Vor dem Ausstieg bei Goldman Sachs verrät der Chefstratege, der auch als Wechselkurs-prognostiker gilt, seine bevorzugte Valuta. Er freut sich auf die Pensionierung. 

Jim O'Neill setzt seinen aktuellen Anlagekommentar «On a Path Towards Something Differents» als eine Art Abschiedsbrief an. Bis Ende April gebe es wahrscheinlich nicht viel von ihm zu hören. Seine aktuelle Markteinschätzung, unter anderem zu Europa, ist also wertvoller denn je.

Obwohl weiterhin eine gigantische Welle von Problemen auf den Kontinent rolle, gebe es zurzeit Anzeichen für einen tatsächlichen Wandel – und dies «wahrscheinlich das erste Mal während meiner ganzen Berufstätigkeit», so der langjährige Vordenker von Goldman Sachs. Dass die Politiker es schafften, eine nominale Kürzung des EU-Budgets zu verabschieden – das erste Mal überhaupt in der Geschichte! –, könnte ja wirklich ein Hinweis auf neue Wege sein.

Aktuelle Bauchschmerzen

Und bei den aktuellen Daten sei der Dienstleistungsindex für die Eurozone mit Fokus auf Deutschland letzte Woche ziemlich kräftig ausgefallen. Die neuen Daten warne aber immer wieder von neuem vor zähen Herausforderungen. Spanien und Italien gelten für «Mr. BRIC» weiterhin als Sorgenkinder, und das Frankreich bei den letzten Konjunkturdaten diesen Ländern sogar hinterherhinkte, stimme vorsichtig.

Ausserdem lobt der Goldman-Sachs-Vordenker seinen Ex-Kollegen Mario Draghi, den EZB-Präsidenten. Dieser habe letzte Woche den restlichen Zweiflern klargemacht, dass der von der EZB gewünschte Währungskurs für den Euro solide und überlebensfähig sein sollte – aber dass er zugleich ein wachsames Auge auf den steigenden Euro habe. 

Was bleibt? Der Dollar

Es sei momentan einfacher, eine Währung abzulehnen als eine zu bevorzugen, so Jim O'Neill weiter. Auch er quäle sich mit dem Dilemma, eine Währung innerhalb der G-10-Länder zu favorisieren. Mehr und mehr gebe er dem US-Dollar den Vorrang, sagt der einstige SBV-Mann. Er sei sich aber mit dem eingeschlagenen Weg der US-Notenbank allerdings nicht ganz sicher, ob sich seine Währungspräferenz auch lohne.

Letzte Woche gab Goldman Sachs Asset Management den Ausstieg des bekannten Ökonomen bekannt. O'Neill freut sich auf die Pensionierung und will zunächst Ferien mit seiner Frau in Lateinamerika geniessen, schreibt er. Was nach dem Sommer kommt, dazu äussert sich der 56-jährige in seinem Anlagekommentar wie folgt: «Wir werden sehen».

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