In letzter Zeit ist viel vom Stellenabbau im Schweizer Bankensektor die Rede. Für Martin Hess von der Bankiervereinigung treffen die Extremszenarien allerdings nicht zu.

Martin Hess 119x168 neuMartin Hess ist Leiter Wirtschaftspolitik bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Während der letzten Monate verrieten die Wetterprognosen nicht, in welcher Jahreszeit wir uns befinden. Viel zu kalt an einem Tag, Hitze über Gebühr wiederum an einem anderen.

Die Prognosen für die Entwicklung der Beschäftigung auf dem Schweizer Finanzplatz divergieren ähnlich.

  • UBS-Konzernchef Sergio Ermotti gab vor einem Jahr eine Sturmwarnung heraus. Er sprach von 20'000 Arbeitsplätzen, die verloren gehen.
  • Das Konjunkturforschungsinstitut BAKBasel dagegen sieht eine Klimaüberhitzung und argumentiert, dass die Grösse des Finanzplatz Zürich das Wirtschaftswachstum eher hemmt als stützt.
  • Bei der zuständigen Wirtschaftsbehörde Seco findet das Wetter überhaupt nicht statt. Dass nicht einen voreiligen Wetteralarm herausgeben will, ist nachzuvollziehen. Angesichts der Risiken sollte das Seco zumindest signalisieren, dass es sich des drohenden Verlusts von Tausenden von Arbeitsplätzen bewusst ist.

Worauf sich die erwähnten Exponenten stützen ist nicht so klar. Zum Ziehen der richtigen Schlüsse ist es höchste Zeit, die Wettermodelle mit Zahlen zu füttern.

Erheblicher Stellenabbau angekündigt

Die Schweizerische Nationalbank hat für Ende 2012 exakt 105'166 Vollzeitstellen ausgewiesen. Interessanter ist jedoch ein Blick in die Zukunft.

Die Schweizerische Bankiervereinigung (SBVg) hat zusammen mit dem Arbeitgeberverband der Banken hierzu eine Studie mit den öffentlichen Ankündigungen von Banken in den Jahren 2011 und 2012 zu dem bevorstehenden Stellenabbau veröffentlicht.

Grafik Stellen 1 

Quelle: Institut für Wirtschaftsstudien Basel. Das Jahr bezieht sich auf das Datum, an welchem die Mitteilung gemacht wurde. Bereits umgesetzte Ankündigungen per Ende 2012. 

Hier bluten Zürich und Genf

Vom angekündigten Abbau von rund 5'000 Arbeitsstellen wurde bis Ende 2012 gut die Hälfte vollzogen. Davon fallen rund 1'600 Stellen im Rahmen von Massenentlassungen weg.

Hier bluten die grossen Bankenplätze Zürich und Genf nicht nur in Bezug auf die Anzahl Entlassungen am stärksten, sondern auch anteilsmässig an den Erwerbstätigen.

Ein deutliches Minus

Auf Grund der Erfahrungen aus dem letzten Jahr dürfte der effektive Stellenabbau die Ankündigungen auch in Zukunft übersteigen.

Nach der vollständigen Umsetzung des bis Ende letzten Jahres angekündigten Stellenabbaus dürfte die Anzahl Vollzeitstellen im Bankensektor gut 100'000 betragen. Dies ist ein deutliches Minus im Vergleich zu den 110'000 Stellen in der Finanzkrise Ende 2008.

Stabile Rahmenbedingungen notwendig

Die schwarzmalerischen Zahlen von UBS-Chef Ermotti haben sich vorerst noch nicht manifestiert. Ob die BAK die Massenentlassungen in Zürich als Mittel zur Stützung des Wirtschaftswachstums begrüsst, weiss ich nicht.

Sicher unangebracht angesichts des bevorstehenden weiteren Stellenabbaus ist das Abseitsstehen des Seco.

Es ist höchste Zeit, nun die klimatischen Rahmenbedingungen für die Banken im Interesse der gesamten Wirtschaft zu verbessern und zum Erreichen von Stabilität und Vorhersehbarkeit das stete Schrauben an den Wettermodellen zu unterlassen.