung des Schweizer Bankgeheimnisses errungen haben. Und dabei dürfte es nicht bleiben.

Nach den Worten des ehemaligen UBS-Chefs Oswald Grübel steht dem Schweizer Banken eine schwierige Zukunft bevor: «Das Ende der Bank Wegelin ist der Auftakt zu einem gross angelegten Angriff auf den Schweizer Finanzplatz», sagte Grübel der Zeitung «Der Sonntag» an diesem Wochenende. «Den Amerikanern ist es mit der Wegelin gelungen, einen Präzedenzfall zu schaffen, an dem sich auch die Europäer künftig orientieren werden.»

Ernst der Lage nicht erkannt

Tatsächlich steigt nun der Druck auf die übrigen zehn Banken, die ab 2008 ebenfalls US-Kunden übernommen haben, die der Steuerhinterziehung verdächtigt werden. Für den früheren UBS-Chef hätte die jetzige Eskalation im US-Steuerstreit allerdings vermieden werden können: «Die Finanzmarktaufsicht hat den Ernst der Lage schlicht nicht erkannt», sagt Grübel.

Auch der Zürcher Finanzprofessor Martin Janssen, gleichzeitig auch ein enger Freund Konrad Hummlers, wirft den Schweizer Behörden Versagen vor: «Ein US-Staatsanwalt muss nur mit einer Anklage drohen, und schon geht eine Schweizer Bank unter», sagte er am Wochenende gegenüber der «Sonntagszeitung». Selbstverständlich habe Wegelin Fehler gemacht. «Aber die Schweiz hat dieses Geschäftsmodell mitgetragen», so Janssen.

Begrenzter Rückhalt

Janssen befürchtet nun, dass sich die USA weitere Schweizer Banken vorknöpfen werden. «Ich schliesse nicht aus, dass die USA als Nächstes einer Kantonalbank mit einer Anklage drohen. Jetzt wissen sie, wie einfach es gehen kann.»

Solche Äusserungen lassen darauf schliessen, dass den Banken tatsächlich schwierige Zeiten bevorstehen, zumal auch der Rückhalt aus Bern nur begrenzt ist. So sagte beispielsweise Bundesrätin Doris Leuthard am Wochenende in den Medien, man müsse auch aus Schweizer Sicht anerkennen, dass die (Schweizer) Banken in den USA Fehler gemacht hätten.

Tatenloses Bundesbern

In der Branche stossen derlei Äusserungen in der nunmehr höchst angespannten Situation sauer auf. Man ärgert sich einmal mehr über die masslose Selbstkritik aus Bern. Patrick Odier, Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung, pocht derweil auf eine härtere Gangart gegenüber den USA, wie die «NZZ am Sonntag» berichtete. Der Fall Wegelin zeige «die Dringlichkeit einer Lösung» auf, sagte er.

Allerdings ist nach wie vor offen, wann und in welcher Form die von der Schweiz und den USA angestrebte «Globallösung» zustande kommt. Wenn die Amerikaner mit weiteren Einzelvorstössen à la Wegelin kommen, verschlechtert sich die Situation für die Schweizer weiter. Und solange der Ausdehnung des US-Rechtswesens auf die Schweiz in Bern tatenlos zugesehen werde, werde sich nichts daran ändern, sagt der SVP-Nationalrat und Bankenspezialist Hans Kaufmann.

Kampf ums Bankgeheimnis

Vor diesem Hintergrund sollte Konrad Hummler nicht allzu eilfertig abgeschrieben werden. Denn mit seiner Restbank (Wegelin) kann er sich nun einen Disput mit den USA leisten und dabei versuchen, das Schweizer Bankgeheimnis zu retten – indem er sich weigert, die geforderten Kundendaten auszuliefern, weil er sich auf den Standpunkt stellen kann, nie geltendes Recht als Schweizer Bank hierzulande gebrochen zu haben.

Gelingt ihm dies, würde die ganze Angriffsstrategie der USA in sich zusammenbrechen, und das Schweizer Bankgeheimnis würde eine neue Bedeutung erhalten. Dieses Signal würde auch im Ausland respektive bei ausländischen Kunden sehr wohlwollend aufgenommen werden.

Letzter Widerstand

Der Weg dahin ist natürlich beschwerlich. Doch es dürfte wohl die einzige Möglichkeit sein, grossen Teilen der Politik und auch den Behörden in der Schweiz zu beweisen, dass Widerstand doch auch Sinn manchen könnte.

Das Ende der heutigen Bank Wegelin sei denn auch ein Weckruf an die Schweiz, für ihre Interessen hart und klug zu kämpfen, schreibt auch die «Neue Zürcher Zeitung».

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