Der politisch-mediale Dampfkochtopf um Uli Hoeness droht zu explodieren. Thomas Sutter von der Bankiervereinigung fragt sich, wie die Sache publik wurde.

Thomas_Sutter_119x178Thomas Sutter ist Leiter Kommunikation und Mitglied der Geschäftsleitung bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

«Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht», hat Heinrich Heine vor Jahrhunderten gedichtet. Und auch heute spielt sich wieder Seltsames in unserem nördlichen Nachbarland ab.

Der verständnisvolle und langmütige Schweizer hat gelernt, dass sich Deutschland viel lieber über das Interessante (zum Beispiel Sottisen über Dirndls) als über das Wichtige medial empört.

Weiter wissen wir auch, dass der gemeine Steuerhinterzieher als Straftäter in der Meinung der Journalisten und Politiker knapp vor dem Gewaltverbrecher rangiert.

Schliesslich zeigen die zahlreichen CD-Käufe auf, dass die Rechtsordnung eines befreundeten Nachbars mit Füssen getreten wird. Der Zweck heiligt alle Mittel.

Aber zu welchen Verwerfungen das politische und mediale Berlin nun in der so genannten Affäre Hoeness fähig ist, bringt mich wirklich um den Schlaf.

Desinformierende Talkshows und...

Zuerst debattiert am Sonntagabend eine illustre Runde der üblichen Verdächtigen eine Stunde lang über die möglichen Verfehlungen von Uli Hoeness, ganz unter dem Motto «wieso brauche ich die Fakten zu kennen, wenn ich auch mit Spekulationen, Verdächtigungen, Anschuldigungen und Persönlichkeitsverletzungen die Sendezeit füllen kann». Hallo, rechtfertigt die Quote eigentlich alles?

....eine zermürbt um sich schlagende Opposition

Den Vogel abgeschossen hat aber die bei den Meinungsumfragen bei 26 Prozent dümpelnde Opposition. Zuerst wird das Lebenswerk einer prominenten und erfolgreichen Person auf ein fehlbares Verhalten reduziert und die vergangene Lebensleistung in Frage gestellt. Dann – man höre und staune – wird kritisiert, dass Uli Hoeness von der im Gesetz verankerten strafbefreienden Selbstanzeige Gebrauch gemacht hat.

Die gleichen Leute kritisieren also das System, das sie seit Jahren benützen und immer wieder prahlen, wie viele Milliarden damit bereits eingespielt wurden. Hallo, rechtfertigt ein Wahlkampf eigentlich alles?

Verletzung des Steuergeheimnisses?

Dabei könnte die Hoeness-Geschichte auch anders gespielt werden. Denn das Steuergeheimnis wurde aufs Gröbste verletzt, und damit wurden ganz sicher viele Leute verunsichert. Männiglich wird sich also fragen, ob seine Daten bei den Finanzämtern noch sicher sind, oder ob schon bald sein Name im Kioskaushang steht.

Wetten, dass es darüber nie eine Talkrunde geben wird?