In einer neunteiligen Serie auf finews.ch zeigen Bankexperten, welche Veränderungen auf Grund der neuen, steuertransparenten Wealth-Management-Welt für die einzelnen Kundengruppen zu erwarten ist. (Teil 4)

Von David Fankhauser, Christoph Kley und Robert Fehr*

Die aktiven Pensionäre unterscheiden sich von den passiven vor allem dadurch, dass sie ein hohes Finanzfachwissen mitbringen und dadurch für die (Privat-)Banken die Betreuung dieses Segments entsprechend anspruchsvoller wird: sie verwalten ihr Vermögen entweder selber und/oder lassen sich von der Bank mittels «Beratungsmandat» betreuen.

Der Berater nimmt also vermehrt die Rolle des Diskussionspartners und Dienstleisters ein, die Entscheidungen trifft jedoch der Kunde. Die passiven Pensionäre lassen ihre Finanzvermögen mehrheitlich durch die Bank verwalten. Die Stellung des Beraters ist also weniger umstritten. Die grossen liquiden Vermögen beider Pensionierten-Segmente sind durch unternehmerische Tätigkeit oder «executive pay» entstanden. Häufig kommen zum Finanzvermögen noch Immobilienvermögen, Kunst, Oldtimer oder auch Yachten hinzu.

Ausgeprägtes Überlegenheitsgefühl

Weshalb wird überhaupt zwischen aktiven und passiven Pensionären unterschieden? Die Antwort lautet: Economies of Scale! Beide Gruppen sind bei den meisten Banken sowohl anzahl- als auch volumenmässig so gross, dass eine Aufteilung gerechtfertigt ist, insbesondere da unterschiedliche Betreuungskonzepte und Produktportfolios zur Anwendung gelangen.

Aktive Pensionäre sind häufig ehemalige Unternehmer oder Unternehmensführer. Einen Hubertus von Grünwald (Continental und ABB) als ehemaligen Industriekapitän zu beraten, dürfte zu den herausforderndsten Tätigkeiten im Wealth Management gehören. Die psychologische Komponente des (in der Tat) «Besser-Wissens» und der langfristige Karriereerfolg führen dazu, dass diese Kunden ein mehr oder weniger stark ausgeprägtes Überlegenheits- und Unverwundbarkeitsgefühl auf die Finanzmarktanlage übertragen. Letzteres wird verstärkt, wenn noch Verwaltungsratsmandate wahrgenommen werden.

Diplomatisches Geschick

Die genannte psychologische Komponente wirkt auch auf weitere Themen aus, wie zum Beispiel Familien/potentielle Erben oder die eigene Gesundheit. Hierin liegt das Problem für den Kundenberater: Wie thematisiert man Gesundheit und die damit einhergehende zurückgehende Entscheidungskraft, Sterblichkeit oder gar Demenz?

Hier ist besonderes diplomatisches Geschick und Einfühlungsvermögen gefragt – zum Beispiel, dass die Wahrscheinlichkeit für einen zweiten Herzinfarkt nach einem ersten erhöht ist und daher die Klärung der Erbschaftsfragen sinnvoll ist.

Gesundheitliche Ereignisse

Kundenberater haben eine Mittlerfunktion. Jede Herausforderung ist auch eine Chance: Es gibt Möglichkeiten, sich beim Kunden zu profilieren, in dem man nachfolgende Generationen mehr oder weniger kostenlos mitbetreut. Bei einer positiven Kundenbeziehung kommt noch hinzu, dass der Kundenberater vom Kunden in seinem weitreichenden Beziehungsnetz weiterempfohlen wird.

Auf der anderen Seite können gesundheitliche Ereignisse oder Unzufriedenheit mit der Leistung der Bank oder des Kundenberaters schneller ausschlagen. Bei aktiven Pensionären ist zu erwarten, dass eine wahrgenommene «Unter»-Performance der Bank oder des Kundenberaters nicht lange geduldet werden.

Das Leben geniessen

Bei der Portfolioallokation ist zu berücksichtigen, dass nicht nur strategische Assetklassen anteilig bestimmt werden, sondern auch Einzelanlagen vorkommen können. Dies kann im Rahmen eines Core-Satellite-Ansatzes sinnvoll kombiniert werden.

Passive Pensionäre wollen das Leben geniessen und suchen einfache Lösungen. Daher bevorzugen sie Gesamtlösungen wie ein Vermögensverwaltungsmandat. Auch sie erwarten – je nach beruflicher Prägung – mehr oder weniger Rendite und verfügbare Liquidität (auch im Sinne von Krediten). Im Vergleich zu den aktiven Pensionären sind die Passiven eher weniger preissensitiv, stellen weniger Vergleiche an und diskutieren weniger lang über Bankgebühren. Auf der einen Seite sind sie nicht so anspruchsvoll wie aktive Pensionäre, auf der anderen Seite aber schwerer fassbar, da sie tendenziell weniger Interesse an Finanzthemen haben.

Veränderte Ausgangslage

Federführend bei Finanzfragen sind bei der heutigen «Generation 65+» vor allem noch die Männer, unabhängig davon, ob aktiv oder passiv. Doch was, wenn der Mann stirbt und die Frau sich als reiche Witwe plötzlich mit den Finanzen auseinandersetzen muss?

Die Ausgangslage ändert sich auch für den Berater massgeblich: Nicht selten wird aus dem mehr oder weniger stark ausgeprägten Überlegenheitsgefühl eine Unterlegenheit. Ist doch das finanzspezifische Wissen bei älteren Damen oftmals weniger gut ausgeprägt, schlicht aus dem Grund, weil sich der Mann das ganze Leben lang mit diesen Fragestellungen auseinander gesetzt hat.

Was tut die Witwe?

Die Bedürfnisse einer Witwe können sich in hohem Masse von den Bedürfnissen im Rahmen des vorherigen Ehelebens unterscheiden. Ein Beispiel: Bisher vom Mann selbstverwaltete Immobilien werden verkauft, da die Witwe die Verwaltung nicht übernehmen will oder kann oder beispielsweise Sanierungen anstehen. Ist eine Segelyacht vorhanden, ist fraglich, ob die Witwe das Hobby alleine weiter führen kann.

Die Folge bei solchen Veräusserungen sind zusätzliche liquide Mittel, die in Wertschriften investiert werden können. Die Anlagestrategie muss also angepasst werden, unter anderem auch, weil die Risikobereitschaft tendenziell geringer ist als vorher. Nicht selten kommen in solchen Fällen auch Altlasten zum Vorschein, von welchen die Witwe nichts wusste und nun die Konsequenzen tragen muss.

Ein hohes Schwarzgeld-Potential

Also auch bei diesem Segment: ein hohes Schwarzpotential. Pensionäre, die während ihrer Aktivzeit für ihr eigenes Unternehmen oder ihren Arbeitgeber an internationalen Standorten tätig und wohnhaft waren, unterstanden häufig verschiedenen und wechselnden Steuerregimen. Erschwerend kommen noch unterschiedliche Expat-Arbeitsverträge pro Arbeitgeber und Land hinzu. Ein Leichtes, bei Umzügen den einen oder anderen Vermögensteil im Land B oder C zu «vergessen».

Im besten Fall geschah dies durch ein aggressives Tax-Planning mit dem Einsatz von Stiftungen und Trusts in allen möglichen «Steueroasen», was – wie wir seit der Finanzkrise wissen – zu unterschiedlichen Zeiten unterschiedlich interpretiert wird. Was gestern noch als akzeptabel galt, kann heute schon als gesetzwidrig, bestenfalls moralisch anrüchig taxiert werden.

Eine – wie auch immer ausgestaltete – Weissgeldstrategie wird in diesem Segment ihre Spuren hinterlassen.


* David Fankhauser verfügt über weitreichende Erfahrung im internationalen Wealth Management. Er war in London, Hongkong, Frankfurt, Berlin sowie in der Schweiz tätig und hat langjährige Führungserfahrung. Dr. Christoph Kley ist Dozent für Banking & Finance sowie Projektleiter am Zentrum für Banking und Finance der ZHAW School of Management and Law. Robert Fehr ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am selben Zentrum.

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