Die Schweiz ist ein wichtiger Standort für Henderson Global Investors. Nach Zürich will der Asset Manager nun auch in Genf ein Büro eröffnen, wie CEO Andrew Formica erklärt.

Herr Formica, in der Asset-Management-Branche liegt gemäss Experten viel Potenzial. Warum soll das der Fall sein?

In den vergangenen Jahren lancierten viele Finanzinstitute so genannte innovative Produkte, die jedoch gänzlich an den Kundenbedürfnissen vorbei zielten. Strukturierte Produkte waren in erster Linie für deren Designer und für die Banken attraktiv, aber kaum für die Klientel. Die wünscht sich vor allem einfache Strukturen. Heute besteht daher ein enormes Potenzial für Finanzprodukte, sofern sie den Kundenbedürfnissen entsprechen.

Gleichzeitig trennen sich viele Banken von ihren Asset-Management-Divisionen. Was ist Ihre Erklärung dafür?

Es gibt drei Gründe: Erstens müssen sich viele Banken Kapital beschaffen, um den erhöhten Eigenmittelvorgaben gerecht zu werden. Zweitens müssen sie sich auf ihr Kerngeschäft fokussieren. Und drittens können sie unabhängiger agieren, wenn sie nicht ihre eigenen Produkte vertreiben müssen.


«Spezialisten haben gute Chancen»


Was sind die Konsequenzen für einen Asset Manager wie Henderson Global Investors?

Spezialisierte Asset Manager haben in ihren Nischen gute Chancen, denn der grosse Markt verteilt sich auf einige wenige Mega-Akteure. Weltweit fliessen 99 Prozent der Kundengelder in ungefähr 180 Fonds. In Grossbritannien strömten den 10 grössten Fonds im vergangenen Jahr rund 30 Milliarden Pfund an Neugeld zu, während 2'400 Fonds unter dem Strich gerade einmal «break-even» waren – mit anderen Worten sich die Zu- und Abflüsse die Waage hielten.

In den vergangenen Jahren verzeichneten vor allem passiv-investierende Exchange-Trade-Funds (ETF) einen markanten Zufluss an Neugeld. Dann ging es plötzlich an der Börse wieder aufwärts, und die ETFs sahen ziemlich alt aus. Haben ETFs vorläufig ausgedient?

Das würde ich nicht sagen. ETFs sind grundsätzlich wichtig in der Asset-Allocation, weil man mit ihnen relativ schnell und einfach auf haussierende Märkte und Branchen setzen kann. Zudem eignen sich ETFs auch dafür, das Anlagerisiko etwas zu vermindern, weil man auf einen ganzen Index statt auf einzelne Titel setzt. Unsere Kernkompetenz bei Henderson Global Investors liegt jedoch ganz klar in der aktiven Vermögensanlage.


«Wir entwickeln für morgen»


Inwiefern können Sie sich dabei gegenüber den grossen Fondshäusern in der Welt differenzieren?

Ich bin überzeugt, dass wir bei neuen Anlagetrends schneller und innovativer ein Produkt schnüren können, als grosse Anbieter, die auf Grund von historischen Positionen und bereits bestehender Produkte möglicherweise eingeschränkt sind. Mit jedem neuen Angebot stellt sich bei einem grossen Anbieter die Frage, ob er damit nicht ein existierendes Produkt kannibalisiert. Das ist bei uns kaum der Fall.

Wie bleibt ein Asset Manager innovativ?

Indem man sich stets bewusst ist, dass man ein Produkt nicht für heute, sondern für morgen entwickelt. Jeder neue Fonds braucht zunächst einen Track-Record von drei bis fünf Jahren. Er muss also in der nahen Zukunft noch attraktiv sein. Innovativ ist ein Unternehmen zudem, wenn es gute Fondsmanager in den eigenen Reihen hat.


«In Genf haben wir 500 Milllionen Franken generiert»


Wie kommen Sie an solche Leute?

Erfolgreiche Fondsmanager sind im Prinzip bei jeder Firma willkommen, darum ist es wichtig, dass ein Unternehmen ein gutes Umfeld aufweist. Der Arbeitgeber muss insofern attraktiv sein, als dass er eine gesunde und intelligente Unternehmenskultur aufweist; die guten Leute sollen möglichst unabhängig arbeiten können und Kollegen um sich haben, die bereichernd wirken. Gleichgesinnte Menschen arbeiten besser miteinander. Natürlich sind auch die Lohnstrukturen wichtig; ein guter Fondsmanager soll an seinem eigenen Erfolg teilnehmen können. Gute Leute ziehen selbstredend weitere gute Leute an.

Henderson Global Investors legt neuerdings ein Augenmerk auf den US-Markt. Sind damit Ihre Expansionspläne in Europa abgeschlossen?

Nein, ganz im Gegenteil. Wir planen beispielsweise die Eröffnung eines Büros in Genf, um den Westschweizer Markt mit seinen vielen Privatbanken noch intensiver zu bearbeiten, und wo wir in den letzten drei Jahren rund 500 Millionen Franken generieren konnten. Ich bin überzeugt, dass wir noch mehr schaffen.

Ist die Eröffnung noch in diesem Jahr geplant?

Das ist das Ziel. Wir befinden uns im Budgetierungsprozess. Analog zu Zürich, wo wir eng mit den Vermögensverwaltungsbanken arbeiten, wollen wir auch in Genf unser Geschäft ausbauen. Darüber hinaus möchten wir in Deutschland und Italien verstärkt mit unabhängigen Finanzberatern direkt arbeiten, wie wir das in Grossbritannien bereits erfolgreich praktizieren.


«Das Image der Schweiz hat gelitten»


Wie nehmen Sie die Schweiz von aussen wahr?

Es entgeht niemandem, dass die Schweiz und ihr Finanzplatz einem enormen Druck aus dem Ausland ausgesetzt sind. Das Image hat zweifelsohne gelitten – wegen der Steuerhinterziehungsproblematik, aber nicht wegen der Qualität der Dienstleistungen. Die ist immer noch sehr gut. Darum gehe ich davon aus, dass sich die Situation wieder entspannen wird. Aber das wird noch eine Weile dauern. Umso mehr müssen die Schweizer Finanzinstitute ihren Fokus auf Service und eine hohe Qualität in der Beratung legen.


Andrew Formica 4Der 42-jährige Andrew Formica ist seit bald fünf Jahren Chief Executive Officer (CEO) von Henderson Global Investors. Der gebürtige Australier aus Sydney arbeitet seit zwölf Jahren für das angelsächsische Unternehmen. Seine Karriere in der Finanzbranche startete er 1993 nach einem Wirtschaftstudium. Henderson Global Investors verwaltet ein Anlagevermögen von rund 68 Milliarden Pfund oder umgerechnet 102 Milliarden Franken und beschäftigt weltweit 1'000 Mitarbeiter, von denen 250 Investment-Profis sind. Das Unternehmen ist in Grossbritannien und Australien kotiert. 

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