Wenn schon Regulierungsanstrengungen in der Bankbranche, dann bitte auf globaler Ebene, findet Martin Hess von der Schweizerischen Bankiervereinigung.

Martin_Hess_119x168_2Martin Hess ist Leiter Wirtschaftspolitik bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Es ist das Privileg von offenen Volkswirtschaften wie der Schweiz, durch den Handel von Gütern und Dienstleistungen von der internationalen Arbeitsteilung und den Wachstumschancen im Ausland zu profitieren. Gleichzeitig besteht akute Ansteckungsgefahr, wenn sich unsere Partnerländer erkälten.

Als im Ausland Subprime-Krise, Rezession, Überschuldung oder ultraexpansive Geldpolitik vonstatten gingen, spürten wir trotz guter Gesundheit die üblen Folgen auch in der Schweiz.

Seit der Finanzkrise fordert die G20 vehement eine Verstärkung der Anstrengungen zur Stabilisierung des globalen Finanzsystems. Jedes Land ist aufgerufen, durch Reformen der einheimischen Finanzregulierung zur globalen Stabilität beizutragen. Die Absicht ist absolut lobenswert.

Mit Kanada im gleichen Boot

Das Schicksal jedoch von offenen Finanzplätzen wie der Schweiz ist, dass sie auch bei grossen eigenen Regulierungsanstrengungen von Schocks im Ausland in Mitleidenschaft gezogen werden. In seiner jüngsten Rede «Financial stability in one country?» hat Timothy Lane, Vizegouverneur der Bank of Canada, die grosse Bedeutung von Basel III für Kanada herausgestrichen. Gleichzeitig – und hier sitzt die Schweiz mit Kanada im gleichen Boot – stammen gemäss Lane drei Viertel der Vorteile von Basel III aus den entsprechenden Reformanstrengungen im Ausland.

Lane zeigt damit eindrücklich auf, dass die teuren Früchte einer mustergültigen Umsetzung in Kanada und der Schweiz nicht geerntet werden können, wenn nicht auch andere Länder am gleichen Strick ziehen. Wenn schon Regulierungsanstrengungen, dann auf globaler Ebene. Dummerweise gibt es international grosse Anreize für Finanzplätze, auf dem Trittbrett ausländischer Reformlokomotiven mitzufahren.

Internationaler Wettbewerbsvorteil

Und zwar gleich doppelt: Sie profitieren einerseits von den positiven Auswirkungen der Stabilität im Land der Musterschüler. Andererseits verschaffen sie den einheimischen Banken durch geringere Auflagen einen internationalen Wettbewerbsvorteil.

Beispiele gefällig? Gewisse US-Banker und Regulatoren wollen Basel III zu Fall bringen. Die Richtlinien seien unamerikanisch. Nun ist in den USA eine Folgeabschätzung des Projekts geplant, wodurch die Einführung auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden könnte. In der EU hinkt der Fahrplan der schweizerischen Umsetzung gefühlte Lichtjahre hintennach und wird dann, wie im Fall der Liquiditätsauflagen erst noch auf einem tieferen Niveau zu liegen kommen. Wenn überhaupt.

Gut für die Trittbrettfahrer

Wichtige Entscheide in der EU, der in anderen Bereichen die Harmonisierung nicht weit genug gehen kann, stehen noch aus. Die nächste Verhandlungsrunde über die EU-Kapitalrichtlinien CRD IV findet am 19. Februar 2013 statt. Halb so schlimm für die EU, wenn sie erneut scheitern sollte. Die Reformlokomotiven Kanada und Schweiz bieten Mitfahrgelegenheiten auf ihren Trittbrettern.