GLG Partners, Teil des britischen Finanzkonzerns Man, lässt einen «Bullen» gegen einen «Bären» antreten, um zu wissen, wie es heuer an der Börse weitergeht. 

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Ben Funnell (im Bild links), Chief Equity Strategist, sowie Jamil Baz (im Bild rechts), Chief Investment Strategist, bei der amerikanischen Firma GLG Partners, kreuzen ihre Klingen.

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Ben Funnell vertritt dabei traditionell die Rolle des Bullen – übrigens ohne dabei die tief verwurzelten und strukturellen Probleme der Weltwirtschaft zu übersehen. Auch geht er davon aus, dass sich diese auf mittlere und langfristige Sicht durchaus an den Aktienmärkten niederschlagen werden.

Belastbares Sicherheitsnetz entstanden

Kurzfristig hingegen müsse dies aber keineswegs der Fall sein. Hierfür spricht aus Sicht des Investmentexperten auch der Umstand, dass innerhalb der Eurozone mittlerweile ein «langsamer aber stetiger Heilungsprozess» eingesetzt habe. So näherten sich seit ein bis zwei Jahren die Lohnstückkosten kontinuierlich an und fielen insbesondere in den weniger wettbewerbsfähigen Ländern wie Spanien, Irland und Griechenland.

Für Deutschland lasse sich hingegen ein moderater Anstieg beobachten. Zugleich hätten die Europäische Zentralbank und ihr Präsident Mario Draghi in mehrfacher Hinsicht zur Beruhigung der Märkte beigetragen. Durch die längerfristigen Refinanzierungsgeschäfte sei ein belastbares «Sicherheitsnetz» unter Dividendentitel gespannt – insbesondere für Bankenwerte. Zugleich seien die Bewertungsmultiplikatoren angefeuert worden, erklärt Funnell.

Unternehmensgewinne auf hohem Niveau

«Aus struktureller Perspektive spricht einiges dafür, dass Unternehmen in den nächsten ein bis zwei Jahren weiter mit einem positiven Umfeld rechnen können» sagt Funnell weiter. Da seien zum einen die in vielen Teilen der entwickelten Welt weiter sinkenden Lohnkosten. Hinzu kämen die niedrigen Zinsen sowie der Umstand, dass auf Grund der hohen Liquidität des Unternehmenssektors auch die Verschuldung weiter falle.

Zugleich dürfte die Politik kaum bereit sein, die Steuern zu erhöhen. In Summe sprächen diese Faktoren dafür, dass sich die Unternehmensgewinne weiter auf hohem Niveau halten, folgert Funnell.

Abschliessend wagt Funnell noch einen taktischnr Blick auf Aktien. Denn gerade europäische Aktien würden angesichts der Schuldenkrise weiter mit einer gewissen Skepsis betrachtet.

Banken mit Abschlag gehandelt

Vergleicht man ihre Bewertungen mit anderen Vermögensklassen, so kommt Ben Funnell zu dem Schluss, dass Rohstoffe nach wie vor teuer und Anleihen – gemessen an ihrer geringen Rendite – sogar sehr teuer seien.

Bei Aktien rechnet Ben Funnell hingegen 2013 mit einer Verzinsung von 4,5 Prozent. Noch deutlicher zeigen sich die Chancen im Finanzsektor, wo Banken im Mittel mit einem Abschlag von 20 Prozent auf ihren Buchwert gehandelt werden.

Für Ben Funnell ist das Fazit somit klar: «Hier liegt eine Menge Wert.»

Verschuldung, Demographie und Überkapazitäten

Jamil Baz hingegen sieht weiter keinen Anlass, seinen skeptischen Blick auf die Aktienmärkte zu ändern. Drei wesentliche Faktoren bestimmen seine Sicht: Die nach wie vor hohe Verschuldung der westlichen Welt, die zunehmende Überalterung in vielen Regionen sowie Überkapazitäten.

Aus Sicht des Experten stehe der Abbau der immensen Verschuldung der Industrienationen nach wie vor erst am Anfang. Fünf Jahre nach Ausbruch der Krise liege das Verhältnis der gesamten privaten und öffentlichen Verschuldung zum Bruttosozialprodukt sogar über dem Stand von 2007.

Massive Rückkoppelungen

Folglich lässt sich aus Jamil Baz' Sicht argumentieren, dass eine Entschuldung bislang noch gar nicht stattgefunden habe. Wenn diese aber komme, sei mit massiven Auswirkungen auf Wirtschaft und Unternehmen zu rechnen.

«Die Geschichte lehrt, dass es zu massiven Rückkoppelungen auf die Realwirtschaft und zu sozialen Effekten kommen kann, sobald ein Schuldenabbau die Schwelle von 10 Prozent pro Jahr überschreitet», warnt Baz.

Hinzu komme die demographische Entwicklung, die in vielen grossen Volkswirtschaften dazu führen werde, dass der Anteil der Bevölkerung im Alter von 35 bis 59 Jahren signifikant abnehmen werde.

Weltweite Überkapazitäten

Dies dürfte oftmals auch die Nachfrage beeinträchtigen – insbesondere in vermeintlich wachstumsstarken Schwellenländern wie China. Gerade dort dürfte die strikte Ein-Kind-Politik spürbare Folgen haben.

Schliesslich verweist Jamil Baz auch auf die weltweit bestehenden Überkapazitäten. «Wenn man davon ausgeht, dass – vereinfacht – Gewinne der Summe aus Investitionen und Veränderung des Verschuldungsgrads entsprechen, können die Unternehmensgewinne nur sinken», sagt der «pessimistische» Fachmann. Denn angesichts bestehender Überkapazitäten sei der Anreiz für Investitionen mangels attraktiver Renditen eher gering.

Long-Short-Strategien als Lösung?

Beide Standpunkte machen deutlich, dass es derzeit gute Argumente gibt, um sowohl in Aktien einzusteigen als auch diese zu verkaufen. Gerade in solchen Phasen können Long- Short-Strategien eine sinnvolle Lösung darstellen.

Selbst für den Fall, dass die Aktienmärkte ihren Höhepunkt überschritten haben, dürfte es kurzfristig immer wieder zu kurzzeitigen Rallys kommen, die Investoren nutzen möchten.