Viele Kunden fordern mehr Steuereffizienz und vergeben weniger Mandate für ihre Vermögensverwaltung. Bankier Bernard Droux von Lombard Odier im Gespräch.

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Herr Droux, selbst für die vermeintlich unerschütterlichen Privatbankiers ist das Geschäft schwieriger geworden. Ist Ihr Berufsstand in Gefahr?

Tatsächlich hängen einige Damoklesschwerter über dem Finanzsektor. Wenn unser Berufsstand heute Schwierigkeiten bekundet, dann auf Grund von Leuten, die ihre Risiken nicht richtig einschätzen.

Doch die Privatbankiers waren im Grunde genommen schon immer für ihre Vorsicht bekannt. Dass es heute weniger um Rendite als um Kapitalerhalt geht, kommt uns entgegen. So besehen legt diese Krise auch die Basis für eine erfolgreiche Zukunft.


«Kapitalerhalt wird zum grossen Thema»


Wie sollte die «Bank der Zukunft» denn aussehen?

Die Kunden verlangen heute Steuereffizienz. Das muss sich in der Produktgestaltung niederschlagen. Angesichts der anhaltenden Verschuldungsproblematik in Europa und den USA wird zudem der Kapitalerhalt zum grossen Thema. Gefragt sind langfristige und nachhaltige Lösungen – nicht zuletzt angesichts der wachsenden Inflationssorgen.

Wie äussern sich diese Veränderungen im direkten Kontakt mit der Klientel?

Heute sind viele Kunden genauso gut informiert wie unsere Mitarbeiter. Sie sind weniger bereit, ein Vermögensverwaltungsmandat zu vergeben.


«Wir gehen heute mit dem iPad zum Kunden»


Stattdessen wollen sie Beratung. Dem müssen wir Rechnung tragen und mit Ideen und Lösungsansätzen auf die Kunden zugehen und zwar unter Ausnützung der gesamten Kommunikationspalette.

Ist die typische Privatbanken-Klientel nicht zu alt für neue Kommunikationsmittel?

Nein. Wir haben zwar Kunden, die uns seit fünf Generationen die Treue halten, aber darunter gibt es selbstverständlich auch junge. Aber selbst Leute im fortgeschrittenen Alter haben heute einen Laptop oder ein iPad.

Die Online-Schiene ist kein «nice-to-have», sondern längst unentbehrlich. Wir selber gehen heute mit dem iPad zum Kunden und beraten online.

Mutiert Lombard Odier zu einer Art Swissquote für gehobene Ansprüche?

Nein. Mit unserer Online-Strategie unterstreichen wir unsere Kompetenz und differenzieren uns gegenüber der Konkurrenz. Natürlich favorisieren wir nach wie vor den persönlichen Kontakt, aber die virtuelle Welt ist heute allgegenwärtig.


«Wir sind weiter als andere Privatbanken»


Swissquote entspricht nicht unserem Geschäftsmodell. Wir bieten kein aktives Trading, sondern Online-Beratung und -Research.

Ist Lombard Odier auf diesem Gebiet weiter als andere Privatbanken?

Das würde ich so behaupten. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, zu den führenden Schweizer Banken auf diesem Gebiet zu gehören. Unsere Online-Plattform für unabhängige Vermögensverwalter, E-Merging, ist ein gutes Beispiel dafür.

Auf ihr können sich Interessenten vernetzen und Erfahrungen austauschen, etwa zum Expandieren oder für Nachfolgeregelungen. Sie können auch ihre Fonds präsentieren.

Welche Rolle spielen unabhängige Vermögensverwalter für Lombard Odier?

Die unabhängigen Vermögensverwalter können Trendsetter sein. Sie sind am Puls der Branche und so für uns ein wichtiger Stimmungsbarometer.


«Wir haben ein E-Learning-Tool für Crossboder-Geschäfte


Gleichzeitig stehen ihnen enorme Herausforderungen bevor, angesichts der massiv verschärften Compliance-Vorschriften im grenzüberschreitenden Geschäft. Hier bieten wir mit E-Merging Unterstützung, beispielsweise mit unserem E-Learning-Tool für das Crossborder-Geschäft.

Was muss man sich darunter vorstellen?

Das Ende 2011 aufgeschaltete Tool ist einzigartig in der Branche. Konkret handelt es sich um einen virtuellen Lehrgang, bei dem sich unabhängige Vermögensverwalter mit der Thematik des grenzüberschreitenden Bankgeschäfts befassen und dabei eine anerkannte Zertifizierung erlangen können.


«Hier können wir noch wachsen»


Das Tool ist für Lombard-Odier-Kunden gratis, für andere Interessenten ist es kostenpflichtig (99 Franken).

Welchen Anteil am gesamten Geschäftsmix von Lombard Odier machen die unabhängigen Vermögensverwalter aus?

Etwa 10 Prozent der gesamthaft verwalteten Kundenvermögen, die sich aktuell auf rund 140 Milliarden Franken belaufen. Ich könnte mir vorstellen, dass wir diesen Anteil auf 15 Prozent steigern. Es ist ein Geschäftsbereich der bei uns am Wachsen ist.

Wie sieht Ihre Vision von Lombard Odier in zwanzig Jahren aus?

Lombard Odier sollte dannzumal als Privatbank wahrgenommen werden, die den Wandel und die Veränderungen genutzt hat, um noch besser zu werden. Sie soll eine exklusive Bank bleiben, die aber nicht unnahbar ist. Die nächste Generation soll dereinst sagen können, damals 2012 wurde das gesät, was wir nun ernten.


«Wir wollen Pioniere bleiben»


Wenn man zurückschaut, dann war die Geschichte von Lombard Odier immer eine Wachstumsgeschichte. Wir haben die Eisenbahnen finanziert und grosse Infrastrukturvorhaben. Wir waren Pioniere. Das soll so bleiben.


Bernard_Droux_2Bernard Droux ist einer von insgesamt acht unbeschränkt haftenden Teilhabern der Genfer Privatbank Lombard Odier. Er ist für die Investitionsstrategie der Bank und für den Bereich der unabhängigen Vermögensverwalter verantwortlich. Ausserdem ist er Verwaltungsratspräsident der Anlagefonds der Bank.

Droux stiess 1989 zu Lombard Odier, wo er als Mitglied der Direktion zunächst die Leitung der Abteilung Sales & Trading inne hatte. Im Jahr 2001 wurde er zum geschäftsführenden Teilhaber ernannt.

Der gebürtige Freiburger begann seine Bankkarriere 1970 als Lehrling bei der Schweizerischen Bankgesellschaft (heute: UBS) in Bulle im Kanton Freiburg. Später erwarb er das eidgenössische Diplom eines «dipl. Bankwirtschafters HF» in Bern und arbeitete in der Folge in der Schweiz, in London sowie in New York und übernahm dann die Leitung des Bereichs Sales & Trading bei der UBS in Genf.

Bernard Droux präsidiert zudem die Stiftung Finanzplatz Genf.

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