Gold forever? Die Konkurrenz anderer Edelmetalle wächst. Und wann lüftet die SNB ihr Goldgeheimnis? finews.ch sprach mit Peter Sigg von LGT Capital Management. 

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Herr Sigg, Gold erlebt die x-te Renaissance unter den Anlegern. Weshalb diese dauerhafte Faszination?

Gold hat sich über Jahrtausende als wertbeständig erwiesen und als Wertaufbewahrungsmittel und Zahlungsinstrument bewährt. Der Wert eines Gutes wird dadurch bestimmt, wie knapp es ist und begrenzt das Angebot ist.  Da Gold nicht wie die Geldmenge uneingeschränkt und unkontrolliert ausgeweitet werden kann, entzieht sich dessen Preisfindung zu einem bestimmten Grad dem Einfluss von Politikern und Notenbankern.

Mit der Annoncierung der geldpolitischen Lockerung und der Anhebung des Inflationsziels der Bank of Japan ist das Vertrauen in die Nachhaltigkeit der Entscheide von Funktionären gesunken, was dem Goldpreis wieder Auftrieb verliehen hat.


«Darum verzichten Anleger auf Dividende und Coupon»


Die Anleger sind normalerweise ausgesprochen renditebewusst und suchen besonders in Tiefzinsphasen Anlagen mit guter Rendite. Weshalb machen sie ausgerechnet beim Gold, das Null rentiert, eine Ausnahme?

Die tiefen Zinsen werden bei Goldinvestments von Marktteilnehmern auch als positiv angesehen, da die Opportunitätskosten, also die entgangenen Renditen auf nicht gekauften Geldmarktpapieren und Anleihen, tief sind und die Goldhaltung attraktiv machen. Anleger suchen zurzeit Anlagen, die keine Gegenparteirisiken oder Ausfallrisiken mit sich bringen.

Gold ist ein sogenanntes «Real Asset», also ein Realwert, der diese Risiken nicht in sich birgt und zusätzlich Diversifikationseffekte im Portfoliokontext beisteuern kann. Diese Eigenschaften haben auch einen ökonomischen Wert für den Anleger, der ihn auf eine fixe Dividende oder einen fixen Coupon verzichten lässt.


«Vor staatlicher Enteignung nicht geschützt»


Ist es nicht ein Irrglaube zu meinen, Gold sei so was wie ein «last resort» – eine Sicherheit, wenn die Märkte zusammenbrechen und Geld nichts mehr wert ist?

Gold hat sich über Jahrtausende als Wertaufbewahrungsmittel bewährt und auch in kompletten Systembrüchen und kriegerischen Auseinandersetzungen als wertbeständig erwiesen. Aufgrund seiner weltweit anerkannten Funktion als Wertgegenstand und Zahlungsmittel kann es als sehr krisensicher angesehen werden.

Man sollte aber unbedingt beachten, wo und wie man das Goldinvestment tätigt, da es in gewissen Ländern nicht vor einer Enteignung durch den Staat geschützt ist.

Die Prognosen über die künftige Entwicklung des Goldpreises klaffen stark auseinander. Welche Faktoren bestimmen den künftigen Kursverlauf?

Die beiden wichtigsten Treiber auf der Nachfrageseite sind der Bedarf der Juwelierindustrie und die Investitionstätigkeit des privaten und öffentlichen Sektors.

Auf der Angebotsseite ist die Kostenstruktur der Minengesellschaften massgeblich, welche zur Hauptsache von der Qualität der Goldvorkommen, den technologischen Methoden und den Personal- und Finanzierungskosten abhängt.

Neben der relativ stabilen Angebotsseite, sehen wir die Investitionstätigkeit auf der Nachfrageseite als Haupttreiber, die im wesentlichen von geldpolitischen Massnahmen der Zentralbanken abhängt. Hinsichtlich dieser Investitionen hat die Analystengemeinde sehr unterschiedliche Ansichten und Einschätzungen, was zu stark divergierenden Preisprognosen führen kann.


«China tritt verstärkt als Käufer auf»


Welche Rolle spielen denn die Notenbanken in der Nachfrage nach physischem Gold?

Seit dem Jahr 2009 hat sich die Investitionstätigkeit der Zentralbanken verstärkt und diese treten als Nettokäufer von Gold auf. Aufgrund der langfristigen Kaufprogramme und strategischen Diversifikation weg vom US-Dollar und dem Euro sehen wir die Rolle der Notenbanken als sehr zentral an und erwarten eine stabile Nachfrage in der Zukunft.

Und welche Rolle spielen China und Indien diesbezüglich? Bestimmt allein die Nachfrage aus diesen beiden Ländern den künftigen Verlauf des Goldpreises?

Rund 50 Prozent der globalen Nachfrage für die Schmuckproduktion kommen aus Indien und China, was die enorme Attraktivität des glänzenden Metalls für die Juwelierindustrie in diesen zwei Ländern unterstreicht. Zudem tritt vor allem die chinesische Zentralbank vermehrt als Käufer von physischen Goldbeständen am Markt auf. Somit haben die Länder einen signifikanten Einfluss auf den Goldpreis und wir sehen diesen auch im Jahr 2013 als preisunterstützend.

Welche Kriterien muss ein Anleger beachten, der sich in Gold engagieren will und vor der Wahl zwischen physischem Gold, Goldminenaktien, Gold-ETFs und Goldmünzen steht? 

Bei allen Münzarten und -sorten ist zu erwähnen, dass bei dieser Art der Investition ein Aufpreis für die spezielle Prägung und ein Sammler- oder Raritätswert bezahlt werden muss. Diese Form der Anlagemöglichkeit eignet sich sehr gut für ein werthaltiges Geschenk auf Grund des relativ niedrigen Stückpreises und der einfachen Handhabung.


«Physische ETFs und Goldfonds als Anlage gut geeignet»


Als wirkliches Anlageinstrument eignen sich jedoch physisch hinterlegte ETFs oder Goldfonds sehr gut. Sie sind sehr liquide, gut handelbar und die Aufbewahrung sowie Versicherung des Goldes wird von der Fondsgesellschaft übernommen. Hierbei muss jedoch genau darauf geachtet werden, in welchem Land das Gold aufbewahrt ist und dass die Bestände durch das Privatrecht geschützt werden. Es empfiehlt sich, die jeweiligen Fondsprospekte im Detail zu studieren.

Zur weiteren Portfoliodiversifikation können Goldminenaktien beigefügt werden, um ein Dividendeneinkommen zu generieren und bei möglichen konjunkturellen Aufhellungen im Jahr 2013 vom Aktienmarktpotential profitieren zu können.

Trifft es zu, dass Goldminenaktien meist unter dem so genannt inneren Wert gehandelt werden? Weshalb dieser Discount? Und müsste der Investor nicht darauf setzen, dass dieser Discount verschwindet?

Wenn man Goldminenaktien auf Basis ihres relativen Werts mit physischem Gold vergleicht sind diese historisch betrachtet relativ günstig bewertet. Auch bei der Verwendung von absoluten Bewertungskennzahlen aus der Erfolgsrechnung und der Bilanz erscheinen Goldminenaktien als attraktiv.


«Profitabilität mit Minengesellschaften»


Der Grund hierfür ist, dass viele grosse Minengesellschaften auf Volumenwachstum und Grossprojekte fokussiert waren, dabei aber nicht auf die Qualität – ich  spreche von hochgradigem Erzvorkommen – und Profitabilität im Abbau geachtet haben. Diese Minengesellschaften fokussieren sich nun durch Kostensenkungs- und Restrukturierungsprogramme wieder vermehrt auf Effizienz und Profitabilität. Sobald es erste Anzeichen gibt, dass diese Massnahmen greifen, werden die Kurse anziehen. Daher glauben wir, dass es heute attraktiv ist, einen ersten Investitionsschritt zu tätigen.

Die Finanzkrise der Jahre 2008 und 2009 steckt immer noch vielen Leuten und Regierungen in den Knochen. So überlegt beispielsweise Deutschland, zumindest einen Teil seiner Goldreserven aus den USA nach Hause zu repatriieren. Macht das Sinn?

Die Währungsreserven einer Notenbank sind letztlich die Deckung einer Währung, die vom Investor gehalten wird. Da das Ziel des Goldinvestments eine Krisenabsicherung ist, macht es durchaus Sinn diese Bestände für den Extremfall auch im eigenen Land zu halten. Vor dem Hintergrund schlechter Staatsfinanzen der entwickelten Länder und steigender internationaler politischer Willkür sind diese Überlegungen verständlich.


Wo schlummern die Goldbestände der SNB?


Wo lagern die Goldbestände der Schweizerischen Nationalbank?

Die Nationalbank hält momentan 1040 Tonnen in physischem Gold. Wo und in welchen Beständen das Gold lagert, kann gemäss Aussage des Bundesrats aus Sicherheitsgründen nicht veröffentlicht werden. Aufgrund von Forderungen nach Offenlegung von rechts-konservativen Parteien und durch die Repatriierungsankündigungen der Deutsche Bundesbank steigt das Verlangen und der Druck nach mehr Transparenz auf die SNB, welche diese Informationen über kurz oder lang offenlegen muss.

Der seinerzeitige Verkauf eines Teils des Goldbestandes ist rückblickend angesichts der Goldpreisentwicklung zu bedauern. Was würden Sie der Nationalbank empfehlen: Ihre Goldbestände wieder sukzessive aufzustocken?

Die SNB verfügt über professionelle Experten, die diesen Entscheid aufgrund ihrer Datenlage und Einschätzung treffen. Die Frage bei einem Kauf ist ja stets, was man für Kaufalternativen hat und wie man den Kauf finanziert, also was man veräussern soll.

Verkauft man Anleihen von instabilen, nachhaltig nicht finanzierbaren Währungssystemen macht dies aus meiner Sicht Sinn. Als Alternative zu Goldinvestments bieten sich auch Aktieninvestments in Unternehmen mit einer hohen Bilanzqualität an.


«PGMs sind volatil und eignen sich nur als Beimischung»


Abgesehen von den diversen Möglichkeiten in Gold zu investieren: Welche anderen Metalle, beispielsweise Silber, Palladium, Platin und Rhodium, eignen sich als aussichtsreiche, aber nicht hochriskante Kapitalanlage?

Wir schätzen insbesondere Investments in Platinum Group Metalls, so gennante PGMs, also in zyklische Edelmetalle wie Platinum, Palladium und Rhodium als attraktiv ein und haben im LGT Commodity Active Fund erste Positionen aufgebaut.

Diese Metalle finden zum grössten Teil Verwendung in der Automobilindustrie zur Fertigung von Katalysatoren. Hier sehen wir insbesondere aus Schwellenländern weiterhin eine stabile Nachfrage. Die Autoverkaufszahlen in Europa sind sehr schwach – wir sehen jedoch auf diesem Niveau eine Stabilisierung und das Enttäuschungspotential ist daher nach unten begrenzt. Bei einer leichten Aufhellung von der makroökonomischen Seite wird das Interesse an diesen Metallen schnell wieder zunehmen.

Auf der Angebotsseite haben die Minengesellschaften mit stark steigenden Förderkosten und begrenzten Vorkommen zu kämpfen. Zudem tragen Arbeits- und Lohnkämpfe im wichtigsten Förderland Südafrika zu steigenden Kosten und möglichen Lieferunterbrechungen bei. Investitionen in diese PGMs sind sehr volatil und sollten nur als Beimischung in der Edelmetallquote verwendet werden.

Welche Anlagegefässe bieten sich dem Anleger für diese Nicht-Gold-Edelmetalle? Bieten diese auch genügend Liquidität, damit eine faire Preisstellung gewährleistet ist?

Auf Platinum und Palladium gibt es von diversen ETF-Anbietern liquide Produkte mit einer fairen Preisstellung. Hier ist zu beachten, dass diese zwei Märkte relativ klein sind und somit starke Preisausschläge auftreten können. Somit empfiehlt es sich, in breiter diversifizierte Edelmetallfonds zu investieren, bei denen die Investments und das Risikomanagement von erfahrenen Experten wahrgenommen werden.

Bei Rhodium gibt es nur sehr wenige Produkte, die erst noch relativ hohe Geld/Brief-Spreads aufweisen. Bei einem solchen Investment eignet sich das aktive Trading aufgrund der Transaktionskosten weniger und es empfiehlt sich eher eine kleine, langfristige und strategische Position zu halten.


«Diamanten haben keinen standardisierten Markt»


Und was halten Sie von einer Kapitalanlage in Diamanten? 

Diamanten hatten wie Gold in den letzten Jahren eine positive Preisentwicklung. Hier ist jedoch anzumerken, dass es keinen standardisierten Markt mit einem exakten Reinheitsgrad gibt wie im Gold. Der Wert eines Diamanten hängt ab von den vier C: Carat für Gewicht, Clarity für Reinheit, Colour für Farbe und Cut für den Schliff. Deshalb gibt es keine Terminkontrakte, ETFs oder Zertifikate auf Diamanten.

Als Kapitalanlage eignen sich somit besser einzelne Steine in Form von Schmuckstücken. Die Preise werden aufgrund von einer breiter werdenden Mittel- und Oberschicht in Schwellenländern weiter nach oben tendieren. Ein Investment in Minengesellschaften, die sich auf den Diamantensektor fokussieren, kann ebenfalls in Betracht gezogen werden. Hier kann der Anleger von steigenden Aktienkursen und Dividendenausschüttungen profitieren.


Peter Sigg stiess 2007 zu LGT Capital Management und leitet dort den Bereich Commodity Products. Er stellte das Commodity Investment Team zusammen und entwarf den Investment-Prozess. Vor dem Wechsel zu LGT war Peter Sigg für die Credit Suisse und AXA Winterthur Asset Management in der Funktion eines Quantitative Portfolio Managers tätig. 

Er hat an der Universität St. Gallen studiert und das Studium mit einem Master Degree in Business Administration beendet. Peter Sigg ist Gründer und Präsident des in Zürich ansässigen Commodity Club.