Dass der Steuerwettbewerb die Kantone fit hält, ist ein beliebtes Klischee. Doch faktisch betreiben viele Kantone schlicht Steuerdumping. Von Walter Wittmann


Walter.WittmannWalter Wittmann ist emeritierter Professor für Volkswirtschaftslehre an der Universität Freiburg. Soeben veröffentlichte er sein neustes Buch: «Soziale Marktwirtschaft statt Wohlfahrtsstaat».

Bekannt wurde er durch Schriften, die im Rückblick geradezu prophetisch wirken: «Der nächste Crash kommt bestimmt» (2007) und «Staatsbankrott» (2010). 2012 folgte «Superkrise» über die Schwere der laufenden Erschütterungen. 


Ob Steuerwettbewerb herrscht oder nicht, ist nach allgemein anerkannten marktwirtschaftlichen Kriterien zu entscheiden. Diese wurden schon in den Sechzigerjahren von der Finanzwissenschaft entwickelt. Wendet man diese Regeln an, gelangt man zu folgenden Ergebnissen:

• Im Rahmen des bundesstaatlichen Finanzausgleichs werden zahlreiche Kantone zu Netto-Bezügern. Sie leben im Extremfall bis zu 50 Prozent aus der Bundeskasse. Zu den Netto-Beitragszahlern gehören wenige Kantone, allen voran Zürich. Senken Netto-Bezüger wie Obwalden die Steuern, ist das nur dank Transfers durch den Bund möglich. Man hat es mit einem subventionierten «Steuerwettbewerb» zu tun. Faktisch handelt es sich um Steuerdumping.

• Zu berücksichtigen sind auch Kosten, die ausserhalb des Kantons entstehen. So durch Pendler. Die Kosten für die ausserkantonalen Arbeitsplätze fallen nicht am Wohnort an. Hier werden aber die Steuern bezahlt und ganz einbehalten. Erforderlich ist ein Lastenausgleich, der zu einer vollen Abgeltung der ausserkantonalen Kosten führt: So etwa, wenn jemand in Zürich arbeitet und im Kanton Schwyz wohnt. In dem Masse, wie das geschieht, steigt die Steuerbelastung in Schwyz an. Entsprechend wird Steuerdumping abgebaut.

• Es gibt nicht nur externe Kosten, sondern auch Nutzen. Zum Beispiel die Beanspruchung von öffentlichen Leistungen wie Spitälern oder Universitäten durch ausserkantonale Personen. In dem Masse, wie sie selbst oder ihr Kanton nicht für diese Kosten aufkommen, liegt eine Subventionierung vor. Das erlaubt dem eigenen Kanton, die Steuern niedrig zu halten. Entsprechend liegt erneut ein Steuerdumping vor. Das ist herausragend bei (eher kleinen) Kantonen der Fall, die im Sog von grossen Ballungen liegen.

Verstoss gegen fundamentale Grundsätze

Sowohl im Inland als auch gegenüber dem Ausland ist nach den Grundsätzen der Allgemeinheit und der Gleichheit zu besteuern, nicht diskriminierend zu handeln. Das gilt für natürliche und juristische Personen. Auch hier wird in der Schweiz viel gesündigt.

• Die Pauschalbesteuerung verstösst gegen fundamentale finanzwissenschaftliche Grundsätze. Sie hat daher keine Berechtigung. Natürliche Personen sind, ob Schweizer oder Ausländer, ohne Unterschied zu veranlagen und zu belasten.

• Neu angesiedelte Unternehmen dürfen während zehn Jahren von kantonalen und kommunalen Steuern befreit werden. Der Bund kann dasselbe tun, wenn Unternehmen sich in strukturschwachen Regionen ansiedeln.

• Üblich sind auch kantonale Sonderregimes für ausländische Konzerne. Das erlaubt ihnen, Kosten im Ausland und Gewinne in der Schweiz anfallen zu lassen, um hier entweder gar nicht oder beschränkt zur Kasse gebeten zu werden.

• Zu einem Steuerdumping führen auch kantonale Privilegien für Holdings, gemischte und Domizilgesellschaften. Diese erlauben in hervorragendem Ausmass, Gewinne in der Schweiz anfallen zu lassen, um von steuerlichen Vorteilen zu profitieren.

Das ist geradezu zynisch

Das Fazit: Die Schweiz betreibt sowohl im Inland als auch (besonders) gegenüber dem Ausland Steuerdumping. Es ist geradezu zynisch, das als Steuerwettbewerb zu bezeichnen.

Mit dem üblichen Hinweis, andere Länder würden ähnlich handeln, erreicht man auf Dauer nichts, es ist kontraproduktiv. Das Ausland – insbesondere via EU und OECD – ist nicht mehr bereit, die schweizerische Sonderpolitik zu tolerieren. Die Schweiz sieht sich bekanntlich als Musterknabe. Diesem Anspruch kann sie nur gerecht werden, wenn sie sich von ihrem traditionellen Steuerdumping verabschiedet.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.35%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.73%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.81%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.46%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.65%
pixel