Angesichts der Turbulenzen um die US-Geldmarktpolitik seien die Entwicklungen in Europa recht vernachlässigt worden, sagt Axa-Anlagexpertin Christina Böck.

Christina Böck ist ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe› bei Axa Investment Managers. Ihre Kolumne für finews.ch erscheint monatlich.

Die zuhauf von der Europäischen Zentralbank (EZB) bereitgestellte Liquidität kommt kaum bei den Unternehmen in den Peripherieländern an, auch nicht bei den «guten». Denn in Portugal, Spanien und Italien geschieht die Unternehmensfinanzierung fast ausschliesslich über die Banken – und die vergeben keine Kredite mehr, da sie stark unterkapitalisiert sind.

Dieses Problem muss dringend angegangen werden, aber die Erfahrung zeigt, dass nationale Autoritäten dabei immer grosse Schwierigkeiten haben.

Einheitlicher Mechanismus

Dieses Problem war der Hauptgrund für den Beschluss der Bildung der Bankenunion im Sommer 2012. Immerhin ist dies ein grosser politischer Schritt, da die Länder die Souveränität über den Umgang mit ihren Banken aufgeben. Und erst die prinzipielle Entscheidung der Bankenunion machte dann die weiteren Massnahmen der EZB, inklusive dem «was auch immer nötig» von Mario Draghi, möglich.

Nun geht es weiter: Am 27. Juni hat sich der Rat der Europäischen Union auf einen Entwurf für eine «Direktive über die Abwicklung und Sanierung von Banken» geeinigt. Dieser muss nun noch vom Europa-Parlament genehmigt werden und dürfte dann Ende des Jahres auf europäischer Ebene rechtskräftig werden. Auf der Basis dieses Entwurfes machte die Europäische Kommission dann am 10. Juli ihren Vorschlag für einen einheitlichen Mechanismus zur Bankenabwicklung (SRM).

Was ist unantastbar?

Die entscheidenden Punkte: Grundsätzlich sollen bei der Liquidierung einer Bank die Steuerzahler geschützt werden, und es wird nun genauer und vorab definiert, welche Bankeinlagen unantastbar sind (Kleinanleger, Pfandbriefe, gewisse Interbankendarlehen).

Eine weitere Gruppe Kreditoren (Vermögende Privatpersonen und KMUs) werden als erstrangige Darlehen an die Banken angesehen. Alle weiteren Investoren in die marode Bank müssen nun mit ihrer Investition geradestehen.

Was Unsicherheit erzeugt

Schön, nun gibt es eine Regelung in die richtige Richtung, und wir können froh sein, dass sie existiert. Allerdings ist sie längst nicht so stark und rigide, wie man hätte wünschen können: An vielen Stellen wird den Autoritäten Flexibilität zugesprochen, was wieder Unsicherheit erzeugt. Viele nationale Unterschiede werden fortbestehen, da den Regierungen viel Handelsspielraum gelassen wird.

Die Feststellung, welche Bank als insolvent abzuwickeln ist, wird immerhin von der EZB getroffen – bei der Abwicklung sind aber die nationalen Autoritäten stark involviert. Dies muss operational wohl so sein, verwässert aber wieder die mit der Zentralisierung gewünschte minimale Objektivität.

Es braucht noch viel Zeit

Positiv ist allerdings ein weiterer kürzlich publizierter Beschluss: Der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) darf direkt Banken rekapitalisieren, die gewisse Qualitätsbedingungen erfüllen, und dies bis zu 60 Milliarden Euro – dies allerdings erst, wenn der Europäische Aufsichtsmechanismus operativ sein wird, also nicht vor September 2014.

Und damit sprechen wir ein weiteres Problem an: Bis diese ersten beiden Säulen (Bankenaufsicht und Abwicklung) wirklich funktionsfähig sind, braucht es noch viel Zeit, Verhandlungen und Ratifizierungen.

Widerstand der Bürger

Aber ob die dritte Säule des Systems je kommen wird, darf man getrost in Frage stellen, denn ein einheitlicher Einlegerschutzfonds wird in den nördlichen Ländern wieder zu enormem Widerstand der Bürger führen.


Christina Böck bildete sich an der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster zur Diplom-Kauffrau aus, bevor sie einen Master in Management (Finance) an der H.E.C. in Paris erlangte.

Nach verschiedenen Praktika war sie ab 1994 bei der Dresdner RCM Gestion in Paris tätig. Später wechselte sie zur Allianz-Pimco-Gruppe. Zu Axa Investment Managers in Paris stiess sie im April 2001. Seit März 2007 arbeitet Christina Böck in Zürich, heute als ‹CIO Switzerland & Head Solution Strategists Central Europe›.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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