Der gestrige Artikel über die Schwierigkeiten entlassener Banker, einen neuen Job in der Branche zu finden, hat grosse Betroffenheit ausgelöst. Wie geht es weiter?

Die Schilderungen eines 54-jährigen arbeitslosen Bankers gestern auf finews.ch können offenbar sehr viele Leserinnen und Leser nachvollziehen, weil sie sich in einer ähnlichen Situation befinden. Das zeigen die Reaktionen, die auf der Redaktion eingegangen sind.

So heisst es etwa: «Der heutige Bericht eines arbeitslosen Bankers 50+ könnte aus meiner Feder stammen. Ich bin seit einem Jahr auf Stellensuche», schreibt ein Betroffener.

Kundenvermögen entzogen

Er habe deutsche und österreichische Kunden zur Regelung ihrer steuerlichen Angelegenheit angehalten und begleitet. Danach seien ihm die verbliebenen Kundenvermögen von der Bank entzogen worden, so dass er zu geringe Erträge generiert habe, obwohl seine Kosten immer gedeckt gewesen seien.

Er schreibt und hofft: «Nach über 150 Bewerbungen hatte ich genau zwei Vorstellungsgespräche, eines letzte Woche, das könnte vielleicht etwas werden...».

Phantomstellen ausgeschrieben

Im Rahmen des Bewerbungsprozesses machen viele Bankleute mittlerweile extrem schlecht Erfahrungen. Viele Stellen seien so genannte Phantomstellen, die zwar ausgeschrieben seien, aber gar nie oder intern besetzt würden, berichtet ein Betroffener.

Manche Banken schieben die Bewerbungen respektive die Entscheidungen dafür zunehmend auf die lange Bank. Jemand schreibt: Ich hatte drei persönliche und vier telefonische Interviews, anschliessend wurde mein Dossier auf die lange Bank geschoben. Die Absage erhielt ich erst, nachdem ich ein Mail geschickt hatte, um nachzufragen, wie der Stand der Dinge sei. Der ganze Prozess zog sich über drei Monate hin.

Schlecht vorbereitet

Manche Banken vereinbaren Interviewtermine, erscheinen dann aber nicht zum Gespräch, wie ein anderer Betroffener berichtet. Oder es stellt sich beim Termin heraus, dass der Arbeitgeber den CV gar nicht gelesen hat, sondern nur die Lage sondieren will. Manche Banken schicken Bewerbungsdossiers sogar ohne Begleitschreiben zurück, erzählt ein weiterer Banker.

Absagen werden grundsätzlich am Freitag oder auch – elektronisch ausgelöst – am Samstagmorgen verschickt, wenn überhaupt, wie ein weiterer Banker berichtet. So haben die Personalabteilungen einen reinen Tisch für die folgende Woche.

Für diesen Umgang machen die Betroffenen vor allem die veränderte Kultur in den Personalabteilungen, Human Resources (HR), verantwortlich. «Die CVs werden teilweise von Computern in Polen eingescannt, und die Schlagwörter werden gefiltert. In der Schweiz fühlen sich die HR-Abteilungen wie Königsmacher und sortieren die CVs nach A, B oder C – wie es ihnen gefällt. (A bedeutet: zum Interview, B: vielleicht, C: Absage).

Quotenfrau – leider über 50

Eine Leserin stellt auch fest: «...und dann werde ich oft das laue Gefühl nicht los, die «Quotenfrau» im Interviewprozess zu stellen. Selbstverständlich mit entsprechendem Ausgang, da ich dummerweise Ü50 bin.»

Allerdings gibt es auch kritische Töne. So schreibt ein Leser in der Kommentarspalte von finews.ch: «Es wundert mich gar nicht, dass die Ü50 keine Jobs mehr kriegen. Habe viele dieser Ü50 in der Finanzbranche getroffen. Die meisten haben nichts mehr als eine Lehre aufzuweisen, schlechte Englischkenntnisse und sind selbst mit Excel überfordert. Gleichzeitig sind ihre Gehälter doppelt so hoch oder mehr als ein Uniabsolvent plus höhere BVG Kosten.»

Es sei daher nur rational, dass die Banken auf jüngere Leute ausweichen würden, die mit ihrer Ausbildung und ein paar Jahren Praxis meist ein deutlich besseres Preis-/Leistungsverhältnis hätten. Komme hinzu, dass viele Ü50 konservativ seien, eine Ablehnung gegen Angelsachsen und grundsätzlich gegen Ausländer hätten. Oft werde über alles Neue gemotzt.

Heisse Kartoffel

«Solche Leute passen halt einfach nicht mehr in die heutige Businesswelt, gerade jetzt da sich das Banking verändert», schreibt – vermutlich – ein Banker.

Doch ein anderer Kommentator gibt Gegensteuer: «Es darf und kann nicht sein, dass Leute nach 30 Jahren Einsatz für den Schweizer Bankenplatz wie eine heisse Kartoffel fallen gelassen werden.»

Was kann der Nachwuchs?

Bei den über 50-jährigen Bankleuten schlummere ein enormes Potenzial an Know-how. Das könnte dem Schweizer Finanzplatz in den nächsten Jahren durchaus zu gute kommen.

Eher sollte man sich in der Branche also fragen: Wie sieht denn der Nachwuchs aus? Kann er noch fehlerfrei Deutsch schreiben? Erwägen die jungen Leute überhaupt noch eine Bankkarriere in Angriff zu nehmen?

Kontakt für Erfahrungsaustausch

  • finews.ch sammelt die Reaktionen, Zuschriften (auf: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!) und Kommentare und wird in den nächsten Tagen mit den Betroffenen in Kontakt treten, um ein Treffen zum Erfahrungsaustausch und zur Selbsthilfe organisieren.
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.02%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.7%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.46%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.45%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.36%
pixel