Auf Geheiss eines US-Gerichts fror die CS die Konten eines prominenten Computer-Pioniers ein. Nun prüft die Bundesanwaltschaft eine Anklage.

Von einem brisanten Rechtsfall berichtet heute die «Neue Zürcher Zeitung»: Er zeigt auf, wie sehr amerikanisches Recht offenbar bereits Schweizer Recht aushebeln kann.

Denn statt auf dem Rechtshilfeweg eine Kontosperrung zu beantragen, erwirkte ein US-Gericht bei der Credit Suisse direkt die Einfrierung eines Kontos in Zürich. Die Bundesanwaltschaft prüft nun Anklage wegen verbotener Handlungen für einen fremden Staat.

Im Fall ging es um eine Steuernachforderung gegen William Millard und seine Frau: Das Paar schuldete den Nördlichen Marianen Steuern – mit Zinsen belief sich Forderung des US-Aussengebiets im Pazifik im Jahr 2010 auf 118 Millionen Franken.

Strafanzeige gegen CS-Organe

Das Ehepaar hatte auch Konten bei der Clariden Leu. Am 6. Oktober 2011, so Recherchen der NZZ, wies das New Yorker Gericht die CS an, die Schweizer Konten der Millards superprovisorisch zu sperren. Und es verlangte die Herausgabe der Vermögenswerte.

Nach einigem Hin und Her befahl die CS ihrer Tochter Clariden Leu, die Konten der Millards in Zürich einzufrieren.

Nun reichen die Schweizer Anwälte des Ehepaars Zivilklage auf Freigabe der Konten und eine Strafanzeige gegen unbekannte Organe bei der CS und der Clariden Leu ein. Der Vorwurf: verbotene Handlungen für einen fremden Staat.

Das CS-Dilemma: US-Busse oder Bundesanwaltschaft?

Zugleich habe die Bundesanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen. Sie prüfe, ob sie Anklage erheben will.

Laut Andreas Rüd, dem Anwalt der ehemaligen Clariden-Leu-Kunden, habe sich die CS damit «faktisch der US-Gerichtsbarkeit» unterstellt. Das Problem der Bank lag offenbar darin, dass ihr eine hohe Busse wegen Missachtung des Gerichts drohte. 

Die CS wollte gegenüber der «Neuen Zürcher Zeitung» nicht Stellung nehmen – mit Verweis aufs Bankgeheimnis.

William_MillardWilliam H. Millard, heute 81, gründete die Retail-Kette Computerland. Nachdem er das Unternehmen 1987 verkauft hatte, galt er als einer der reichsten Männer Amerikas (das Bild zeigt ihn 1985 als CEO). Ab 1990 verloren die Steuerbehörden seine Spur, offenbar lebten er und seine Frau vagabundierend in der Karibik – und errichteten, so Recherchen des «Wall Street Journal», aufwändige Steuerumgehungs-Konstruktionen.

Erst zwei Jahrzehnte später, im September 2011, wurde Millard wieder entdeckt – offenbar hielt er sich auf den Cayman Islands auf –, und das amerikanische Steuer-Verfahren konnte wieder neu in Bewegung gebracht werden. Die britische «Daily Mail» nannte den Computer-Pionier damals «one of the world's most-wanted tax exiles».


• Siehe auch: «Dammbruch bei der Credit Suisse», Kommentar von finews.ch-Mitgründer Claude Baumann

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