Etwas verwundert nimmt man – gelinde gesagt – die Zusammensetzung der neusten Expertengruppe «Finanzmarktstrategie» des Bundesrats zur Kenntnis.

The «usual suspects» sollen es richten. Denn einmal mehr sind hier genau jene Protagonisten versammelt, die allein von ihrer aktuellen Funktion her für solche Aufgaben hinstehen müssen – mehr nicht. Innovativ oder gar vielversprechend kann das kaum sein – besonders, was die Bankenvertreter anbelangt.

Zum einen sind es die Präsidenten der beiden Grossbanken, zum andern der Chef einer Kantonalbank sowie der Präsident der Schweizerischen Bankiervereinigung. Als grossen Wurf kann man das nicht wirklich bezeichnen.

Definitiv andere Prioritäten

Klar müssen die Grossbanken einem solchen Gremium angehören. Doch müssen es die beiden Präsidenten sein? An deren Kompetenz soll hier zwar nicht gezweifelt werden, doch ein Axel Weber, der sich erst seit einer vergleichsweise kurzen Zeit mit dem Schweizer Finanzplatz auseinandersetzt, und gleichzeitig dermassen global unterwegs ist, um die UBS wieder auf Erfolgskurs zu bringen, dürfte herzlich wenig Zeit und Musse haben, sich in einer – vielleicht sogar überdimensionierten – Expertengruppe einzubringen.

Und Urs Rohner hat derzeit definitiv andere Prioritäten. Wie erinnerlich befindet sich die Credit Suisse (CS) in einer weitreichenden Transformationsphase, welche die Anleger bisher noch wenig überzeugt hat. Nach wie vor ist es unklar, wohin die Reise der zweitgrössten Schweizer Bank gehen soll. Zudem ist die CS nach wie vor dem Steuerstreit mit den USA ausgesetzt, was kaum förderlich sein mag, um an einer neuen Finanzmarktstrategie zu stricken.

Durften sie nicht?

Oder anders gefragt: Warum hat man nicht operativ tätige Leute in diese Expertengruppe berufen? Leute, die im Alltag mit den Sorgen und Nöten der hiesigen Bankbranche unmittelbar vertraut sind? Lukas Gähwiler etwa oder Chris Wiesendanger von der UBS, Barend Fruithof oder beispielsweise Romeo Lacher von der Credit Suisse. Wollten sie nicht? Haben sie keine Zeit dafür? Durften sie nicht?

Auch die Wahl der übrigen Bankvertreter verwundert. Mit Beat Oberlin wurde zwar sicherlich ein Vollblut-Banker engagiert, an dessen Kompetenzen es nichts zu rütteln gibt. Doch genügt das, oder spielte hier der Umstand eine Rolle, dass einige der ganz grossen Kantonalbanken durch den US-Steuerstreit regelrecht paralysiert sind und daher nicht mitmachen wollten?

Jüngere Vertreter

Und wo sind die Vertreter der übrigen Geldhäuser in der Schweiz? Wer vertritt die Interessen und Ansprüche der zahlreichen Vermögensverwaltungsinstitute? Und wer repräsentiert die überaus wichtigen Auslandsbanken, die sich seit jeher wie wohl kaum eine andere Gruppe dezidiert zum hiesigen Finanzplatz bekennen?

Interessant wäre es auch gewesen, einige jüngere, innovative Bankenvertreter in dem Gremium zu sehen – aus Online-Banken, neu gegründeten Instituten, Leute aus dem Umfeld «Finance 2.0» und last but not least aus der Asset-Management-Branche, die man ja bekanntlich zu einem wichtigen Standbein des Schweizer Finanzplatzes ausbauen will. Wie soll das bitteschön geschehen?

Nach schwierigen Jahren ausgelaugt

Kritisch hinterfragen darf man auch den Einsitz von Patrick Odier in dem Gremium. Natürlich ist er der Präsident des Dachverbands der Schweizer Banken. Doch nach gut vier Jahren im Amt wirkt er bisweilen etwas ausgelaugt und dürfte kaum die beste Wahl gewesen sein, um Aufbruchstimmung zu säen.

Nichts gegen seine Verdienste, aber vielleicht hätte die Bankiervereinigung gut daran getan, aus ihren Reihen einen neuen, frischen Vertreter zu entsenden.

Grosse Chance vergeben

Unter diesen Prämissen trügt der Eindruck nicht, dass hier eine ganz grosse Chance vergeben worden ist. Denn immerhin befindet sich der Finanzplatz mittlerweile an einem Wendepunkt. Es ist zwar noch nicht so, dass man genau weiss, was man will. Aber die gröbsten Versäumnisse aus der Vergangenheit sind adressiert, und es herrschen Einsicht und Wille, in der internationalen Finanzwelt auch künftig eine wichtige Rolle zu spielen.

Doch um dieses Ziel zu erreichen, braucht es Leute – Persönlichkeiten –, die sich nicht nur ihres Amtes wegen dafür engagieren.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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