Ist es nicht seltsam, dass sich das globale Wachstum abschwächt, aber gleichzeitig die Börse täglich neue Rekorde erreicht, fragt Axa-Finanzexpertin Christina Böck.

Christina_Bock_1Christina Böck ist ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.

Die Aktienmärkte sind seit Jahresbeginn um 16 Prozent gestiegen. Parallel sind die ökonomischen Neuigkeiten nicht berauschend gewesen: Enttäuschungen in Europa und den Schwellenländern, der Welthandel verlangsamte sich auf 0,2 Prozent im 1. Quartal 2013, und nun sinken auch noch die Produktionszahlen. Das lässt eine allgemeine Abschwächung der Industrieproduktion erahnen – ausser in Japan.

Drei Elemente bleiben jedoch positiv und lassen vermuten, dass es sich nur um eine «Mitte-des-Zyklus-Korrektur» handelt, wie sie regelmässig vorkommt: Die Energiepreise sind massiv zurückgekommen. Die niedrigen Zinsen stellen gute Finanzierungsbedingungen für Unternehmen dar. Die Arbeitsstück-Kosten sind die unter Kontrolle und liegen unter ihrer Langfrist-Tendenz.

Eine neue industrielle Revolution

Vergleicht man die einzelnen Weltregionen, so ist die Performance der US-Wirtschaft beeindruckend, da sie trotz der Hindernisse der Fiskalklippe recht gut ausfällt. Der Arbeitsmarkt ist klar im Aufwärtstrend mit einer Arbeitslosigkeit bei nun 7,5 Prozent, und der Konsum beginnt sich zu regen – diese Wechselwirkung sollte zu einem positiven Kreislauf werden zwischen Beschäftigungen und Wachstum.

Auch hier sind die Realzinsen negativ, Kredit ist für Unternehmen also einfach erhältlich, und zudem halten sie schon viel Liquidität. Umso mehr, als da viel aufgestaute Nachfrage auf eine Aufklärung der Fiskalsituation wartet. Ein besonderer nationaler Faktor ist die Schiefergas-Technologie, von der viele Experten nicht nur Amerikas Energieunabhängigkeit, sondern eine neue industrielle Revolution erwarten.

Attraktive zyklische Werte

Diese graduelle Erholung ist selbstverständlich gut für amerikanische Aktien. Insbesondere die zyklischen Werte sollten sich gut entwickeln, da das Wachstumsumfeld und die niedrigen, aber irgendwann steigenden Zinsen sie unterstützen. Aktien sind in den USA ausserdem im Vergleich zu Anleihen recht preiswert.

Die Suche nach Rendite, auf der sich alle institutionellen Anleger befinden, wird diese auch weiterhin Richtung Aktien lenken, da mit anderen Anlagen keine vergleichbare Rendite zu finden ist. Aktien sind zwar eine recht volatile Anlageklasse, aber auch eine, aus der man – im Gegensatz zu anderen – recht schnell wieder aussteigen kann.

Noch Zweifel an der Erholung

Im 1. Quartal 2013 ist die Aktienrally noch stark von defensive Sektoren getrieben worden. So sind die Sektoren Gesundheit, Konsumprodukte und Versorger im S&P allein um 11 Prozent gestiegen. Dies liegt in der vorsichtigen Sicht der Investoren begründet, die noch an der Natur der Wirtschaftserholung zweifeln.

Allerdings kann man diese Sicht jetzt ändern: Wachstumsaktien sollten jetzt gute Chancen haben, da die zyklischen Indikatoren sich verbessern. Dies sind zum Beispiel Firmen, die Möglichkeiten zu organischem Wachstum haben und daher ihr Cash firmenintern benötigen. Im Laufe des Jahres dürften die Wachstums-Aktien noch mehr Aufmerksamkeit ernten, da ihnen das nun sichtbare Wachstum zum Erfolg verhelfen wird. Neben dem Faktor Wachstum – Wert (Growth versus Value) sollte man aber auch spezifische Investitionsthemen wie zum Beispiel die industrielle Automation oder die Energieeffizienz bei der Titelauswahl berücksichtigen.

Was geschieht mit der Liquidität?

Die aktuelle Quartalsergebnis-Saison ist ebenso gut verlaufen: Die Umsatzzahlen lagen zwar oft unter den Erwartungen, aber die Netto-Profite pro Aktie haben die Vorhersagen meist übertroffen. Dies konnte durch Aktienrückkäufe, niedrigere Steuern und nicht zuletzt dank stark kontrollierter Kostenstrukturen erreicht werden. Insgesamt haben 73 Prozent der Gesellschaften die Analystenerwartungen übertroffen.

Natürlich bleibt ein ungeordneter Ausstieg aus dem Anleihe-Aufkaufprogramm der US-Notenbank eines der Hauptrisiken – davon haben wir im Mai schon einen Vorgeschmack bekommen. Aber angesichts der schieren Beträge der Liquidität sollte dies jetzt noch nicht zu Turbulenzen führen. Vergessen wir nicht: Die Liquidität wird einfach weniger schnell erhöht – aber nicht zurückgefahren.


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Christina Böck bildete sich an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster zur Diplom-Kauffrau aus, bevor sie einen Master in Management (Finance) an der H.E.C. in Paris erlangte.

Nach verschiedenen Praktika war sie ab 1994 bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers in Paris stiess sie im April 2001. Seit März 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, heute als ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe›.

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