Jakob Schaad von der Bankiervereinigung wünscht der Schweiz zu Weihnachten Gelassenheit, Mut und Weisheit. Zusätzlich braucht es in nächster Zeit auch das Herz am rechten Fleck.

Jakob Schaad ist Leiter Finanzmärkte International und stv. Vorsitzender der Geschäftsleitung der Schweizerischen Bankiervereinigung

Gott, gib uns die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die wir nicht ändern können, ...den Mut, Dinge zu ändern, die wir ändern können, ...und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.

Jakob Schaad 1Wenn ich mir zu Weihnachten überlege, womit der Finanzsektor nächstes Jahr umzugehen hat, fällt mir dieses bekannte Gebet ein. Der Finanzsektor – ja die Schweiz – steht grossen Herausforderungen von aussen gegenüber.

Besonders stechen diesbezüglich das Programm des US-Department of Justice (DoJ) zur Bereinigung des Steuerstreits und die Errichtung der Festung Europa mit der MiFID-Richtlinie im Bereich der Finanzdienstleistungen hervor.

Zur Bewältigung dieser Herausforderungen werden wir alle Gelassenheit, allen Mut, und alle Weisheit benötigen, die wir mobilisieren können. Und wir werden auch ein grosses Herz brauchen.

Gelassenheit, Mut und Weisheit im Umgang mit dem US-Programm...

Das DoJ-Programm stellt uns vor unabänderliche Realitäten. Es ist die einzige verbleibende Möglichkeit für die Banken in der Schweiz, den Steuerstreit mit den USA zu überwinden. Viele Banken haben sich denn auch in jene Kategorie 2 eingereiht, in der nicht auszuschliessen ist, dass bei der Bedienung von Kunden US-Recht gebrochen wurde.

Die Umsetzung dieses Programms wird uns sicherlich vor verschiedene Schwierigkeiten stellen. Aber wir müssen mit diesem Programm nun einmal umgehen. Hier braucht es die Gelassenheit, Unabänderliches hinzunehmen. Doch viele Dinge sind im Programm nach wie vor unklar.

Irgendwann muss man diese Unklarheiten beseitigen, und das kann man nur in einem fairen Dialog zwischen dem DoJ und den Banken. Diesen bei den USA einzufordern ist eine Notwendigkeit, wozu wir den entsprechenden Mut aufbringen müssen. Es muss doch möglich sein, dass unsere beiden Schwesterrepubliken ein Problem in Anstand und Würde lösen können.

Wir werden aber auch Weisheit brauchen, denn so einfach wird es nicht sein, zu unterscheiden, was anders sein müsste und kann und was sich trotz aller Mühsal nicht ändern wird.

...und mit dem Festungsbau der EU

Die EU schickt sich an, mit der Revision der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID) die EU von Dienstleistungen aus Drittländern abzuschotten. Dies trifft die Schweizer Banken ganz besonders, ist das Geschäftsmodell des Swiss Banking doch die Versorgung des Kunden mit allen Finanzdienstleistungen aus einer Hand aus der Schweiz.

Hier werden wir den Mut brauchen, von der EU mit allen Konsequenzen zu fordern, dass steuerlich akribisch kontrollierte Kunden keinen Sinn machen würden, wenn wir sie jenseits der Grenze gar nicht mehr bedienen dürfen. Weil von der EU eventuell angedrohte Konsequenzen im Vergleich zu einer Abschottung der Schweiz gegenüber der EU gering sein würden, ist ihren eventuellen Drohgebärden mit entsprechender Gelassenheit zu begegnen.

Weisheit wird es in der Schweiz in europäischen Angelegenheiten auch brauchen. Denn wegen voller Zügen und Staus auf den Strassen in der Schweiz mit untauglichen Abschottungsmassnahmen die bilateralen Verträge mit der EU zu gefährden, wäre sicherlich nicht weise.

Und das Herz am rechten Fleck

Schliesslich brauchen alle Schweizer und Schweizerinnen für alle Herausforderungen von aussen das Herz am rechten Fleck. Denn der Steuerstreit mit den USA ist nicht einfach ein Bankenproblem, das sonst niemanden in der Schweiz etwas angeht.

Auch die Abschottung der EU gegenüber Finanzdienstleistungen aus der Schweiz geht alle Schweizer und Schweizerinnen etwas an. Werden diese beiden Herausforderungen nicht gemeinsam richtig bewältigt, wandern Arbeitsplätze aus der Schweiz ins Ausland oder gehen einfach verloren.

Nicht nur im Finanzsektor, sondern – wenn dann die Dominosteine erst einmal zu fallen beginnen – auch anderswo in der Schweizer Wirtschaft. Kurzfristige Vorteile auf Kosten anderer würden uns alle zu Verlierern machen. Es braucht also ein Herz für den anderen, um sich für eine gute Zukunft einzusetzen.

Deshalb wünsche ich mir zu Weihnachten für die Schweiz Gelassenheit, Mut, Weisheit und das Herz am rechten Fleck.