Er war ein Urgestein bei der Credit Suisse, Anfang 2012 schied er aus. Was macht er heute? Was denkt er über die jüngsten Veränderungen bei der Grossbank?

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Der gebürtige Zürcher Urs Dickenmann (Bild) stand insgesamt 26 Jahre im Sold der Credit Suisse (CS). Von der Hesta-Gruppe kommend, wo er in Frankreich für die Luwa gearbeitet hatte, stiess er 1986 zur damaligen Schweizerischen Kreditanstalt (SKA). Dort verantwortete er zahlreiche Funktionen, namentlich im Accounting und Controlling sowie im Firmenkundenbereich, bevor er 1999 ins Private Banking wechselte.

In dieser Sparte brachte er es im Heimmarkt bis ganz nach oben: Anfang 2006 übernahm er die Leitung des Schweizer Private Banking. Firmenintern wie auch extern genoss der frühere Profi-Fussballer vom FC Zürich ein grosses Ansehen, was jedoch nicht verhindern konnte, dass er nach dem Antritt von Schweiz-Chef Hans-Ulrich Meister zusehends in seinem Aktionsradius eingeschränkt wurde.

Vermögensverwaltung gegründet

Zuletzt leitete Dickenmann den Bereich der sehr vermögenden Privatkunden (Key-Clients oder Ultra-High-Net-Worth-Individuals, UHNWI). Für viele Branchenleute kam der Abgang Dickenmanns bei der CS tatsächlich überraschend. Umso mehr war man anschliessend gespannt, wo er wieder auftauchen würde.

Wie finews.ch im letzten Sommer bereits berichtete, meldete sich Dickenmann höchst vielseitig zurück. Unter anderem gründete er die unabhängige, in Zug domizilierte Vermögensverwaltungsgruppe Anrepa Asset Management. Als gleichberechtigter Partner steht ihm dabei der frühere Vontobel-Banker Stefan Buchli zur Seite.

Inspiration in Florenz

Die Idee dafür kam Dickenmann während seines Sabbaticals, konkret in Florenz. «Ich brauchte zunächst vier, fünf Wochen Zeit, bis ich den Kopf leer hatte und offen war für Neues», erinnert er sich im Gespräch mit finews.ch.

Der Firmenname Anrepa steht für die Begriffe «Anlagen», «Real Estate» und «Partizipation». Gemeint sind damit die drei wichtigsten Investmentkategorien, in denen Dickenmann und Buchli ihre Kunden beraten. Beim Anlegen setzen sie konsequent auf sechs Bewertungskriterien (Langfristigkeit, Free-Cashflow, Wachstum, Bilanzbild/Nettoliquidität, Geschäftstätigkeit, die keinen politischen Einflüssen ausgesetzt ist sowie Führungskompetenz/Familienunternehmen).

Megatrends im Visier

Nach diesen Prämissen ist Anrepa in rund 30 Titel investiert – vorwiegend in gut kapitalisierte Aktien von stabilen Unternehmen mit einem gesunden Wachstum, wie Swatch, SGS oder Belimo in der Schweiz, oder Google, Fuchs Petrolub oder John Deere im Ausland. Im Finanzsektor hält Anrepa eine Beteiligung an der amerikanischen Bank Wells Fargo.

Darüber hinaus orientieren sich die beiden Firmengründer in ihrer Anlagestrategie an sieben so genannten Megatrends: Globalisierung, Urbanisierung, Mobilität, Ressourcen/Agrikultur, Demographie/Konsum, mobiles Internet sowie Big Data (Verwaltung und Verwendung von grossen Datenmengen).

Credit Suisse als Depotbank

Noch sei es zu früh, Zahlen zu nennen, erklärt Dickenmann, zumal Anrepa erst vor rund einem halben Jahr gestartet sei. «Wir sind daran, einen Kundenstamm aufzubauen, wobei wir nur deklarierte Vermögen annehmen», sagt der einstige CS-Top-Banker.

Ganz indessen hat er die Verbindungen zu seiner früheren Arbeitgeberin nicht gekappt. Anrepa arbeitet mit der Credit Suisse als Depotbank eng zusammen. «Weil ich weiss, wie sie funktioniert und was sie bietet», sagt Dickenmann.

Fragezeichen hinter CS-Doppelführung

Die jüngste Reorganisation der CS beobachtet er heute von aussen, aber gleichsam mit grösstem Interesse. «Mit der neuen Struktur ist sicherlich einige Komplexität weg. Jede Region hat einen klaren Business-Verantwortlichen», sagt Dickenmann.

Ein Fragezeichen setzt er hingegen hinter die Doppelführung im Bereich Private Banking & Asset Management. «Wer entscheidet über die Strategie im Wealth Management», fragt Dickenmann und bezweifelt, dass dies in der neuen Personalunion von Hans-Ulrich Meister und Robert Shafir erfolgreich geschehen kann.

Einstieg ins Online-Versicherungsbusiness

iNet24_Team_q2Mit der gewonnenen Distanz zur CS hat sich Dickenmann mittlerweile noch anderen Bereichen zugewandt: Zusammen mit den Geschäftspartnern Jürg R. Ernst (im Bild rechts) und Martin Züger (im Bild links) lancierte er vor wenigen Monaten die laut eigener Einschätzung «erste papierlose Autoversicherung in der Schweiz».

Konkret handelt es sich dabei um eine Internetplattform namens «iDirect24.ch», die es Privat- und Firmenkunden ermöglicht, sofort und verbindlich Versicherungsofferten einzuholen und abzuschliessen. Bezahlt wird per Kreditkarte. Via Internet kann der Kunde seine Police im Kundencenter nicht nur online verwalten, sondern alle prämienrelevanten Änderungen eigenhändig vornehmen und Schäden melden.

Spannender Vergleich

«Wir bieten eine überdurchschnittliche Leistung zu sehr günstigen Tarifen», betont Dickenmann und zieht dafür einen Vergleich mit der Konkurrenz bei den zehn in der Schweiz am meisten verkauften Autotypen heran. Konkret: Ohne Rechtsschutz-Versicherung ist «iDirect24.ch» am günstigsten, mit Rechtsschutz in neun von zehn Fällen.

Bei der Autoversicherung arbeitet iDirect24.ch mit der weltweit tätigen Versicherungsgruppe QBE, zusammen. Der Rechtsschutz kommt von der Firma DAS. Innerhalb der nächsten Monate will Dickenmann die Plattform auch auf Englisch und Französisch zur Verfügung stellen.

Ausbaupläne im nächsten Jahr

Hinter der Online-Autoversicherung steht die in Schindellegi SZ domizilierte Firma i-net-insurance AG, bei der Dickenmann als Verwaltungsratspräsident amtet. Ab nächstem Jahr ist ein etappenweiser Ausbau der Plattform geplant – mit weiteren Privatversicherungen, die keine persönliche Beratung erfordern, wie Hausrat- und Privathaftpflichtversicherung, Rechtsschutz, Assistance/Reise, Gebäudehaft/Wasser, Risikoleben, Krankenkasse und Mietkaution.

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