Das FIDLEG ist nötig, muss aber mit Augenmass und einem Blick fürs Wesentliche ausgestaltet werden, schreibt Christoph Winzeler von der Bankiervereinigung.

Christoph Winzeler 119x178Christoph Winzeler ist Leiter Finanzmarktrecht bei der Schweizerischen Bankiervereinigung

Brauchen wir ein Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG), oder handeln wir uns damit nur eine weitere Monsterwelle im laufenden, unersättlichen Regulierungstsunami ein?

Um es vorweg zu nehmen: Wir brauchen ein solches Gesetz, denn manchmal ist es nötig, etwas zu regeln oder eine vorhandene Regelung zu verbessern. Dann jedoch ziehe ich in Grundsatzfragen – darum geht es hier – ein demokratisch ergangenes Gesetz jeder obrigkeitlichen Regulierung vor.

Ziel ist die Modernisierung und transparentere Ausgestaltung des Anlegerschutzes am Point of Sale. Not tut ein gutes, massvolles, in die Zukunft hinein offenes Finanzmarktrecht, das der Schweizer Wirtschaft Entwicklung und Wachstum ermöglicht. Dafür braucht es einen Effort des Gesetzgebers; ich hebe nur folgende Aspekte hervor:

Gesetzgeberischer Handlungsbedarf

1. Aufsicht und Bewilligungspflicht sind heute chaotisch geregelt. Banken und Effektenhändler unterliegen dem strengen Regime der Finma. Soweit sie den Kundinnen und Kunden Kollektivanlagen vermitteln, kommt das noch strengere Kollektivanlagengesetz hinzu, nach dem zusätzlich die einzelnen Produkte bewilligungspflichtig sind.

So geht oft einem Projekt der Schnauf aus, bevor es im Markt angekommen ist. Auf der anderen Seite gibt es immer noch Finanzdienstleister, die ohne angemessene Regulierung um die gleiche Kundschaft werben (von der Geldwäschereiprävention abgesehen). Dies schafft Konkurrenzverzerrungen, erschwert den Marktzutritt im Ausland und birgt Reputationsrisiken für unseren Finanzplatz.

Das FIDLEG – darin sind wir uns mit der Finma einig – muss auch die unabhängigen Vermögensverwalter und Anlageberater einer massvollen, den Besonderheiten ihrer Branche Rechnung tragenden Aufsicht unterstellen.

2. Die Prospekt- und Informationspflichten der Finanzdienstleister gegenüber ihrer Kundschaft sind ebenso uneinheitlich wie unübersichtlich geordnet: teils im Obligationenrecht, teils im Börsengesetz, teils im Kollektivanlagengesetz und teils sogar in Selbstregulierungen. Deshalb drängt sich eine kohärente Gesamtsicht auf, für die nur der Gesetzgeber sorgen kann. Wohlgemerkt geht es nicht darum, alles Vorhandene zu kumulieren und noch zu toppen, sondern es transparent und effizient neu zu ordnen, wobei auch «alte Zöpfe» abgeschnitten werden dürfen.

3. Wichtigste Vorgabe, an der sich das FIDLEG ausrichten muss, wird die überarbeitete MiFID sein: als gemeinsamer Nenner des künftigen EU-Finanzmarktrechts, dem wir nicht mehr so leicht werden ausweichen können. Folgen wir diesem, sich international durchsetzenden Standard, haben wir bessere Karten im künftigen, noch durchaus offenen Kampf um den grenzüberschreitenden Marktzutritt.

4. Analog der MiFID soll das FIDLEG zeitgemässe Regeln für Wertpapierdienstleistungen und die Vermögensverwaltung bringen, nicht mehr und nicht weniger.

...was wir jedoch nicht brauchen

5. Wir brauchen keinen «Swiss Finish», keine über die internationalen Standards hinaus gehende Verschärfung geltenden Rechts und keine Schliessung vorhandener Spielräume, die nämlich auch in der MiFID durchaus noch offen sind. Denn das Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit gilt weiterhin (Art. 27 der Bundesverfassung), und Regulierungen müssen verhältnismässig bleiben (Art. 5 und 36).

6. In diesem Sinn wünsche ich dem Finanzdepartement Unterstützung in seinem Engagement für ein zeitgemässes Finanzdienstleistungsgesetz.