Ein historisches Bild: Seit der UBS-Fusion hat kein anderes Ereignis in der Schweizer Bankbranche die Gemüter dermassen erhitzt, wie das Ende der Bank Clariden Leu.

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Nun ist es Tatsache (Bild). Ende letzter Woche demontierten Bauarbeiter den Schriftzug der Bank Clariden Leu an der Zürcher Bahnhofstrasse und installierten stattdessen das Emblem der Credit Suisse (CS).

Damit endet ein Stück Schweizer Bankgeschichte, das in seinen Ursprüngen bis ins Jahr 1755 zurückreicht. Im April jenes Jahres war unter der Ägide von Johann Jakob Leu, dem damaligen Säckelmeister und späteren Bürgermeister von Zürich, die Leu et Compagnie entstanden.

Kampf der Kulturen

Recht eigentlich zu reden gab das Konstrukt mit den beiden Namen Clariden und Leu allerdings erst in den letzten fünf Jahren. Anfang 2007 war es denn auch, als die CS den kühnen Plan realisierte, aus ihren fünf Tochterfirmen Bank Leu, Clariden, Hofmann, BGP Banca di Gestione Patrimoniale und CS-Trust eine einzige Einheit zu formen. Der Rest ist Geschichte.

Im Sog der im Sommer 2007 ausgebrochenen Finanzkrise kam das Konstrukt gar nie richtig zum Laufen. Zudem erwies sich die Absicht, die Kulturen der verschiedenen Häuser zu fusionieren, als heilloses Unterfangen in dr Praxis. Was folgte, war ein Kampf der Kulturen.

Glücklose CEOs

Allzu eigenständig war dabei vor allem die Firmenphilosophie der Clariden Bank, die seit je ein unternehmerisches Geschäftsmodell verfolgt hatte, das nun unter den Fittichen der CS und der damit verbundenen schrumpfenden Eigenständigkeit immer weniger zum Tragen kommen konnte.

Schon nach elf Monaten warf der erste CEO der Bank Clariden Leu, Bernard Stalder, das Handtuch. An seiner Statt übernahm der frühere Bank-Leu-Chef Hans Nützi das Zepter. Der Rest ist Geschichte. Auch Nützi hatte kein Goldenes Händchen, sondern musste mitansehen, wie die verwalteten Kundenvermögen unaufhaltsam kleiner wurden. Innert vier Jahren wirtschaftete sich das Management in den Ruin, ohne dass die Credit-Suisse-Führung eingriff.

Wie Schnee an der Frühjahrssonne

Für vermögende Personen machte eine Privatbank keinen Sinn, die nach den Vorgaben und über das System einer Grossbank funktionierte. Die fortgesetzte Finanzkrise sowie der Niedergang des Schweizer Bankgeheimnisses verschärften die Lage zusätzlich.

Die Kundendepots schrumpften wie Schnee an der Frühjahrssonne von ursprünglich 130 Milliarden Franken auf 94 Milliarden. Entsprechend schwand auch die Ertragskraft, und eine Vielzahl guter Mitarbeiter ging von Bord.

Zahlreiche Härtefälle

Seit im Herbst letzten Jahres das Ende der Bank Clariden Leu angekündigt wurde, hat sich manches bewahrheitet, was prophezeit wurde – aber nicht alles. Zwar hat die Integration die Gemüter erhitzt und auch zu zahlreichen Härtefällen geführt. Der CS-Private-Banking-Führung unter Hans-Ulrich Meister, der für diese Übung verantwortlich ist, muss zugute gehalten werden, dass er den Fahrplan eingehalten hat.

Zudem ist es nicht so, dass sämtliche Starbanker des Hauses die Bank verlassen haben, wie das verschiedentlich kolportiert wurde. Offenbar erwiesen sich viele Mitarbeiter als doch zu träge, als dass sie den Sprung in die (riskante) Eigenständigkeit mir nichts dir nichts gewagt hätten.

Massiver Druck vom Mutterhaus

Zugegeben, es kam zu einigen Abgängen, darunter am spektakulärsten sicherlich der Wechsel eines Nahost-Beraterteams zu Julius Bär, und auch im Handel kam es zu personellen Veränderungen, doch gleichzeitig gelang es der CS auch, andere Leute zu halten, darunter zahlreiche Beraterinnen und Berater, die im lateinamerikanischen Markt aktiv sind. Dabei wurde auch klar, dass die CS durchaus hart verhandelt hat und manche Leute zum Teil massiv unter Druck gesetzt hat. Doch so sind heute die Sitten in der Branche.

Natürlich sind weitere Kundengelder abgeflossen in den letzten paar Monaten, umgekehrt hat es die CS geschafft, beispielsweise den Bereich, der für die unabhängigen Vermögensverwalter (EAM) zuständig ist, erfolgreich zu integrieren, und mit dem Verkauf der Abteilung für Insurance-Linked-Investments (ILS) an die liechtensteinische LGT-Group ist der Schweizer Grossbank sogar ein Überraschungscoup gelungen.

Harte Zeiten für Private Banker

Mit dem faktischen Ende des Schweizer Bankgeheimnisses und dem anhaltenden Strukturwandel in der Vermögensverwaltungsbranche dürfte das Kapitel Clariden Leu wohl schneller ad acta gelegt werden, als man sich das bis vor kurzem noch hätte vorstellen können. Zu sehr müssen sich die Private Banker nun auf ihre verbliebenen Ertragsquellen konzentrierten und offen sein für neue Geschäftsmodelle, als dass sie sich noch länger – wie das früher der Fall war – auf die Pflege ihrer Pfründen kaprizieren können.

Mit einer seltenen Zielstrebigkeit hat CS-Manager Hans-Ulrich Meister die Integration von Clariden Leu vollzogen, was ihm zweifelsohne einige Meriten innerhalb des Konzerns eintragen wird und ihn entsprechend auch zu den Top-Anwärtern für eine allfällige Nachfolge von CEO Brady Dougan an der Spitze der CS macht.

Zurück bleibt ein Café

Mit einer erstaunlichen Gelassenheit hat Meister noch vor wenigen Monaten die ganze Übung, die nun rein äusserlich ihren Abschluss findet, erläutert und anschliessend durchgepaukt. Angesichts der Emotionen, die dabei eine nicht unerhebliche Rolle spielten, ist dies eine aussergewöhnliche Leistung. Die technische Integration aller Geschäftstätigkeiten soll bis Ende 2012 abgeschlossen sein.

Ein Gang am gesstrigen Sonntag durch die Stadt Zürich zeigte, dass das Logo von Clariden Leu definitiv von allen Fassagen und aus allen Schaufenstern entfernt worden ist. Bloss das Café Al Leone an der Bahnhofstrasse gemahnt noch an dieses Kapital schweizerischer Bankgeschichte.


 

Und noch ein Souvenir:

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