Das Steuerabkommen hat vom deutschen Bundesrat eine Abfuhr erhalten. Doch noch ist es nicht vorbei. Jessica Wack von Ernst & Young gibt ihre Einschätzung.

Frau Wack, soll man sich die Hoffnung machen, dass der Schlichtungsausschuss dem Abkommen doch noch zum Durchbruch verhelfen könnte?

Ein Durchbruch scheint sowohl politisch als auch im Hinblick auf die wenige verbleibende Zeit unwahrscheinlich. Theoretisch kann der Vermittlungsausschuss die Einigung noch herbeiführen. Die Länder müssen gegen etwas abstimmen, was sie vorher als grundlegend inakzeptabel bezeichnet haben. Zudem wird schwierig für die Schweiz, noch weitere Zugeständnisse zu machen. Die Aussichten, dass das Steuerabkommen wie vorgesehen zum 1. Januar 2013 in Kraft tritt, sind damit auf ein Minimum gesunken.

Was sollen die Schweizer Banken unternehmen?

Die Schweizer Banken müssen die Steuerabkommen mit England und Österreich operativ zum 1. Januar 2013 umsetzen. Sie sollten deshalb zwingend ihrem ursprünglichen Plan folgen und ihre Systeme und Prozesse vorbereiten, um die Abgeltungssteuer ab neuem Jahr berechnen und abführen zu können. Diese Aufgabe stellt eine grosse Herausforderung für die Vielzahl der Banken auf dem Schweizer Bankenplatz dar. 

Der Schwebezustand für Schweizer Banken und ihre Kunden hält an. Was wird passieren?

Es ist durchaus wahrscheinlich, dass es vermehrt zu strafbefreienden Selbstanzeigen deutscher Kunden bei den deutschen Steuerbehörden kommt. Denn der Kunde, der auf die Vergangenheitsbewältigung durch Regularisierung gehofft hatte, muss nun erkennen, dass er für seine steuerlichen Belange selber verantwortlich bleibt.  Er wird sich zwangsläufig die Option einer strafbefreienden Selbstanzeige ausserhalb des Steuerabkommens überlegen. Banken haben ihre Kunden, welche diesen Schritt für die Vergangenheit bereits unternommen haben, entsprechend unterstützt.

Wie lange müssen die Schweizer Banken noch mit weiteren Ankäufen von geklauten Kundendaten und strafrechtlichen Verfahren in Deutschland rechnen?

Die Diskussion um die steuerliche Behandlung von deutschen Kunden und ihre unversteuerten Gelder geht weiter und die Durchführung weiterer strafrechtlicher Verfahren sowie der mögliche Ankauf weiterer Kundendaten in Deutschland kann nicht ausgeschlossen werden.

Wann werden sich die Anfeindungen durch deutsche Politiker totgelaufen haben?

Die haushaltspolitische Situation in den europaischen Ländern ist weiterhin angespannt. Damit bleibt die korrekte Versteuerung von Einkommen auch in Deutschland ein innenpolitisches Thema und wird für den Wahlkampf genutzt.

Ist damit die Idee der Abgeltungssteuer zum Tode verurteilt?

Die Idee der Abgeltungssteuer ist mit der heute getroffenen Entscheidung nicht zum Tode verurteilt. Zum Einen müssen die Ergebnisse des Vermittlungsausschusses abgewartet werden. Zum Anderen haben bereits weitere EU-Länder Interesse an der Einführung einer Abgeltungssteuer zu einem späteren Zeitpunkt bekundet. Die Abgeltungssteuer hat sich somit durchaus als geeignetes Instrument der Abgeltung nicht-versteuerter Gelder bewährt.

Ändert der ablehnende Entscheid des deutschen Bundesrates die Ausgangslage für die Verhandlungen mit Italien und Griechenland?

Solange keine abschliessenden Ergebnisse im Rahmen des Vermittlungsausschusses über das Steuerabkommen zwischen der Schweiz und Deutschland vorliegen, ändert sich die Ausgangslage für die Verhandlungen mit anderen EU-Ländern nicht. Zudem können England und Österreich als positives Beispiel herangezogen werden.


wack_2

Jessica Wack (Bild) ist bei Ernst & Young Beratungsleiterin zum Thema Abgeltungssteuer.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.22%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.78%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.4%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.4%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.2%
pixel