Christina_Bock_75_3Verkaufen die Anleger nun ihre Anleihen und steigen in Aktien ein? Axa-Investment-Expertin Christina Böck zum Thema.

Christina Böck ist ‹Head Multi Asset Client Solutions Switzerland› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.

In letzter Zeit war oft von der grossen Rotation oder auf Englisch von der «Great Rotation» die Rede. Gemeint ist damit, dass viele Anleger strukturell langfristig ihre Anleihen in Aktien umschichten. 

Entsprechend diskutieren Branchenfachleute nun heftig darüber, ob wir tatsächlich Zeuge einer solchen Bewegung sind, oder ob der momentane Börsenaufschwung bloss das Resultat taktischer Umschichtungen ist.

Für mich gibt es einige Indikatoren, dass wir jetzt noch nicht die grosse Umschichtung erleben. Die wichtigsten Anhaltspunkte dafür sind dreierlei: Risikotragfähigkeit, Regulation und Renditemeinungen.

Noch ungenügende Risikofähigkeit

Noch kämpfen die institutionellen Kunden mit den Folgen der Finanzkrise und haben daher nicht die Risikotragfähigkeit, wieder massiv in Aktien einzusteigen. Gesamteuropäisch gesehen haben zum Beispiel die Pensionskassen Deckungsgrade, die noch nicht ausreichend über die 100 Prozent hinausgehen. Ein Beispiel dafür sind privatrechtliche Kassen in der Schweiz, die laut Swisscanto-Studie per Ende 2012 einen Deckungsgrad von 106,8 Prozent auswiesen.

Auf der regulatorischen Ebene müssen Versicherungsgesellschaften ihre Aktieninvestitionen im Rahmen des Swiss Solvency Tests und später auch nach Solvency II mit viel und teurem Kapital unterlegen. Obligationen sind also für diese Anleger klar die risikoärmere Anlage.

Klare Ansagen

Um den Institutionellen wieder Lust auf volatile Aktieninvestitionen zu geben, müssten sich die Renditeaussichten von Anleihen und Aktien im Vergleich massiv verschieben. Dazu müsste sich allerdings die fundamentalwirtschaftliche Lage sehr ändern, so dass die Aussichten für Obligationen auch absolut negativ würden – verglichen mit nur geringen Renditen.

Heute halten in der Tat die Zentralbanken weltweit die Zinsen niedrig. Darüber hinaus sind die Wachstumsaussichten in Europa zu gering, als dass mit einem schnellen und baldigen Zinsanstieg gerechnet werden könnte. In den USA ist die Ansage der Notenbank (Federal Reserve) klar: Keine Änderung der Politik, bevor nicht die Arbeitslosenquote unter 6 Prozent sinkt.

Anlass zu Optimismus

Somit wird es noch lange dauern, bis Aktien wieder bessere risiko-adjustierte Renditen als Anleihen bieten können. Erst wenn die Zinswende konkret abzusehen ist, wird sich das Verhältnis der Renditeaussichten so ändern, dass Aktien trotz der regulatorischen Nachteile stärker nachgefragt werden können.

Manche Indikatoren geben indessen doch Anlass zu einigem Optimismus: Die Volatilität und die Korrelation der Aktien untereinander sind in den letzten Monaten stark gesunken und befinden sich wieder auf Vor-Krisen-Niveau.

Aktien müssen warten

Aber wenn man die guten Renditen der Aktien seit 2009 näher ansieht, dann muss man die bedeutenden Abschwünge in das Kalkül mit einbeziehen – der Kapitalschutz bleibt also eine wichtige Sorge, und langfristige Renditechancen reichen nicht, um das Aktienrisiko einzugehen. Und genau dieses Bedürfnis wird dafür sorgen, dass wir so bald keine strukturellen Verschiebungen hin zu Aktien erleben werden.

Das heisst nicht, dass Aktien unattraktiv sind! In Europa rechne ich mit einem Gewinnwachstum von 5 bis 10 Prozent in diesem Jahr, und die europäischen Märkte sind immer noch eher konservativ bewertet.

Korrekturen sind die Norm

Allerdings ist mit teilweise massiven Korrekturen zu rechnen, sei es in Form der politischen Probleme in der Eurozone bei der Lösung der Staatsschuldenkrise oder in Form von Rückschlägen im Heilungsprozess der Weltwirtschaft insgesamt.

Also bitte nicht vergessen: Korrekturen sind in den Aktienmärkten die Norm, nicht die Ausnahme. Daher sollte man Put-Optionen als Schutz nach unten in Erwägung ziehen. Aber langfristig sind wir durch Wachstum und nicht durch Umschichtungen auf dem richtigen Weg.


Bock_Christina_qChristina Böck bildete sich an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster zur Diplom-Kauffrau aus, bevor sie einen Master in Management (Finance) an der H.E.C. in Paris erlangte.

Nach verschiedenen Praktika war sie ab 1994 bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers in Paris stiess sie im April 2001. Seit März 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, heute als ‹Head Multi Asset Client Solutions Switzerland›.

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